Überfällige Karenzzeiten-Regelung:Seitenwechsel mit Gschmäckle

Pofalla, Niebel, Bahr: Die Liste der Seitenwechsler von der Politik in die Wirtschaft wird länger. Seit einem Jahrzehnt berät der Bundestag über Karenzzeiten - ohne Ergebnis. Eine Regelung ist überfällig.

Kommentar von Robert Roßmann

Wie viele Fälle muss es eigentlich noch geben, bis sich der Bundestag endlich bequemt, Karenzzeiten für Minister einzuführen? Ronald Pofalla, Eckart von Klaeden, Dirk Niebel und jetzt Daniel Bahr - die Liste der Seitenwechsler wird immer länger. Vergangene Woche hat der Kieler Innenminister mit seinem Blitzwechsel in die Wirtschaft bewiesen, dass auch Sozialdemokraten das Geschäft beherrschen.

Seit einem Jahrzehnt wird im Bundestag über Karenzzeiten beraten, geschehen ist aber nichts. Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag zwar versprochen, eine "angemessene Regelung" einzuführen. Vorgelegt haben sie bisher aber noch nicht einmal einen Entwurf. Stattdessen streicht die Koalition die Karenzzeiten-Anträge der Opposition ein ums andere Mal von der Tagesordnung.

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Von der Union ist man derlei gewöhnt, sie lehnt die Wartezeiten für Minister eigentlich ab. Das Verhalten der SPD ist verstörender. Es ist noch keine zwei Jahre her, dass die Sozialdemokraten selbst einen Antrag für Karenzzeiten eingebracht haben. Er sah eine Wartezeit von 18 Monaten vor, innerhalb derer Regierungsmitglieder nur mit Billigung einer Ethik-Kommission einen neuen Job annehmen dürfen.

Der Vorschlag ist klug, weil er kein prinzipielles Berufsverbot ausspricht, Seitenwechsel mit Gschmäckle jedoch trotzdem unterbindet. Aber damals war die SPD ja noch in der Opposition.

© SZ vom 30.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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