Clubs in München:Das unwürdige Finale des Atomic Café

Atomic Café in München Streit der Betreiber Roland Schunk und Christian Heine

Die Tanzfläche des Atomic Café in München.

(Foto: Catherina Hess)

Vor 17 Jahren eröffneten Roland Schunk und Christian Heine gemeinsam das "Atomic Café". Ende dieses Jahres schließt der Club. Plötzlich streiten die Betreiber mit bizarren Facebook-Posts um die Deutungshoheit.

Von Sebastian Krass

Es ist eine schöne Geschichte vom Abenteuergeist zweier Kumpel und Kollegen: 1996 übernahmen Roland Schunk und Christian Heine, die zusammen in einer Grafikdesignagentur arbeiteten, eine seit Jahrzehnten mies laufende Disko in der Neuturmstraße. Sie rissen das alte Inventar raus, malten die Wände orange an, hängten Lampen wie aus der Fernsehserie "Raumpatrouille Orion" auf und setzten auf ein Musikkonzept, das die "Brücke schlägt zwischen Independent-Pop, Beat, Brit-Pop und Rare Soul/Jazz, elektronischer Musik und Garage". So schrieben sie es in einer Pressemitteilung.

Anfang 1997 eröffnete das Atomic Café, ein in München einzigartiger Club, der durch seine Konzerte und Discoabende schnell deutschlandweit Renommee gewann.

Heine und Schunk hatten stets unterschiedliche Rollen: Der eine stand mehr auf gitarrenlastigen Indiepop, der andere mehr auf Soul und elektronische Musik. Sie ergänzten sich und verschafften dem Atomic ein Profil, das viele unterschiedliche Szenen ansprach.

Schon seit längerem war zu hören, dass Heine und Schunk nicht mehr besonders gut miteinander können. Das wäre eigentlich kein großes Problem mehr. Schließlich können sie ab Ende des Jahres getrennte Wege gehen. Denn dann macht das Atomic zu. Der Vermieter wollte den Vertrag nicht mehr verlängern. Es wird also nur noch ein paar Konzerte und Clubabende geben - und vermutlich einen rauschenden, sentimentalen Abschied.

"So, langsam checkt ihr's, gell?"

Doch nun, kurz vor dem Ende dieser gemeinsamen Geschichte, tragen Heine und Schunk plötzlich ihren Zwist in der Öffentlichkeit aus, auf der Facebook-Seite ihres gemeinsamen Clubs.

Am Samstag tauchte dort folgender Post auf: "So, langsam checkt ihr's, gell? Diese Abende mit 100% Nicht-Mainstream Musik, guter Musik, Fifties, Sixties wird es bald nicht mehr geben. Ihr seid die, die solche Abende noch genießen können. Ende des Jahres ist Schluss, da könnt ihr dann zu Elektro, House, Black, schiess mich tot Parties gehen. Damit stirbt auch ein state of mind." Wer den Text geschrieben hat, wird zunächst nicht klar. Klar wird nur, dass da offenbar jemand einen ziemlichen Frust über das Ende des Atomic mit sich herumträgt.

"Gelaber meines restalkoholisierten Partners Christian"

Einige Stunden später erschien ein neuer Post, unterschrieben von "Roland", also Roland Schunk. "Ich hatte gehofft, das nicht tun zu müssen, aber: das hier drunter war nur das Gelaber meines restalkoholisierten Partners Christian, der sich mal wieder unglaublich mächtig vorkam, statt seine 1500 Freunde mit seinem Account zuzulallen, hier im Namen des Atomic zu posten", heißt es da. "Er mag das so sehen, aber auf mich trifft das definitiv nicht zu." Er habe sich 17 Jahre lang dafür eingesetzt, dass neben Indiepop auch diverse andere, auch abseitige Musikstile eine Heimat finden. Er nennt neben Soul und Elektro auch unter anderem noch Funk, Jazz, Rockabilly. "Indie war dann irgendwann mal auch ganz o.k. und hat mit netten Gästen die Miete gezahlt. Drum sollte sich Herr Heine nicht über den Mainstream ereifern, denn im Atomic war stets er der Mainstream."

Dass die Clubbetreiber ihr Zerwürfnis vor knapp 14.000 Menschen austragen, die dem Atomic Café ein "Gefällt mir" gegeben haben, könnte für manchen Anlass zur Häme sein. Dabei ist es vor allem schade. Denn mit ihrem bizarren Streit um die Deutungshoheit über das Atomic beschädigen Roland Schunk und Christian Heine auf der Zielgeraden ihrer gemeinsamen Geschichte nicht nur ihren eigenen Ruf, sondern auch den ihres Clubs.

Das scheint inzwischen auch den Beteiligten gedämmert zu sein. Am späten Samstagabend waren die Posts von der Facebook-Seite gelöscht.

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