Streit um Pkw-Maut:Schaurig-schöner Musterfall an Machtpolitik

Eisenhart bleibt CSU-Chef Seehofer im Streit um die Pkw-Maut. Zu gut ist die Gelegenheit, den Bayern sein ganzes bundespolitisches Gewicht zu demonstrieren. Und sollte die Maut doch scheitern, steht der Bösewicht bereits fest.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Lässt man die vielen inhaltlichen Einwände, die man gegen die Seehofer-Maut ins Feld führen kann, einmal kurz außen vor, dann öffnet sich der Blick auf einen schaurig-schönen Musterfall an Machtpolitik.

Obwohl CDU und SPD die Abgabe in Wahrheit nicht wollen, obwohl die neue wie schon die alte EU-Kommission die Pläne für europarechtswidrig hält, obwohl die Maut im schlechtesten Fall mehr kosten als bringen wird: Der CSU-Chef bleibt eisenhart. Zu gut ist die Gelegenheit, den Bayern sein ganzes bundespolitisches Gewicht zu demonstrieren, seine Partei im Gespräch zu halten, Kritiker, die ihn der Wankelmütigkeit zeihen, endlich Lügen zu strafen.

Im Falle des Scheiterns steht der Bösewicht fest

Horst Seehofer weiß ganz genau: Geht er jetzt auf die vielen sachlichen und juristischen Einwände ein, ist die Pkw-Maut auf Jahre hinaus erledigt. Deshalb geht er den umgekehrten Weg und will die Abgabe unbedingt und mit Verweis auf den Koalitionsvertrag durchsetzen. Wird sie dann auf Antrag der EU-Kommission vom Europäischen Gerichtshof gekippt, steht der Bösewicht bereits fest: Brüssel.

Auf sehr kurze Sicht und rein machtpolitisch betrachtet mag das, wie gesagt, ein Lehrstück sein. Langfristig aber könnte sich die vermeintlich geniale Strategie als Eigentor erweisen: Wer nämlich Europa auf so durchsichtige Weise für innenpolitische Spielchen missbraucht, befördert einen Anti-EU-Populismus, der letztlich der AfD mehr nutzen wird als der CSU.

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