Obama über historische Annäherung:"Die Isolation Kubas hat nicht funktioniert"

  • US-Präsident Barack Obama spricht über die historische Annäherung an Kuba - und kündigt an, Kubaner und Amerikaner bessere Möglichkeiten zu bieten. Kubas Präsident Castro gibt parallel eine Erklärung ab.
  • Das erste Mal seit mehr als 50 Jahren wollen Amerika und Kuba über die Wiederaufnahme politischer Beziehungen beraten. So soll es US-Bürgern künftig erleichtert werden einzureisen.
  • Ein erster Schritt der Annäherung ist ein Gefangenenaustausch.
  • Der freigelassene Alan Gross sprach trotz seiner jahrelangen Gefangenschaft den Kubanern seinen Resepkt und Dank aus.

US-Präsident Obama über Politikwechsel - Castro sieht zentralen Punkt nicht geklärt

Das erste Mal seit mehr als 50 Jahren wollen die USA und Kuba wieder miteinander sprechen. Der amerikanische Präsident Barack Obama kündigte die historische Annäherung in einer Rede an. "Wir werden einen veralteten Ansatz beenden, der uns über Jahrzehnte nur Nachteile beschert hat", sagte er in einer Fernsehansprache. "Die Isolation hat nicht funktioniert." Er kündigte an, gemeinsam mit dem kubanischen Staatschef Raúl Castro mehr Möglichkeiten für Kubaner und Amerikaner schaffen zu wollen. Obama sagte in seiner Ansprache, dass er mit dem US-Kongress über eine vollständige Aufhebung des 1962 verhängten Handelsembargos beraten wolle.

Genau dieses Thema ist für Castro zentral. Er gab parallel zu Obama ebenfalls eine Erklärung ab. "Wir haben die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen beschlossen", sagte Kubas Staatschef. "Dies bedeutet aber nicht, dass das Entscheidende geklärt ist: die wirtschaftliche Blockade", sagte Castro (komplettes Statement).

Wie die Beziehungen künftig verbessert werden sollen

Das Weiße Haus hat einen Überblick über konkrete Maßnahmen veröffentlicht (PDF). Die wichtigsten Punkte:

  • Amerika wird in der kubanischen Hauptstadt Havanna eine Botschaft eröffnen. Bisher gibt es nur eine Interessenvertretung.
  • Für US-Bürger wird es künftig einfacher, Geschäfte in Kuba zu machen, aber auch auf die Insel zu reisen. Wie der Nachrichtensender CNN berichtet, ist wirklicher Tourismus jedoch weiterhin nicht möglich.
  • Amerikaner können künftig ihre Kreditkarten auch in Kuba benutzen.
  • Kubaner, die in Amerika leben, können künftig 2000 Dollar vierteljährlich an ihre Angehörigen in Kuba schicken.
  • Außenminister John Kerry wird Kubas Status als "Schurkenstaat" überprüfen. Sollte dieser aufgehoben werden, könnten einige Sanktionen gegen das Land wegfallen.
  • 53 politische Gefangene sollen freigelassen werden. Die Liste haben die USA selbst erstellt. Außerdem sollen dem Nachrichtensender CNN Geheimdienstmitarbeiter freigelassen werden, die seit 20 Jahren in Haft sind.
  • Kuba wird der Bevölkerung erweiterten Internetzugriff ermöglichen - eine Forderung, die schon länger im Raum steht, um demokratische Reformen im Land voranzubringen.

Historisches Telefonat zwischen Obama und Castro

Die Annäherung erfolgt kurz vor dem Amerika-Gipfel, an dem zum ersten Mal auch Kuba teilnehmen wird. Bei dem Treffen in Panama-Stadt könnte es auch zu einer Begegnung Castros mit Obama kommen. In den vergangen Jahren hat es immer wieder Signale von beiden Seiten gegeben, die Beziehungen wieder aufzunehmen:

Am Dienstag führten dann Barack Obama und der kubanische Staatschef Raúl Castro ein historisches Telefonat. Das knapp einstündige Gespräch sei der erste direkte Kontakt zwischen einem US-Präsidenten und einem kubanischen Staatschef seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen nach der kubanischen Revolution vor mehr als einem halben Jahrhundert gewesen, sagte ein Regierungsvertreter in Washington. Bei der Beerdigung von Nelson Mandela im Dezember 2013 hatten Obama und Castro sich kurz die Hände geschüttelt.

Amerikaner aus humanitären Gründen freigelassen

Kuba hat einen seit 2009 wegen Spionageverdachts inhaftierten US-Bürger freigelassen. Der 65-jährige Alan Gross sei auf Bitten der USA aus humanitären Gründen freigekommen, hieß es aus Regierungskreisen in Washington. Wie der TV-Sender CNN berichtet, habe Gross mehr als 45 Kilogramm Gewicht, einige Zähne und die Sicht auf einem Auge verloren. Zudem seien seine Hüften so geschwächt gewesen, dass er kaum habe laufen können. Gross sei während seiner Haft in Hungerstreik getreten und habe gedroht, sich umzubringen. Mittlerweile ist er in den USA gelandet.

Bei einer Pressekonferenz kurz nach seiner Rückkehr wirkte Gross erleichtert. Er lächelte ein fast zahnloses Lächeln und war trotzdem zu Scherzen aufgelegt. Er freue sich darauf das wohl beste Chanukka seit langem zu feiern. Der Tag seiner Rückkehr fällt mit dem Beginn des jüdischen Lichterfestes zusammen.

Den Kubanern sprach er trotz seiner jahrelangen Gefangenschaft seinen Resepkt und Dank aus. Er bedaure es sehr, dass die Kubaner wegen der Politik zweier Regierungen so unfair behandelt würden.

Gross war 2011 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, weil er illegales Kommunikationsmaterial wie Satellitentelefone an Mitglieder der jüdischen Gemeinde auf Kuba verteilt haben soll. Bei seiner Verhaftung war der IT-Spezialist für seine eigene Firma in Kuba unterwegs - die wiederum ein Subunternehmen der US-Entwicklungsorganisation USAID war. Der Fall hatte der vorsichtigen Annäherung zwischen Kuba und den USA, die mit dem Amtsantritt von Obama im Januar 2009 eingesetzt hatte, einen Rückschlag versetzt. Seit 1961 unterhalten die beiden Länder keine diplomatischen Beziehungen.

Im Austausch für Alan Gross hatten die USA drei kubanische Gefangene freigelassen. Sie gehören zu der so genannten "Kubanischen Fünf", einer Gruppe von kubanischen Geheimdienstmitarbeitern. Sie waren 2001 wegen Spionage verurteilt worden.

Papst spielte zentrale Rolle bei Annäherung

Die Freilassung von Alan Gross ist auch Papst Franziskus zu verdanken. Er hatte Barack Obama und Raúl Castro in einem Brief gebeten, den Fall von Gross neu zu verhandeln. Der US-Präsident dankte Franziskus in seiner Rede dafür. Ein Regierungsvertreter hatte zuvor angedeutet, der Vatikan habe auch eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen insgesamt angemahnt. Damit habe der Papst einen wichtigen "Anstoß für uns gegeben, einen Schritt weiterzugehen". Viele Gespräche haben laut CNN in Kanada stattgefunden. Kanada hat normale diplomatische Beziehungen zu Kuba; die Insel ist bei kanadischen Touristen extrem beliebt.

Linktipp: Wie Raul Castro auf Kuba wirtschaftliche Reformen eingeleitet hat und was dies für den Alltag der Kubaner bedeutet, lesen Sie in dieser SZ-Reportage aus dem Juni 2014.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: