Staatliche Hilfe:Die Alten werden immer ärmer

Rentner

So viele Menschen wie nie zuvor erhielten Ende 2013 die sogenannte Grundsicherung im Alter

(Foto: picture alliance / dpa)
  • So viele Bundesbürger wie nie zuvor waren Ende vergangenen Jahres auf die sogenannte Grundsicherung im Alter angewiesen.
  • Betroffen sind vor allem Frauen aus Westdeutschland und Menschen, die aufgrund von Krankheit früh mit der Erwerbstätigkeit aufhören mussten.
  • Am höchsten ist die Empfängerquote laut Statistischem Bundesamt in Hamburg, Bremen und Berlin, am niedrigsten in Sachsen und Thüringen.
  • Die Sozialverbände sind über die Zahlen schockiert - und fordern eine Reform der Altersversorgung.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Immer mehr Rentner und kranke Menschen in Deutschland benötigen zum Überleben Geld vom Staat. Ende 2013 erhielten nach Angaben des Statistischen Bundesamts knapp 500 000 Bundesbürger ab 65 Jahren die sogenannte Grundsicherung im Alter - so viele wie nie zuvor. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 7,4 Prozent oder gut 34 000. Weitere 463 000 Menschen waren auf diese staatliche Hilfe wegen einer dauerhaften Erwerbsminderung angewiesen. Das sind 28 000 mehr als noch 2012 - ebenfalls ein neuer Höchststand.

Stadtstaaten besonders betroffen

Die Grundsicherung im Alter bewegt sich auf Hartz-IV-Niveau. Im vergangenen Jahr belief sie sich im Durchschnitt auf 707 Euro im Monat. Ihre Höhe hängt wegen der regional unterschiedlich hohen Mieten aber vom Wohnort ab.

Nach Angaben der Wiesbadener Behörde wurden die Leistungen in den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin am häufigsten in Anspruch genommen. In Sachsen und Thüringen ist die Quote der Empfänger der Grundsicherung im Alter am geringsten. Vor allem Frauen in Westdeutschland sind auf diese staatliche Unterstützung angewiesen.

Verschiedene Gründe für den Anstieg

Für die wachsende Menge der hilfebedürftigen alten Menschen gibt es mehrere Gründe: Einerseits nimmt die Zahl der Alten schlicht zu - und damit auch die Gruppe derjenigen, deren Einkünfte nicht zur Deckung des Existenzminimums reichen. Zudem haben Frauen in Westdeutschland häufig nur Anspruch auf eine Mini-Rente, weil sie zu wenig gearbeitet und verdient haben. Auch reichen bei vielen der sogenannten etwa 1,6 Millionen Erwerbsminderungsrentner, die wegen einer Krankheit vorzeitig mit dem Arbeiten aufhören mussten, die eingezahlten Beiträge für eine auskömmliche Rente nicht aus.

Sozialverbände fordern Reformen

Als "im höchsten Maße alarmierend" bewertete der Paritätische Wohlfahrtsverband den erneuten Anstieg der Bezieher von Altersgrundsicherung - und übte scharfe Kritik an der Rentenpolitik. Der Verband forderte eine tiefgreifende Reform der Altersgrundsicherung und eine deutliche Erhöhung des Leistungsniveaus. "Die neuerlichen Rekordzahlen sind lediglich Vorboten einer auf uns zurollenden Lawine der Altersarmut", warnte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. "Ab Mitte des nächsten Jahrzehnts droht ein Heer von ehemals Langzeit- und Mehrfacharbeitslosen sukzessive und unaufhaltsam in die Altersarmut zu fallen."

"Das ist ein Armutszeugnis für die wohlhabende Bundesrepublik", sagte auch Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Die Zahlen bestätigten die sich verschärfende Armutssituation älterer Menschen. Damit nicht immer mehr Menschen in die Armutsspirale gerieten, fordere der Verband, die Regelsätze in der Grundsicherung für ältere Menschen und dauerhaft Erwerbsgeminderte anzuheben und jährlich anzupassen. "Wir fordern daher, dass der Regelsatz anhand der tatsächlichen Bedürfnisse dieser Personengruppe bei mindestens 460 Euro festgelegt wird", sagte Mascher. Zugleich begrüße der VdK die Anregung des Bundesverfassungsgerichts, sogenannte Einmalleistungen wiedereinzuführen, um Gebrauchsgüter wie Herd, Waschmaschine und Kühlschrank bezahlen zu können.

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