Arabische Staaten:Bundesregierung erlaubt umstrittene Waffenexporte

Von der Leyen besucht Bundeswehr in Afghanistan

Dingo-Fahrzeuge aus deutscher Produktion, hier im Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan, sollen demnächst in arabische Staaten exportiert werden.

(Foto: dpa)
  • Der Bundessicherheitsrat erlaubt Rüstungsexporte an arabische Staaten. Auch an solche, die im Verdacht stehen, den "Islamischen Staat" unterstützt zu haben.
  • Die Opposition übt scharfe Kritik an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der eine zurückhaltende Waffenexport-Politik angekündigt hatte.

Von Nico Fried und Christoph Hickmann, Berlin

Genehmigte Exporte dürften Druck auf Gabriel erhöhen

Die Bundesregierung hat erneut Rüstungsexporte in beträchtlichem Umfang an arabische Staaten genehmigt. Darunter sind auch Länder, die im Verdacht stehen, in der Vergangenheit die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) unterstützt zu haben. Das geht aus der Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses im Bundestag über die letzte Sitzung des Bundessicherheitsrates durch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hervor, die am Donnerstag verschickt wurde und der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die genehmigten Exporte dürften neun Monate nach dem Amtsantritt Gabriels den politischen Druck auf den Minister erhöhen, der eine restriktivere Rüstungsexportpolitik angekündigt hatte. Allerdings geht aus der Auflistung nicht hervor, welche Geschäfte mit sogenannten Drittstaaten, die nicht Nato oder Europäischer Union angehören und auch nicht, wie etwa Australien, der Nato gleichgestellt sind, möglicherweise untersagt wurden.

Die Exporte im Einzelnen

Im Einzelnen geht aus der Liste hervor, dass Katar 13 gepanzerte Transportfahrzeuge vom Typ Dingo und 32 Panzerspähwagen vom Typ Fennek erhält. Algerien bekommt 88 Allradfahrzeuge "mit militärischer Ausrüstung". Die Vereinigten Arabischen Emirate beziehen laut der Liste vier Pionierpanzer Wisent. Saudi-Arabien erhält zu Erprobungszwecken ebenfalls einen Wisent, sechs sogenannte Wirkmittelwurfanlagen, sechs fernbedienbare leichte Waffenstationen mit Waffenrüstsatz sowie Prototypenmuster für Aufklärungs- und Beobachtungssysteme.

Mehrere Staaten erhalten Waffensysteme unterschiedlicher Art: So erhalten die Vereinigten Arabische Emirate 3012 Maschinenpistolen und 20 000 Mörsergranatzünder sowie umfangreiche Munition. Nach Jordanien wurde der Export von 1027 vollautomatischen Maschinengewehren und 47 Maschinenpistolen genehmigt, Kuwait erhält eine Granatmaschinenwaffe, der Oman 500 Maschinenpistolen sowie mehrere Maschinengewehre und vollautomatische Gewehre zur Erprobung.

Das ist der Bundessicherheitsrat

Dem Bundessicherheitsrat, der über die Genehmigungen befindet, gehören neben Wirtschaftsminister Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) an. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, den Bundestag binnen zwei Wochen nach der Sitzung des Bundessicherheitsrates über abschließend genehmigte Exporte zu unterrichten.

Opposition sieht Gabriel " vor der Rüstungslobby eingeknickt"

Die Opposition übte scharfe Kritik an den Genehmigungen: "Gabriel ist offenbar komplett vor der Rüstungslobby eingeknickt", sagte Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken der Süddeutschen Zeitung. Es sei "unfassbar", dass er den Export von Panzerfahrzeugen nach Katar genehmige, "das Land, das ganz unverhohlen die Dschihadisten in Irak und Syrien unterstützt", so van Aken.

Der Emir von Katar hatte diesen Vorwurf jüngst bei einem Besuch in Berlin zurückgewiesen. Katar und Saudi-Arabien sind inzwischen der von den USA geführten Allianz im Kampf gegen den IS beigetreten.

Auch bei den Kleinwaffen, so van Aken weiter, lasse Gabriel "alle Hemmungen fallen, sogar in die VAE genehmigt er 3000 Maschinenpistolen". Dies sei "eine ganz blamable Bilanz" für Gabriel. "Sein ganzes Gerede von einer zurückhaltenden Exportpolitik war reine Schaumschlägerei", sagte der Linken-Politiker.

Grüne beklagen "wochenlange Scheingefechte"

Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger hielt Gabriel vor, er habe sich "wochenlange Scheingefechte mit der Union um seinen vermeintlich radikalen Kurswechsel bei den Rüstungsexporten geliefert". Jetzt offenbare sich, dass es sich dabei um "ein reines Schauspiel gehandelt hat", sagte Brugger der SZ. Statt die Ausfuhren zu begrenzen, würden "weiterhin ohne Skrupel Waffenlieferungen an Staaten mit hochproblematischer Menschenrechtslage genehmigt", sagte sie mit Blick auf Katar, Saudi-Arabien und Algerien. Die schwarz-rote Koalition befinde sich wie die schwarz-gelbe Vorgängerregierung "in eklatantem Widerspruch zu den Rüstungsexportrichtlinien". Auch Brugger bezeichnete die Genehmigungen der Kleinwaffen als "besonders erschreckend".

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