Reaktion auf Folterbericht:CIA bekämpft die Fakten

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CIA-Direktor John Brennan bei seinem Auftritt vor Medienvertretern im CIA-Hauptquartier in Virginia (Foto: Reuters)
  • John Brennan, Chef der CIA, stellt sich der Presse. Er verteidigt die Folterpraktiken des US-Auslandsgeheimdienstes, die ein Bericht des Senats als brutal, illegal und zwecklos entlarvt hat.
  • Er räumt "abscheuliche" Einzelfälle ein, aber strafwürdig sei nichts davon. Die Untersuchung sei "fehlerhaft".
  • Brennan behauptet, erfolterte Informationen hätten zur Ergreifung Bin Ladens geführt. Falsch, sagt die Senatorin Dianne Feinstein.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Nach der Logik der CIA ist vermutlich schon John Brennans Erscheinen eine Ungeheuerlichkeit. Seit wann muss sich ein Geheimdienstchef dafür rechtfertigen, dass seine Mitarbeiter Geheimdienstarbeit machen? Und doch steht der Chef der US-Auslandsspione jetzt in seinem Hauptquartier vor der Presse und muss sich erklären.

In Langley, wo die CIA sitzt, tragen Foltertaktiken wie Waterboarding immer noch den Namen "erweiterte Verhörmethoden". Kein Mitarbeiter wurde für seine Taten belangt, die offizielle Lesart lautet: Die Diskussion über Details ist eine theoretische, denn Geheimdienste müssen ihr Land schützen und unter dem Strich haben sich die Methoden im Anti-Terror-Kampf bewährt und waren legal.

Diese Sichtweise war in den Bush-Jahren auch die der Regierung, doch nach und nach bröckelten die Lügen ab, mit denen die CIA die Realität zu übermalen versucht hatte. Spätestens seit der Publikation des - auf Drängen der CIA um 90 Prozent gekürzten - Senatsberichts sind die harten Fakten nicht mehr auf Seiten des Geheimdienstes.

Falsch? Im Einzelfall. Strafwürdig? Nein

Brennan holt deshalb in seiner Erklärung weit aus, er erzählt vom 11. September 2001, von den Herausforderungen im Kampf gegen al-Qaida. Von einer Organisation, die "nicht perfekt ist", aber deren Mitarbeiter stets glaubten, das Richtige zu tun.

CIA-Folterbericht
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Der schonungslose Bericht des US-Senats zu den Quälpraktiken der CIA sieht aus wie ein Akt der Selbstreinigung. Doch es gibt in den USA keinen Konsens gegen Folter. Und das von Präsident Obama verhängte Verbot ist per Federstrich wieder abzuschaffen.

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Einzelne, das gibt er zu, seien "über die Grenzen" des Erlaubten gegangen, hätten Akte begangen, die er in einigen Fällen für "abscheulich" halte. Doch weiter geht er nicht. Strafwürdig, das hätte eine Untersuchung des Justizministeriums ergeben, sei nichts davon. Zur Erinnerung: Schon das von der damaligen Führung Erlaubte enthielt Methoden wie Waterboarding, das Einsperren in sarggroße Kisten und tagelangen Schlafentzug.

Die CIA ist erfahren in der Herstellung von Realitäten, doch noch nie musste einer ihrer Chefs öffentlich gegen eine so geballte Wucht von Tatsachen ankämpfen, wie sie die Senatsuntersuchung zum Vorschein gebracht hat.

Der sichtbar angespannte Geheimdienstveteran führt einen Verteidigungskampf, aus dem das Neusprech-Wort "unknowable" in Erinnerung bleibt: Das lässt sich sinngemäß mit "unwissbar" übersetzen und ist Brennans Antwort auf die Frage, ob die CIA-Gefangenen ihre Informationen womöglich auch ohne Folter preisgegeben hätten. Zur Erinnerung: Der Untersuchungsbericht sagt deutlich, dass die Folter keine Erkenntnisse lieferte.

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Abu Subaida leitete ein Terror-Trainingscamp in Afghanistan, als die USA ihn gefangen nahmen. Der Senatsbericht zur CIA-Folter beschreibt, wie amerikanische Agenten den Saudi mit brutalsten Methoden quälten, obwohl er bereits kooperiert hatte.

Von Johannes Kuhn

CIA muss keine Reform fürchten

Wenn Brennan an diesem Donnerstag die Tür zur Vergangenheit schließen möchte, klemmt es ordentlich. Die Untersuchung sei "fehlerhaft", sagt er, kein einziger CIA-Mitarbeiter sei befragt worden. Im Bericht steht hingegen deutlich, dass die CIA die Kooperation verweigert hat. Und dass der Geheimdienst in Computer von Senatsmitarbeitern einbrach und Dateien löschte, die mit der Untersuchung zu tun hatten, verschweigt Brennan.

Über Twitter schaltet sich die maßgeblich am Bericht beteiligte demokratische Senatorin Dianne Feinstein ein, um seinen Behauptungen in Echtzeit zu widersprechen. Die Folter-Informationen hätten zur Ergreifung Bin Ladens geführt, sagt dieser. Falsch, twittert sie, und gibt die Seitenzahl im Bericht an.

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Am Ende steht Brennan alleine da, aber er ist kein Verlierer: Er selbst war damals nicht an dem Programm beteiligt, das Weiße Haus toleriert bislang seine Argumentation, Agenten hätten Werte verletzt, nicht aber Gesetze. US-Präsident Obama, den Brennan in seiner ersten Amtszeit beriet, weicht Forderungen aus der eigenen Partei nach einer CIA-Reform aus - er ist nicht nur im Kampf gegen den "Islamischen Staat" auf den Geheimdienst angewiesen. Das von ihm verhängte Folterverbot kann der nächste Präsident per Federstreich rückgängig machen.

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Und dann gibt es noch diejenigen, die Brennans Sichtweise teilen. Der ehemalige Geheimdienstchef Michael Hayden beschreibt den Senatsbericht als "kein historisch akkurates Dokument", Bushs Vizepräsident Dick Cheney schlicht als "voller Scheiße".

Auch republikanische Senatoren wie Mitch McConnell oder Marco Rubio kritisieren den Report als "einseitig" und betonen die "Gefahr für amerikanische Leben", die aus der Veröffentlichung folgt.

Im Januar wird ihre Partei die Senatsmehrheit übernehmen.

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