Computerspiel "The Talos Principle":Was uns vom Roboter unterscheidet

Computerspiel "The Talos Principle": Die Maschine wird menschlich - und der Mensch zur Maschine. Das Computerspiel "The Talos Principle".

Die Maschine wird menschlich - und der Mensch zur Maschine. Das Computerspiel "The Talos Principle".

(Foto: Croteam)

Tödliche Fallen, ein allmächtiger Schöpfer und das Versprechen ewigen Lebens: Das Computerspiel "The Talos Principle" stellt die Frage, mit welchem Recht wir in Anspruch nehmen, eine Person zu sein - und keine Maschine.

Von Jan Bojaryn

Der Roboter sieht einen Computer. Er schaltet ihn ein. Seine Hände liegen auf der Tastatur. Die Finger aus Chrom glänzen.

Für Spieler ist dieser Augenblick am Anfang von "The Talos Principle" irritierend. Während sie den Roboter steuern, sitzen sie ja selber vor einem Computer, Spieler und Alter Ego machen dasselbe. Das ist umso verwirrender, weil "Talos Principle" in der Ego-Perspektive gespielt wird, der Spieler also sieht, was der Roboter sieht. Wem gehören nun die Hände auf der Tastatur? Dem Spieler oder seiner Figur?

Die Untersuchung dieser Trennlinie ist in den letzten Jahren in Mode gekommen. Das Spiel "Bioshock" etwa lässt seinen Protagonisten schweigen, bis der Spieler sich der Heldenrolle annimmt. Dann aber stellt sich heraus, dass der Computer-Held sehr wohl einen eigenen Willen besitzt. Andere Spiele provozieren den Spieler. Sie formulieren Ziele, ermuntern den Spieler aber gleichzeitig zur Rebellion dagegen.

Der Schöpfer verspricht ewiges Leben

Auch das "Talos Principle" will hinterfragt werden. Zu Beginn des Spiels erwacht der Protagonist in antiken Ruinen. Doch ist diese Welt auch in der Fiktion des Spiels nicht echt, sondern simuliert. Die Ruinen flackern. Eine dröhnende Stimme weist sich als der väterliche Schöpfer "Elohim" aus: Wenn man sich an seine Regeln halte, winke ewiges Leben.

Doch das Szenario und absurde Handlungsanweisungen machen aus der Religion eine Parodie. In den Ruinen hat der Schöpfer kleine Testparcours aufgebaut, jeder Parcours ist ein räumliches Rätsel. Spiegel müssen so aufgestellt werden, dass Lichtstrahlen auf markierte Türschlösser treffen. Störsender müssen auf Selbstschussanlagen ausgerichtet werden. Minen patrouillieren durch die Gänge und explodieren, wenn der Roboter ihnen zu nahe kommt.

Ist der Weg durch eine Teststrecke frei, kann der Roboter sich als Belohnung ein Tetris-Klötzchen nehmen. Die gesammelten Klötzchen dienen dazu, neue Türen zu öffnen. Hinter den Türen liegen neue Rätsel, und irgendwann vielleicht auch die Pforte zur Unendlichkeit. Elohim hat auch einen verbotenen Apfel aufgehängt. Zwischen seinen Testzentren ragt ein unmöglich hoher Turm in den Himmel. Auf keinen Fall darf der Roboter den Turm besteigen, mahnt Elohim. Sonst ist die Unsterblichkeit vertan. Und der Spieler wird von da an wahrscheinlich versuchen, die Türen im Turm zu öffnen, um es diesem lächerlichen Schöpfer zu zeigen.

Ist der Spieler eine Person?

Der Mensch vor dem Computer mag auf seine Freiheit pochen. Auch wenn er nicht pausenlos daran denkt, spielt er einen Roboter innerhalb einer Simulation. Für Jonas Kyratzes, den Autor des Spiels, geht es genau um dieses Spannungsverhältnis. Er wolle "den philosophischen Materialismus diskutieren.", sagt er. Talos, in der griechischen Mythologie ein mächtiger Mann aus Bronze, sei "in moderner Terminologie ein Roboter", erklärt Kyratzes. "Sind wir Menschen wirklich anders als Talos?" Kann sich der Spieler auf seine Hände etwas einbilden? Wie verteidigt er sich, wenn man seinen Personenstatus anzweifelt? Irgendwann muss der Robotermensch sogar eine Art Turing-Test absolvieren - also mit einer Reihe von Antworten beweisen, dass er eine Person ist.

"The Talos Principle" hätte eine trockene Denkübung für Hobbyphilosophen werden können. Durch die Interaktion ändert sich sein Sinn. Die Rätsel mögen unsinnig erscheinen. Sie zu lösen, ist befriedigend. Und die Ego-Perspektive verführt zur Identifikation mit dem Roboter. So wirft "The Talos Principle" nicht nur die Frage auf, mit welchem Recht wir in Anspruch nehmen, eine Person zu sein. Es schärft auch den Blick für eine andere: mit welchem Recht wollten wir es einer künstlichen Intelligenz denn absprechen?

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