Occam Deli:Der Geschmack der Lower East Side

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Das Restaurant "Occam Deli" in der Feilitzschstraße ist für sie der perfekte Ausgangspunkt für einen Bummel durch Schwabing. (Foto: Florian Peljak)

Liebevoll angerichtete Vorspeisen, raffinierte Hauptgänge und deftige Überraschungen: Das Occam Deli in Schwabing ist Feinkostladen und Restaurant in einem - und orientiert sich an berühmten New Yorker Vorbildern.

Von Pep Rooney

Wer irgendwann mal nach New York kommt und halbwegs kulinarisch interessiert ist, der kommt an einem Besuch im berühmten Katz's Deli nicht vorbei. Das 127 Jahre alte Feinkostgeschäft in der Lower East Side ist der berühmteste der New Yorker Delikatessenläden. Hierher pilgern Touristen aus aller Welt, um einzukaufen oder ein Pastrami-Sandwich und andere Spezialitäten zu essen.

Deli ist - wie nicht schwer zu erraten ist - die Abkürzung von Delikatessen. In den Delis kaufen die New Yorker Lebensmittel ein, sie können dort frühstücken, lunchen oder zu Abend essen. Auf der Karte stehen meist Gerichte der jüdischen, amerikanischen, italienischen, französischen oder orientalischen Küche - Kulturen übergreifende Kost also, oder, wie es im kulinarischen Neusprech so schön heißt: Fusion-Food.

Kleine feine teure Delikatessen

Hierzulande gibt es ähnliche Konzepte natürlich auch. In München lassen sich zum Beispiel bei Dallmayr Einkaufen und Schlemmen wunderbar miteinander verbinden. Dennoch wundert es ein bisschen, dass es so lange gedauert hat, bis es auch die amerikanische Deli-Idee nach München schaffte. Vor gut einem Jahr hat die Wirtsfamilie Thatenhorst, die in München mehrere Lokale betreibt (unter anderem den Kaisergarten und das Theresa), das Occam Deli eröffnet, dessen Name sich von seiner Lage an der Ecke Occamstraße ableitet. Der schlicht aber gemütlich eingerichtete Laden orientiert sich explizit an den New Yorker Vorbildern.

Anders als Dallmayr bietet man hier keine schier unüberschaubare Auswahl an Spezialitäten an, sondern ein kleines Sortiment an feinen - und teuren - Lebensmitteln, die man sonst nicht überall bekommt. Wer kein Problem damit hat, für ein halbes Pfund Maldon-Meersalz acht Euro auszugeben, für einen halben Liter Olivenöl von Juscomte 20 Euro oder für 500 Gramm Madras-Kaffeebohnen 12,50 Euro, bekommt die Sachen hier. Es gibt eine Tageskarte mit Frühstücksangebot, eine wechselnde Mittags- und eine nicht zu überladene Abendkarte.

Liebevoll angerichtet und überzeugend

Zu Letzterer vorweg: Schon die liebevoll angerichteten Vorspeisen, die hier Delis genannt werden, sind einen Besuch im Occam Deli wert. So hätte die Kombination aus mariniertem Butternut-Kürbis mit Ziegenkäse und Passionsfrucht (8,50 Euro) auch alleine überzeugt. Doch der feine Clou kam von dem erdigen Geschmack sparsam obendrauf drapierter Rote-Beete-Sprossen und dem dazu gereichten würzigen Shortbread mit Pinienkernen.

Mit einem Veltliner vom Weingut Steininger aus dem österreichischen Kamptal (O,2 Liter für sieben Euro) stellte sich erst recht ein Wow-Effekt ein. Butterzart war auch die confierte Gänsebrust (9,50 Euro) die mit Blaukraut-Mandarinen-Salat, Macadamia-Nüssen und Tamarinden-Jus serviert wurde - Fusion food at its best würden hierzu Amerikaner vielleicht sagen. Dazu passte die samtige Cuvée "Roter Oktober" vom Weingut Seher aus dem Weinviertel (0,2 Liter für acht Euro) perfekt.

Für geteilte Meinung am Tisch sorgte das Vitello Tonnato für 9,50 Euro, das nicht wie sonst üblich in Scheiben angerichtet, sondern als Pastete an frischem Thunfisch-Tartar gereicht wurde. "Braucht's des wirklich?" war die eine Meinung. "Ja, des braucht's" die andere.

Beim ebenfalls aus der italienischen Küche abgeleiteten und als "Raviolo" verkauften Bresaola, das gerollt und mit getrockneten Tomaten, Frischkäse und Rucola gefüllt serviert wurde, war man sich dann wieder einig: Neun Euro für drei Häppchen mag viel sein, dafür kommt der 08/15- Italiener um die Ecke auch nicht auf die Idee, die Geschmäcker so zu verbinden. Weitaus konventioneller war indes die Pastinakencremesuppe von der Tageskarte, die trotz orientalischer Dukkah-Gewürzmischung etwas langweilig schmeckte (5,50 Euro).

Bei den Hauptspeisen setzte sich die Raffinesse fort. Zart und rosig war das Rinderfilet auf Wurzelgemüse, mit Maronen und Polenta-Croûtons (24 Euro). Geschmacklich überraschend, wenn auch für manchen Gaumen ein wenig zu trocken war das Kartoffel-Gratin mit pochiertem Ei, schwarzen Trüffeln und - der Trick - Grünkohl für 14,50 Euro. Eine nette Idee wäre auch das Heilbutt-Filet in der Lebkuchenkruste (19,50 Euro) gewesen, wenn der Fisch an manchen Stellen nicht noch fast roh gewesen und der Lebkuchengeschmack nicht einen Tick zu penetrant ausgefallen wäre - Punktabzug für die Ausführung.

Highlight aus der jüdisch-koscheren Küche

Ein echtes deftiges Highlight dagegen war das üppige Pastrami-Sandwich mit Coleslaw für 14,50 Euro. Pastrami stammt aus der jüdisch-koscheren Küche und besteht aus dünnen, geräucherten und marinierten Rindfleischfetzen. Und wer es hier probiert, wird sagen: Der Deli hat seinen Namen redlich verdient.

Wirklich zu meckern gibt es also nicht viel am Occam Deli. Auch nicht an den Desserts wie der Schokoladen-Tonkabohnen-Crème-Brûlée mit Cranberry-Relish (6,50) und der Schoko-Schnitte mit Birnensorbet und Kumquats (6,50). Nur der Service war beim ersten Besuch arg lässig, sodass man zwar gerne mehr konsumiert hätte, aber nicht richtig zum Bestellen kam. Beim zweiten Mal war die Situation komplett anders: freundlicher, schneller, kompetenter Service. Aber Letzteres sollte immer der Fall sein, auf Kontinuität sollte das Occam Deli hier aufpassen.

© SZ vom 08.01.2015/ schub - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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