Finanzskandal um Ex-IWF-Chef:Immer Ärger mit Strauss-Kahn

Former International Monetary Fund chief Dominique Strauss-Kahn attends a French Senate commission inquiry on the role of banks in tax evasion in Paris

DSK. Die drei Initialen stehen in Frankreich unverwechselbar für einen schillernden Mann: Dominique Strauss-Kahn, Ex-IWF-Chef und ehedem Anwärter auf die sozialistische Präsidentschaftskandidatur - bis ein Sexskandal seine Ambitionen zunichtemachte.

(Foto: Reuters)

Drei Jahre nach seinem Sexskandal hat Dominique Strauss-Kahn neue Sorgen: Er steht in Luxemburg im Mittelpunkt eines Finanzkrimis. Dabei geht es um viel Geld reicher Araber und Russen.

Von Leo Klimm, Paris

Eigentlich will Dominique Strauss-Kahn nur ungestört Geld verdienen. Seit dem tiefen Fall, den er 2011 wegen Vergewaltigungsvorwürfen erlebte, hat sich der Ex-Chef des Internationalen Währungsfonds in einen viel beschäftigten Geschäftsreisenden verwandelt. Strauss-Kahn hält hoch dotierte Vorträge in Marrakesch und Seoul, sitzt im Aufsichtsrat einer staatsnahen russischen Bank, ist Regierungsberater in Serbien und in Südsudan. Keine der teils skurrilen, teils fragwürdigen Aktivitäten hat ihm Ärger eingehandelt. Sein Ruf in der westlichen Welt scheint dem einstigen Star der französischen Sozialisten ohnehin egal zu sein.

Mysteriöser Suizid

Jetzt allerdings sieht es so aus, als habe Strauss-Kahn wieder Sorgen. Große Sorgen. Denn DSK, wie er in Frankreich nur heißt, findet sich plötzlich inmitten einer neuen, undurchsichtigen Affäre wider. Diesmal geht es nicht um einen Sexskandal. Sondern um den Tod eines Geschäftspartners und um verschwundene Millionen. Der Finanzkrimi ist gerade dabei, sich zu entfalten.

Seinen Anfang nimmt er vor einem Jahr, als Strauss-Kahn als Gesellschafter und Verwaltungsratschef bei einer Luxemburger Investmentbank einsteigt. Sein Geschäftspartner Thierry Leyne lässt das Geldhaus extra für ihn in "Leyne Strauss-Kahn and Partners" (LSK) umbennenen. Vergangene Woche dann das Drama: Leyne nimmt sich an seinem Wohnort Tel Aviv das Leben. Die Gründe für den Suizid sind unbekannt.

Klar ist, dass LSK in finanziellen Schwierigkeiten steckt - und womöglich vor der Pleite steht. Am Montag dieser Woche, wenige Tage nach Leynes Tod, hat die Luxemburger Kommission für Finanzaufsicht den LSK-Fonds Assya Asset Management auf Antrag vorübergehend von der Pflicht befreit, Anlagegelder auszuzahlen. Ein Status, der im Großherzogtum erteilt werden kann, wenn eine Bank Probleme hat.

Doch die Probleme von LSK sind auch die von Strauss-Kahn persönlich: Der Ex-IWF-Chef ist über eine Zwischenfirma mit 20 Prozent an dem Institut beteiligt. Die Frage ist nun, wie es mit DSK, LSK und Assya weitergeht. Eine Sprecherin Strauss-Kahns und die Bank lassen entsprechende Anfragen unbeantwortet.

Seriöse Vermögensverwaltung statt Gewalt-Sex

Strauss-Kahn und Leyne wollten am ganz großen Geldrad drehen. Aus Leynes Investmentboutique mit rund 100 Mitarbeitern unter anderem in Luxemburg, Israel und Monaco sollte mit Hilfe des einflussreichen Geschäftsfreunds ein angesehenes Institut werden: Strauss-Kahn sollte dank seiner Kontakte zu reichen Russen und Arabern, zu Staatsfonds und zu Pensionsverwaltern stolze zwei Milliarden Euro einwerben, um sie in einem Hedgefonds namens "DSK Global Investment" anzulegen. "Viele Menschen verlangen nach der ökonomischen Analyse von DSK", hatte Leyne gesagt. Der illustre Kompagnon habe die Fähigkeit, eine Anlagestrategie auf Grundlage langfristiger makroökonomischer Trends zu entwerfen und zugleich auf kurzfristige Verwerfungen an den Finanzmärkten zu reagieren. Auch Strauss-Kahns Tochter Vanessa trat als Chefökonomin in die Bank ein. So sollte DSK von einer Chiffre für Gewalt-Sex zum Synonym für seriöse Vermögensverwaltung werden. Bis September, so Leyne noch kürzlich in einem Interview, hatte der Fonds angeblich schon mehrere hundert Millionen Euro eingesammelt.

Doch hinter der Fassade gab es Ungereimtheiten. Nach Informationen von der Zeitung Le Parisien soll Strauss-Kahn Mitte Oktober entdeckt haben, dass Leyne ihm "schwerwiegende Dinge" verschwiegen habe. Die Zeitung führt zudem Gerüchte an, wonach Leyne nicht mehr in der Lage war, osteuropäischen und russischen Investoren ihr Anlagevermögen auszuzahlen. Und stellt die Frage, ob Leyne bedroht wurde. Sicher ist, dass die Bilanz für 2013 unter Verschluss gehalten wird. 2012 hatte Leynes Vorgänger-Institut einen deutlichen Verlust erlitten. Der zuständige Wirtschaftsprüfer hatte den Geschäftsabschluss nur mit Vorbehalt durchgehen lassen.

Vor knapp vier Wochen dann wurden LSK, der Fonds Assya und Leyne von einem Luxemburger Gericht im Eilverfahren verurteilt, einer Tochter der Bâloise-Versicherungen zwei Millionen Euro zurückzuzahlen. Seit dem Sommer hatten die Schweizer vergeblich die Auszahlung ihres Geldes gefordert.

Jetzt, nach dem Urteil und nach Leynes Tod, muss sich der Fonds unter den Schutzschirm der Luxemburger Finanzaufsicht retten. Der Schutz währt einige Wochen - zumindest so lange, bis der Rechtsstreit zwischen Bâloise und LSK im Hauptverfahren entschieden ist.

Webseite abgeschaltet

Zu guter Letzt wartet der LSK-Verwaltungsrat am gestrigen Dienstag mit einer neuen Überraschung auf: Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erklärt die Bank, Strauss-Kahn habe den Chefposten bereits am 20. Oktober niedergelegt. Drei Tage vor Leynes Tod. An besagtem 20. Oktober sei Leyne auch zum Verwaltungsratschef gewählt worden.

Das allerdings ist nicht mehr als eine nicht nachprüfbare Behauptung. Denn eine entsprechende Mitteilung hat LSK weder am 20. Oktober noch später herausgegeben. Die am Dienstag gestreute Nachricht kann also auch schlicht ein Versuch Strauss-Kahns sein, dem Affärensumpf noch zu entkommen. Auf der Internetseite von LSK jedenfalls lächelte Strauss-Kahn den Betrachter am Dienstagvormittag noch als Bankchef an. Bis die Seite am Nachmittag abgeschaltet wurde.

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