Innenminister de Maizière zum Angriff auf "Charlie Hebdo":"Terroristische Anschläge haben nichts mit dem Islam zu tun"

  • Angesichts des Anschlags auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo warnt Innenminister Thomas de Maizière vor populistischen Kräften, die Muslime unter Generalverdacht stellen.
  • De Maizière verteidigt das Ende der italienischen Seenotaktion "Mare Nostrum", die nach dem Flüchtlingsunglück vor Lampedusa ins Leben gerufen wurde - diese sei zwar gut gemeint gewesen, aber "objektiv auch Beihilfe zum Schlepperwesen".
  • Ein umfassendes Zuwanderungsgesetz hält der Minister für überflüssig. Er bestätigt Pläne, Asylverfahren zu beschleunigen.

Von Stefan Braun, Berlin

De Maizière warnt vor Generalverdacht gegen Muslime

Unter dem Eindruck des Attentats von Paris hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor populistischen Brandstiftern in Deutschland gewarnt. Der CDU-Politiker sagte der SZ: "Terroristische Anschläge haben nichts mit dem Islam zu tun." Anschläge wie der von Paris richteten sich gegen die gesamte Gesellschaft und ihre Werteordnung. Gerade die Menschen, die aus den Bürgerkriegsregionen Syriens und des Iraks nach Deutschland kämen, seien dem Terror entflohen und dürften nun nicht ihrerseits in Verdacht geraten, nur weil sie Muslime seien.

Mit Blick auf die antiislamischen Pegida-Demonstrationen sagte er: "Wir lassen uns nicht von Pegida unsere politische Agenda aufzwingen." Pegida sei nicht der Nabel der Welt, er könne nur davor warnen, "wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren, ob die Zahlen der Demonstranten ein bisschen steigen oder fallen".

Innenminister Thomas de Maizière im Wortlaut

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"Mare Nostrum" sei "Beihilfe zum Schlepperwesen" gewesen

Zugleich verteidigte der Minister trotz der dramatischen Flüchtlingsbilder auf dem Mittelmeer das Ende der italienischen Seenotrettungsaktion "Mare Nostrum". Diese sei zwar gut gemeint gewesen und aus humanitären Gründen entworfen worden. Trotzdem sei "Mare Nostrum" "objektiv auch Beihilfe zum Schlepperwesen" gewesen. Die Schlepper hätten die Flüchtlinge in furchtbare Boote gepackt und losgeschickt und wenig später die italienische Marine angerufen, sie möge sie retten. Das habe den Schleppern geholfen, Milliardengewinne zu erzielen.

Nun bemühe sich die EU zum ersten Mal, mit einem umfassenden Ansatz auch die Herkunfts- und Transitländer in eine Lösung mit einzubeziehen. Dabei verwies er auf Überlegungen, in nordafrikanischen Mittelmeeranrainerstaaten sogenannte Willkommenszentren zu schaffen. Sie könnten von der EU finanziert und vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geführt werden. Ziel sei es, dort den Bürgerkriegsflüchtlingen schnell zu helfen, auch bei der Überfahrt nach Europa, und anderen, die als Armutsflüchtlinge nach Europa wollten, zügig ihre geringen Chancen bewusst zu machen.

Kein Bedarf an umfassendem Zuwanderungsgesetz

Ein umfassendes Zuwanderungsgesetz wird es laut de Maizière mit ihm nicht geben. Der Bedarf daran habe sich "positiv erledigt", da es inzwischen genügend Möglichkeiten für gut ausgebildete Fachkräfte und Akademiker gebe, mit festen Arbeitsplätzen nach Deutschland zu kommen. "Ich würde die Einführung eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild deshalb als Rückschritt empfinden", betonte der CDU-Politiker.

Der Minister bestätigte zudem Pläne, die Asylverfahren für bestimmte Bewerbergruppen weiter zu beschleunigen. Das gelte sowohl für Bewerber, die wie Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien schnell anerkannt würden - als auch für Asylsuchende aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, die kaum Chancen auf eine Anerkennung hätten. Die Vorschläge der CSU dazu seien aus seiner Sicht "absolut nichts Neues", so de Maizière. "Der Wind, der da gemacht wird, von wem auch immer, ist in Wahrheit gar keiner."

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