Erlass zum Abschiebestopp:Obama holt illegale Einwanderer "aus dem Schatten"

Lesezeit: 2 min

  • Obama kündigt ein temporäres Bleiberecht für Millionen undokumentierter Einwanderer an.
  • Der US-Präsident betont in seiner Rede: "Dies bedeutet nur, dass wir euch nicht abschieben."
  • Republikaner kritisieren den Erlass heftig und diskutieren über Konsequenzen.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Hunderte warteten vor dem Weißen Haus, Millionen im ganzen Land: "Ich möchte mit euch über Einwanderung sprechen", begann Barack Obama zur besten Sendezeit seine Rede im East Room seines Amtssitzes. Es wurde eine der historischen Ansprachen seiner Ära.

Per Erlass, im Alleingang ohne den Kongress will der US-Präsident eines der drängendsten Probleme des Landes lösen: Die Frage, wie es mit undokumentierten Einwanderern umgeht, die schon seit Jahren in den Vereinigten Staaten leben.

Obamas Einwanderungspolitik
:Yes, I can!

Fünf Millionen illegal eingewanderten Menschen will US-Präsident Barack Obama ein vorläufiges Bleiberecht gewähren. Per Dekret, unter Umgehung des Kongresses. Sein finales Kräftemessen mit den Republikanern ist damit eröffnet.

Von David Hesse

"Wir sind und waren schon immer ein Einwanderungsland", spannte Obama in einer rationalen wie rhetorisch hervorragenden Rede den Bogen von der Gründungszeit zur Gegenwart: Inzwischen sei das Einwanderungssystem jedoch "kaputt". "Es geht darum, wer wir als Land sind, und was wir in den kommenden Generationen sein möchten."

Millionen Menschen leben ohne gültige Papiere in den USA, Schätzungen zufolge können bis zu 4,7 Millionen von ihnen nun damit rechnen, nicht mehr abgeschoben zu werden. Konkret stellt Obama folgende Schritte vor:

  • Eltern von in den USA geborenen oder hier legal lebenden Kindern können ein temporäres Bleiberecht beantragen, selbst wenn sie einst illegal ins Land gekommen sind. Voraussetzung ist, dass sie bereits mehr als fünf Jahre in den USA leben, sich registrieren und einen Kriminalitäts-Check durchführen lassen. "Das ist keine Amnestie", betonte Obama.
  • Die Einwanderungsbehörden sollen undokumentierte Migranten nur noch verfolgen, wenn sie mit Kriminalität oder Terrorismus zu tun haben ("Verbrecher statt Familien"). Damit verändert Obama den Fokus für mögliche Abschiebungen.
  • Hochqualifizierte Einwanderer, Absolventen und Unternehmensgründer sollen schneller und einfacher Visa erhalten. Dieser Wunsch war unter anderem aus der Technologie-Branche gekommen.
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"Das bedeutet nicht, dass wir die Staatsbürgerschaft garantieren, das permanente Aufenthaltsrecht geben oder die selben Leistungen, die Staatsbürger erhalten - das kann nur der Kongress tun", betonte Obama an die Betroffenen gewandt. "Wir sagen nur, dass wir euch nicht abschieben." Wer die Kriterien erfülle, könne "aus dem Schatten" hervortreten.

Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, die amerikanisch-mexikanische Grenze zu vernachlässigen an, kündigte der Präsident weitere Mittel zur Grenzsicherung an. Obama rief zudem den Kongress auf, ein Gesetz zur Einwanderungsreform auf den Weg zu bringen, um die Probleme permanent zu lösen.

Die Republikaner haben allerdings bereits angekündigt, nach der Übernahme der Senatsmehrheit im Januar Obamas Pläne vereiteln zu wollen. "Wenn der Präsident das Volk missachtet und dem Land seinen Willen aufzwingt, wird der Kongress einschreiten", sagte der künftige Mehrheitsführer Mitch McConnell. "So funktioniert Demokratie nicht", erklärte John Boehner, der einflussreiche republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses. Verschiedene Abgeordnete schmähten Obama als "Kaiser", der sich über den Willen der Bürger hinwegsetze.

Wie genau die Reaktion aus dem Lager der Konservativen aussehen wird, ist allerdings noch unklar. Die Parteirechte bringt einen erneuen Government Shutdown und sogar ein Amtsenthebungsverfahren ins Gespräch, der moderate Flügel denkt über eine Klage nach. Im Weißen Haus geht man davon aus, dass der Erlass vor Gericht Bestand hätte. An konstruktive Zusammenarbeit zwischen Kongress und Präsident, wie sie nach den Wahlen beschworen wurde, ist aber nicht mehr zu denken.

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Der Handlungsspielraum des US-Präsidenten ist für den Rest seiner Amtszeit begrenzt - wegen der neuen Mehrheit der Republikaner im Kongress. Trotzdem plant Obama offenbar, seinen Kontrahenten ans Schienbein zu treten, mit einem Erlass zur Einwanderung. Das ist politisch heikel.

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In Umfragen spricht sich eine Mehrheit der Amerikaner für einen "Weg zur Staatsbürgerschaft" aus, allerdings nur, wenn dieser an Bedingungen geknüpft ist. Einen präsidentiellen Erlass halten in einer aktuellen Umfrage allerdings nur 37 Prozent für angemessen.

"Seien wir ehrlich: Es ist nicht realistisch, Millionen von Menschen aufzuspüren, zu verhaften und sie zu deportieren", erklärte Obama. "Es entspricht auch nicht dem, was wir als Amerikaner sind." Am Freitag wird der US-Präsident in Las Vegas eine weitere Rede zu seinen Plänen halten.

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