Sacharow-Preisträger Denis Mukwege:Kampf mit dem Skalpell

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Denis Mukwege erhielt nun den Sacharow-Preis für Menschenrechte. (Foto: Hugues Honore/AFP)

Das Europaparlament zeichnet Denis Mukwege mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit aus. Der Arzt operiert im Kongo Vergewaltigungsopfer - und riskiert dabei sein Leben.

Von Tobias Zick, Nairobi

Wenn jemand einen fundierten Einblick in die menschlichen Abgründe hat, die sich in dem seit Jahren schwelenden Rebellenkrieg im Osten des Kongo auftun, dann ist das Denis Mukwege. Der 59-jährige Gynäkologe hat in den vergangenen Jahren Tausende Frauen operiert, die Opfer schwerster sexueller Gewalt geworden waren. Die Details dessen, was er bei seiner Arbeit zu sehen bekommt, schildert er mit stets gefasster Stimme, sie sind ohnehin schon eindringlich genug.

Verbrennungen, Verätzungen, Schusswunden - die Liste der Grausamkeiten ist über die Jahre immer länger geworden, und damit auch die der chirurgischen Herausforderungen, denen Mukwege sich in der von ihm gegründeten Panzi-Klinik in der ostkongolesischen Stadt Bukavu stellt. Mitunter dauert es Jahre, bis er seinem Ziel, die verstümmelten Körperteile einer Patientin zumindest in etwa wieder herzustellen, nahekommt; häufig sind zwischen den Operationen mehrere Monate Pause nötig, weil die geschwächten Frauen die wiederholten Eingriffe sonst nicht überstehen würden.

Mit seinem Engagement hat sich Mukwege in seiner Heimat auch Feinde gemacht: Im Oktober 2012 etwa, einen Monat nachdem er in einer Rede vor der UN-Generalversammlung angeprangert hatte, dass die Täter der Massenvergewaltigungen im Kongo straffrei blieben, drangen Bewaffnete in sein Haus ein. Ein Mitarbeiter von ihm, der die Täter ablenkte, wurde erschossen; Mukwege floh vorübergehend nach Belgien.

Seitenhieb auf die heimischen Eliten

Das Europäische Parlament hat Denis Mukwege nun mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte geehrt. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) überreichte dem Mediziner am Mittwoch in Straßburg die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnung: "Sie sind im Angesicht grausamer Gewalt zu einem furchtlosen Mann geworden", sagte Schulz, "der sich um die am meisten vernachlässigten Opfer des Krieges kümmert."

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In seiner Dankesrede sagte Denis Mukwene, die internationale Gemeinschaft habe "Grenzen für chemische, nukleare und biologische Waffen aufgezeigt - wir brauchen auch Grenzen für Vergewaltigung als billige Waffe." Zudem nutzte er seinen Auftritt für einen unverhohlenen Seitenhieb auf die Eliten seines Heimatlandes: Der Preis, sagte er, sei eine Ermutigung für alle Kongolesen, sich für die Wiederherstellung von Recht und Legalität einzusetzen. "Es herrscht das Gesetz der Kriegsherren, im Kongo gibt es keinen Rechtsstaat, und die Behörden des Landes sind nicht in der Lage, die Bevölkerung zu schützen."

Darüber hinaus rief er jedoch auch die EU auf, sich auf diplomatischer Ebene verstärkt für eine Umsetzung des 2013 geschlossenen Kongo-Friedensabkommens einzusetzen - und genauer darauf zu achten, unter welchen Umständen die nach Europa importierten Rohstoffe gefördert würden. Bei dem andauernden Konflikt im Ostkongo zwischen verschiedenen Rebellengruppen und Einheiten der kongolesischen Armee geht es immer wieder auch um den Zugriff auf Goldminen und auf Mineralien wie Coltan und Kassiterit, die für die Herstellung von Smartphones und Notebooks nötig sind.

© SZ vom 27.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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