Rotes Kreuz:"Für alle Lebenslagen gerüstet"

Der Kreisverband des Roten Kreuzes bietet bei seiner Jubiläumsfeier am Karlsfelder See eine umfangreiche Leistungsschau. 1100 ehrenamtliche Helfer engagieren sich

Von Petra Schafflik, Karlsfeld

Blut tropft von der Stirn der jungen Frau. Mit schmerzverzerrtem Gesicht umklammert sie ihr Knie. Ein Auto hat die Radlerin touchiert, die daraufhin zu Boden gestürzt ist. Nun hat ein Passant die 112 gewählt, schon fahren mit Blaulicht und Sirene Rettungswagen und Notarzt vor. Ein Verkehrsunfall, wie er im Landkreis häufiger passiert - am Sonntag haben Helfer des Roten Kreuzes (BRK) die Karambolage für eine öffentliche Übung effektvoll nachgestellt. Quasi in Zeitlupe versorgen die Sanitäter die Verletzten. Halskrausen werden angelegt, Atemmasken positioniert, offene Wunden verbunden und Infusionen gelegt. Alle Handgriffe kommentiert Kreisbereitschaftsleiter Alexander Westermaier gemeinsam mit BRK-Arzt Ralf Schöniger ausführlich, damit die vielen Zuschauer den Rettungseinsatz auch nachvollziehen können. "Wir wollen Ängste nehmen und zeigen, dass wir auf dem neuesten technischen Stand sind", betont Westermaier. Die aufwendige Einsatzübung war am Sonntag nur ein Höhepunkt des umfangreichen Festprogramms, mit dem das BRK am Karlsfelder See sein 125-jähriges Bestehen feierte.

Von der freiwilligen Sanitätskolonne zum modernen Wohlfahrtsverband - diese Entwicklung des Roten Kreuzes im Landkreis seit der Gründung 1889 wurde beim vielfältigen Jubiläumsfest augenfällig. Dutzende Fahrzeuge vom historischen VW-Bulli-Krankentransporter bis zum fabrikneuen Einsatzwagen zeigten auf dem Festgelände den technischen Fortschritt im Rettungswesen. Informationsstände illustrierten die breite Palette an Unterstützung und sozialen Diensten, die der Kreisverband des BRK organisiert und verantwortet. "Wir haben alles aufgeboten, was wir haben", sagte der BRK-Kreisvorsitzende und CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath beim Rundgang über das Festgelände. Mit 80 Fahrzeugen, 250 hauptamtlichen Mitarbeitern und 1100 ehrenamtlichen Helfern "sind wir für alle Lebenslagen gerüstet". Dass das BRK auch über den Landkreis hinaus Hilfe leistet, machten zwei reisefertig gepackte und bereits vom Zoll fertig verplombte LKW deutlich, die bereits Montag Richtung Ukraine aufbrechen sollten. Wie im Einsatzalltag wurde das Rote Kreuz auch beim Jubiläum tatkräftig unterstützt von den übrigen "Blaulicht-Organisationen" wie Technisches Hilfswerk, Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr, die ebenfalls mit technischem Gerät und Informationsmaterial angerückt waren.

Modernste Technik und Fahrzeuge sind für einen effektiven Rettungsdienst wichtig. Das betonte vor Gästen aus Politik und Gesellschaft auch Theo Zellner, Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes. "Aber in Zeiten von Selbstverwirklichung und Individualität müssen wir die Aufgabe vom Menschen her denken." Wichtig seien Bürger, die sich in ihren Gemeinden engagieren. "Wir leben davon, dass das BRK dezentral organisiert ist, immer getragen von der Basis", sagte Zellner. Denn Bedürfnisse und Notlagen seien in jedem Landkreis andere.

Auch die Vorsitzende des BRK-Bezirksverbands Oberbayern und ehemalige bayerische Sozialministerin Christa Stewens nannte die lokale Ausrichtung des BRK als entscheidend. Das lasse sich gut an der Entwicklung des Dachauer Kreisverbands beobachten, der immer wieder reagiert habe auf den Bedarf vor Ort und heute eine Fülle sozialer Dienste anbiete. "Immer getragen von dem Wunsch, den Menschen zu helfen." Auch Landrat Stefan Löwl (CSU), Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und Karlsfelds zweiter Bürgermeister Stefan Handl (CSU) lobten in Grußworten die Leistungsfähigkeit des BRK und die Einsatzbereitschaft der Helfer.

Mehr als die Reden im Festzelt interessierten die zahlreichen Besucher die Ausstellungen, Aktionen und Fahrzeuge, die auf dem Parkplatz am See aufgebaut waren. Die Gäste bestaunten Dokumente und historische Rettungsmittel, die Ernst Hübl und Gerhard Ostenrieder aus dem Material des BRK-Museums eigens zu einer mobilen Jubiläumspräsentation zusammengestellt hatten.

Beim Jugendrotkreuz konnten sich die Jüngsten phantasievolle Muster oder auf Wunsch auch mit Spezialwachs und Theaterfarbe ganz realistisch anmutende Wunden schminken lassen. "Damit erschrecke ich die Mama", sagte Julie, 9, lachend mit Blick auf die täuschend echt anmutende "Schnittwunde" auf ihrem Handrücken. Gleich daneben drückten sich Kinder ihre Nasen platt an der Panzerglasscheibe eines Spezialcontainers, hinter der die Taucher der Dachauer Wasserwacht übten. "Super, hier kann man genau sehen, wie sie unter Wasser arbeiten", schwärmte der siebenjährige Lukas, der mit seinem Opa gekommen war. Diese Begeisterung freute Markus Wolf von der Wasserwacht, der gerade einen Taucherkollegen unter Wasser betreute. Selbst bei großen Rettungsübungen, wie sie später noch effektvoll im See in Szene gesetzt wurden, "sieht man von uns Tauchern nur noch Luftblasen, sobald wir unter Wasser sind".

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