Entscheidung im Koalitionsausschuss:Bahn darf an die Börse, Streit bei Mindestlohn

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Gemischte Bilanz nach mehr als vier Stunden: Union und SPD haben nach langem Streit die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn beschlossen. Eine Verständigung gab es auch bei der Mitarbeiterbeteiligung. Strittige Themen wie Mindestlöhne und die Reform der Erbschaftssteuer wurden vertagt. Kein Problem, findet SPD-Chef Beck: Die Koalition sei noch "im Fahrplan".

Die Spitzen der Koalition haben den Weg zur Teilprivatisierung des letzten großen Staatskonzerns, der Deutschen Bahn, freigemacht. Dies sagten SPD-Chef Kurt Beck, der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder und der CSU-Vorsitzende Erwin Huber am Montagabend am Rande des Koalitionsausschusses in Berlin.

Der Weg für die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn ist frei. (Foto: Foto: dpa)

Andere Streitfragen blieben in der mehr als vierstündigen Sitzung im Kanzleramt ungelöst. Dazu gehört der von der SPD geforderte Mindestlohn für weitere Branchen sowie die Reform der Erbschaftssteuer.

Die Union akzeptierte weitgehend das von der SPD vorgelegte Modell. Demnach werden 24,9 Prozent der Bahn-Aktien an die Börse gebracht. Zu je einem Drittel sollen die Erlöse dem Bundeshaushalt zufließen, für die Modernisierung der Infrastruktur sowie für die Aufstockung des Eigenkapitals genutzt werden.

Die CSU scheiterte mit ihrer Forderung nach einer gesetzlich festgelegten Mitsprache der Länder am künftigen Kurs der Bahn. Beck sagte, mit dem Koalitionsbeschluss solle aber der "Endpunkt der Privatisierung" erreicht sein. "Wir bleiben bei dieser klaren Aussage." Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor dem Treffen dagegen erklärt, sie sehe im geplanten Verkauf von Bahn-Anteilen nur einen ersten Schritt der Privatisierung.

Stärkere Mitarbeiterbeteiligung beschlossen

In dem Koalitionsbeschluss heißt es, die Bahn solle die zusätzlichen Mittel für "nationale Innovationen und Investitionen" verwenden. Als Beispiele werden unter anderem der Lärmschutz und die Erneuerung von Bahnhöfen genannt. Die Pläne sollen bereits am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden, die Fraktionen sollen dann am 6. Mai entscheiden.

Eine Verständigung gab es auch beim Thema Mitarbeiterbeteiligung. Die Koalition plant, Arbeitnehmer-Kapitalbeteiligungen besser zu fördern. So sollen Beschäftigte für bis zu 360 Euro im Jahr steuerfrei Anteile an ihren Unternehmen erwerben können, wie CSU-Chef Huber erläuterte.

Zugleich soll die Einführung spezieller Fonds unterstützt werden. Beck sprach von einem "fairen Kompromiss". Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.

Stimmung war einwandfrei

Es war die erste Sitzung des Koalitionsausschusses seit fast sechs Monaten. Nach viereinhalbstündigen Beratungen im Kanzleramt berichtete SPD-Chef Kurt Beck zudem, dass die Koalition noch im ersten Halbjahr ihren zähen Streit über die Einführung von Mindestlöhnen in weiteren Branchen beilegen wolle. Bei dem Thema sei die Koalition "im Fahrplan".

Die CSU scheiterte in der Spitzenrunde offenbar mit ihrem Vorstoß, die Pendlerpauschale in ihrer alten Form so schnell wie möglich wieder einzuführen. Beck sagte dazu, es bleibe bei dem, was die Koalition besprochen habe. "Wir warten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab."

Insgesamt habe es "ein gutes Miteinander" in der Runde gegeben, die Stimmung sei "einwandfrei" gewesen. Kauder und Beck betonten, die Koalition habe durch die nun gefassten Beschlüsse ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt.

Beim Thema Transrapid verständigte sich die Runde darauf, dass Bayern 52 Millionen Euro vom Bund erhält als Ausgleich für Planungskosten. Auch hier konnte sich die CSU mit ihrer Forderung nach einer höheren Ausgleichszahlung aus Berlin nicht durchsetzen.

Der Bund hatte ursprünglich zugesagt, sich mit bis zu 925 Millionen Euro an dem Projekt zu beteiligen. Nach dem Aus für die Magnetschwebebahn hatte die CSU gefordert, die Summe müsse in andere Technologieprojekte in Bayern fließen.

Bei anderen Themen zeigten sich vor dem Treffen erneut große Differenzen innerhalb der Koalition. So stand zwar auch das Thema Mindestlohn auf der Tagesordnung, es wurde jedoch nicht mit einer Einigung gerechnet. Die SPD äußerte vor allem scharfe Kritik an der CSU und ihrer Haltung zu Managergehältern.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies die Vorbehalte des Parteivorsitzenden Erwin Huber und von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer gegen die SPD-Pläne zurück, mit denen Gehältern und Abfindungen begrenzt werden sollen. Er wies darauf hin, dass sich auch Merkel in der Vergangenheit kritisch über unangemessen hohe Vorstandsvergütungen geäußert habe. Die Kanzlerin habe ihren Worten aber keine Taten folgen lassen.

Das SPD-Präsidium hatte die Vorschläge einer Arbeitsgruppe unter Leitung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Joachim Poß zuvor einstimmig gebilligt. Heil zufolge ist auch die Idee rechtlich zulässig, wonach Firmen Managergehälter und -abfindungen nur noch bis zu einer Obergrenze von einer Millionen Euro vollständig von der Steuer absetzen dürfen.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/dmo/mati/gdo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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