Linksbündnis in Thüringen:Da wächst zusammen, was zusammengehört

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Die SPD-Mitglieder machen den Weg frei für den ersten Ministerpräsidenten der Linken. Das mag Bundespräsident Gauck nicht gefallen. Aber er hat dafür die falschen Gründe.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Die Mehrheit der SPD-Mitglieder in Thüringen hat also keine schweren Bauchschmerzen. Keine entscheidenden Bedenken. Und sie mussten sich auch nicht "ganz schön anstrengen" (Gauck), den Gedanken zu akzeptieren, dass ein Linker bald Ministerpräsident ihres Landes werden könnte.

Sie haben mit Mehrheit entschieden, dass es ihre SPD versuchen soll mit einem Linksbündnis, in dem Bodo Ramelow von der Partei die Linke Regierungschef wird. Und sie haben sich nicht beeinflussen lassen von Bundespräsident Joachim Gauck, der sich das Recht herausnahm, seine Bedenken gegenüber der Linken mitten im Mitgliedervotum in einem Fernsehinterview kundzutun.

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Kommentar von Nico Fried

Es ist richtig, wie sich die SPD-Mitglieder entschieden haben. Das Votum ist ein Beitrag zur Normalisierung. Gauck darf selbstverständlich jederzeit auch die Linke kritisieren. Debatten darüber, ob er damit seine Befugnis überschreitet, helfen nicht weiter. Die Frage sollte sein: Stimmt seine in eine Frage gekleidete Behauptung, die Linke von heute sei nicht allzu weit entfernt von der SED, die bis zur Wende vor 25 Jahren die DDR beherrschte.

Wäre dem so, die SPD-Mitglieder hätten sich sicher gegen dieses Linksbündnis entschieden. Die Linke aber ist eine grundlegend andere Partei, als es die SED je war. Sie hat sich der Demokratie verpflichtet. Sie erkennt die DDR als Diktatur an. Sie hat in Regierungsverantwortung als Juniorpartner in mehrere Bundesländern bewiesen, dass mit ihr ein Staat zu machen ist.

Die Linke ist mehr als eine SED-Nachfolgepartei

Auch wenn es in der Partei den einen oder anderen gibt, der immer noch an den Sieg des Sozialismus glaubt: Die Linke hat es verdient, nicht allein als SED-Nachfolgepartei gesehen zu werden. Juristisch mag das zutreffen. Wer das auch politisch so sieht, der muss verblendet sein.

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Von Luisa Seeling

Über vieles was die Linke macht, lässt sich streiten. Ihr Hang zu Dogmen, ihre geringe Kompromissbereitschaft, das Schrille und Rechthaberische. Aber das sind eher Probleme der Bundeslinken. Weshalb ein linker Ministerpräsident eine Herausforderung für die gesamte Linke ist. Die Grünen erleben gerade in Baden-Württemberg, dass es einen Unterschied macht, ob eine Partei einfach nur mitregiert - oder ob sie den Regierungschef stellt.

Vor allem in den Ostländern hat die Linke bisher eine pragmatische Politik des Machbaren gemacht. Und jetzt kann in Thüringen mit Ramelow ein Wessi für die Linke Ministerpräsident werden. Da wächst zusammen, was zusammengehört. Und das ist gut so.

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