Anschlag in Franken:Gefährlicher als Molotowcocktails

Im fränkischen Vorra haben Unbekannte einen Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkünfte verübt und Naziparolen an eine Hauswand gesprüht. (Foto: AP)

Der Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkünfte im fränkischen Vorra zeigt vor allem eines: Es gibt noch gefährlichere Gemische als Molotowcocktails.

Von Heribert Prantl

Brandsätze bestehen aus Salpeter, Schwefel oder Phosphor, aus Benzin, Heizöl und Schwefelsäure; wenn das Zeug in Flaschen abgefüllt ist, nennt man es Molotowcocktail. Es gibt auch noch andere brandgefährliche Cocktails, die nicht aus Benzin hergestellt werden, sondern, und dies in aller Öffentlichkeit, aus hetzerischen Reden, aus Reden gegen Muslime, gegen Flüchtlinge und Asylbewerber.

Solche Brandsätze werden in der ganzen Republik gemischt, auch auf den Demonstrationen, in denen gegen die "Islamisierung" agitiert wird. Die Agitationscocktails sind noch gefährlicher als Molotowcocktails, weil sie an vielen Stellen gleichzeitig hochgehen können. Soeben sind in der Nähe von Nürnberg drei Gebäude abgebrannt, die als Unterkünfte für Asylbewerber hergerichtet worden waren. Brandstiftung ist wahrscheinlich.

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Über die Brandstifter muss man nicht rätseln; auf einer Wand wurde fremdenfeindliches Geschmiere samt Hakenkreuzen entdeckt. Der Anschlag erinnert an 1992/93, als Brandanschläge gegen Ausländer- und Flüchtlingswohnungen an der Tagesordnung waren: Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen. Das geltende Asylrecht von 1993 trägt all diese Brandzeichen.

Wer heute hetzerische Reden verharmlost, leistet Beihilfe zur Herstellung von Agitationscocktails. Und wer, wie 1992, von Wogen, Wellen und Massen von Flüchtlingen spricht, soll seine Hände nicht in Unschuld waschen.

© SZ vom 13.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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