Zentralratspräsident Schuster zu Pegida:"Angst vor Islam wird instrumentalisiert"

Josef Schuster

Die Angst vor islamistischem Terror werde "instrumentalisiert", sagt Zentralratspräsident Josef Schuster.

(Foto: AFP)
  • Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat die Muslime in Deutschland in Schutz genommen.
  • Schuster warnt vor Pegida: "Die Bewegung ist brandgefährlich", sagte er der Welt.
  • Der Zentralrat der Muslime in Deutschland, Mazyek, fordert dazu auf, sich mit den Ängsten der Pegida-Demonstranten auseinanderzusetzen.
  • Bayerns Ministerpräsident Seehofer spricht sich in der Passauer Neuen Presse gegen eine Vorverurteilung der Pegida-Demonstranten aus.
  • Die Ankündigungen neuer Demonstrationen der islamfeindlichen Bewegung werden von der katholischen Kirche mit Unbehagen gesehen.

Zentralrat der Juden stellt sich hinter Muslime in Deutschland

Vor dem Hintergrund der islamfeindlichen Proteste hat der Zentralrat der Juden die Muslime in Deutschland in Schutz genommen. Der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster sagte der Zeitung Die Welt, die Angst vor islamistischem Terror werde "instrumentalisiert", um eine ganze Religion zu verunglimpfen. Das sei "absolut inakzeptabel".

In den vergangenen Wochen waren Tausende Menschen in Dresden einem Aufruf der islamfeindlichen Bewegung Pegida gefolgt, um gegen eine angebliche Islamisierung des Abendlandes zu protestieren und eine schärfere Asylpolitik zu fordern. Das Bündnis hat mittlerweile Ableger in mehreren Städten.

Schuster: Sicherheitsbehörden seien längst alarmiert

Schuster sagte dem Blatt, der islamistische Extremismus müsse ebenso ernst genommen werden wie andere extremistische Strömungen. Die Sicherheitsbehörden seien aber "längst alarmiert". Von wenigen Islamisten darauf zu schließen, in Deutschland drohe der Islam als Staatsreligion, sei "so absurd", wie aus der Existenz von Rechtsextremisten zu schlussfolgern, es werde "die NS-Diktatur wieder errichtet".

Schuster kritisierte die Pegida-Proteste vor diesem Hintergrund scharf. Die Demonstranten dürften "auf keinen Fall" unterschätzt werden. "Die Bewegung ist brandgefährlich. Hier mischen sich Neonazis, Parteien vom ganz rechten Rand und Bürger, die meinen, ihren Rassismus und Ausländerhass endlich frei ausleben zu dürfen", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden der Zeitung.

Mazyek: Politik muss soziale Ängste der Menschen ernstnehmen

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat dazu aufgerufen, sich intensiver mit den Anhängern der islamfeindlichen "Pegida"-Demonstrationen auseinanderzusetzen. Er habe zwar kein Verständnis für anti-muslimische Parolen, sagte der Vorsitzende des Zentralrats, Aiman Mazyek, im RBB-Inforadio. Mit den Ängsten der Menschen, die sich an den Demonstrationen beteiligen, müsse man jedoch umgehen.

Das Wort Islamisierung werde bei den "Pegida"-Veranstaltungen nur als Deckmantel benutzt, betonte Mazyek. Die Ängste, die die "Pegida"-Anhänger umtrieben, seien die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich, der mögliche Verlust des eigenen Arbeitsplatzes und ihrer Renten. Vor allem die Politik müsse sich mehr um die sozialen Sorgen der Menschen kümmern.

Seehofer: Demonstranten nicht über einen Kamm scheren

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) warnte hingegen im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse vor einer Vorverurteilung der Demonstranten. "Das sind weiß Gott nicht alles Nazis", sagte er. Zwar könnten die Pegida-Rädelsführer "dem rechtsradikalen Spektrum" zugeordnet werden. Wenn jedoch Tausende Menschen auf die Straße gingen, müsse man sich um "das, was diese Menschen an Ängsten im Herzen tragen, kümmern".

Nötig seien daher eine "gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf die europäischen Länder", mehr Personal in den zuständigen Bundesbehörden sowie ein besserer Schutz der EU-Außengrenzen, sagte Seehofer. Bayern werde diese Aufgabe "mit allem Nachdruck" angehen, "sonst nimmt der Unmut in der Bevölkerung zu".

Am kommenden Montag wollen die Pegida-Anhänger in Dresden auf die Straße gehen. Diesmal sollen auch gemeinsam Weihnachtslieder gesungen werden.

Kirchen distanzieren sich von Pegida

In der katholischen Kirche wird die Ankündigung mit Unbehagen gesehen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, appellierte an die politische Verantwortung jedes Einzelnen. Marx will Katholiken jedoch nicht verbieten, an Demonstrationen der Anti-Islam-Bewegung teilzunehmen: "Es gibt dazu keine oberhirtlichen Anweisungen." Jeder müsse überlegen, "hinter welchen Transparenten er herläuft". Marx warnte aber davor, "Pegida" zu einer Bewegung hochzustilisieren.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, rief dazu auf, das rechtspopulistische Bündnis strikt abzulehnen. Bei pauschalen Angriffen auf eine Religion, Flüchtlinge oder Asylbewerber "müssen wir in aller Klarheit Nein sagen", verlangte Bedford-Strohm im Interview der Deutschen Welle.

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