Ihre Frage:Warum gibt es so wenig Computer im Klassenzimmer?

In ihrer Freizeit nutzen viele Kinder regelmäßig digitale Medien. An den Schulen allerdings werden sie noch sparsam eingesetzt. Ist das nur eine Kostenfrage?

Von Karin Janker

Ihre Frage

Per E-Mail hat uns ein Leser folgende Frage gestellt:

Unsere Bundesregierung nimmt in den Medien gerne die digitale Agenda in Angriff, redet dabei aber niemals über Bildung. Es geht um IT-Infrastruktur und ähnliches, aber nie um die Frage, wie man junge Menschen in einer medialen Umwelt bilden könnte. Wieso schaffen es die Bundesländer nicht, zeitgemäße digitale Lehrmittel für konkrete Medienerziehung in den Schulalltag zu integrieren?

Unsere Antwort

Von Karin Janker, Mitarbeiterin im Bildungs-Ressort von SZ.de

Die Bundesregierung benennt als eines der Kernthemen der digitalen Agenda den Bereich "Bildung, Forschung, Wissenschaft, Kultur und Medien". Die digitale Ausstattung der Schulen - auch, weil Bildung Ländersache ist - wird allerdings nur am Rande erwähnt. Von einer Strategie "Digitales Lernen" ist da die Rede und von Entschlossenheit bei deren Umsetzung.

Blickt man in die Schulen von heute, hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan: Immer mehr Klassenzimmer sind mit sogenannten White- oder Smartboards ausgestattet. Das sind digitale Schultafeln, an die Beamer und Computer angeschlossen sind. Außerdem sind viele Klassenräume mit Internet-Arbeitsplätzen ausgestattet und an immer mehr Schulen gibt es sogenannte Tablet-Klassen, wo in Unterrichtseinheiten Tablet-Computer zum Einsatz kommen. Ein innovatives Konzept für ein digitales Schulbuch hat etwa die Medienberatung NRW in Zusammenarbeit mit der Universität Eichstätt-Ingolstadt entwickelt. Dieses Geschichtsbuch wird derzeit an 41 Gymnasien in Nordrhein-Westfalen erprobt. (Mehr Informationen zu dem Projekt und Zugang zu einem Ansichtskapitel finden Sie hier.)

Allerdings gibt es - wie die Leserfrage nahelegt - jede Menge Nachholbedarf. So hängt die Ausstattung einer Klasse digitaler Technik häufig vom Engagement des Schulleiters oder Klassenleiters ab. Eine Studie des IT-Branchenverbandes Bitkom, für die 502 Lehrerinnen und Lehrer in der Sekundarstufe I befragt wurden, ergab zwar, dass jeder zweite Lehrer gerne häufiger elektronische Medien im Unterricht einsetzen würde. Gleichzeitig wünschen sich aber fast 80 Prozent der Lehrer mehr Weiterbildungsangebote für den Umgang mit der Technik.

Lehrer-Schulungen und technische Ausstattung kosten Geld. Doch es sind nicht nur finanzielle Gründe, die dafür sorgen, dass Schulen und Länder in Sachen Digitalisierung eher auf die Bremse treten als nach vorne preschen. Viktor Mayer-Schönberger, der am Oxford Internet Institute tätig ist, setzt sich mit der sinnvollen Nutzung von Big Data für den Bildungsbereich einerseits und den Gefahren andererseits auseinander. Ein Grund für die bisher recht geringe Verbreitung von digitalen Schulbüchern ist seiner Einschätzung nach, dass Schulbuchverlage eher konservativ auf technische Neuerungen reagieren. "Einerseits sollen die Kinder auf der Höhe der Zeit sein, andererseits bleibt man lieber beim Bewährten", beschreibt Mayer-Schönberger das Dilemma. Diese Aversion beobachte er allerdings nicht nur bei politischen Entscheidern im Bildungsbereich, sondern auch bei vielen Eltern. "Sie machen sich Sorgen, dass es ihrem Kind schaden könnte, wenn es mit modernen Methoden unterrichtet wird, die noch nicht erprobt sind", sagt der Wissenschaftler.

Tatsächlich lässt sich schwer abschätzen, welche Vor- und Nachteile digitale Medien im Unterricht haben. So gibt es auch Experten, die eher von einem vorschnellen Einsatz an den Schulen abraten. Der Psychologe und Psychiater Manfred Spitzer zum Beispiel sagte beim jüngsten Lehrertag des Verbands für Bildung und Erziehung: "Alles, was man den Schülern maschinell abnimmt, haben sie auch nicht mehr im Kopf." Als Gegner von elektronischen Helfern im Unterricht gibt Spitzer zu Bedenken, dass Computer im Klassenzimmer Studien zufolge sogar schaden können - wenn man nicht dafür sorge, dass die richtige Software angeschafft werde und Lehrer auf Fortbildungen auch den richtigen Umgang damit lernen.

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