Deutschland bei der Handball-WM:Mit Lichtlein geht das Licht an

Qatar 2015 M9 POL vs GER

Stark in der Wüste: DHB-Torwart Carsten Lichtlein.

(Foto: dpa)

Überzeugender Start der deutschen Handballer bei der WM in Katar: Gegen Polen siegt das DHB-Team verdient 29:26. Die Einwechslung eines Torhüters sorgt für die Wende - auch die Spieler des FC Bayern schauen zu.

Von Joachim Mölter, Doha

Im Sport spricht man gerne von einem Kampf auf Biegen und Brechen, genau so etwas war auch das Auftaktspiel der deutschen Handballer gegen Polen bei der WM in Katar. "Wir konnten die Deutschen nicht brechen", sagte hernach der polnische Rückraumspieler Piotr Chrapkowski. Immer wieder war die Partie ausgeglichen gewesen, immer wieder hielt die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) dem Druck stand, am Ende gewann sie 29:26 (17:13). "Ich freue mich über den Sieg, vor allem nach der Vorgeschichte", sagte DHB-Kapitän Uwe Gensheimer, der sieben Tore beigesteuert hatte, darunter vier Siebenmeter. "Ich habe Stimmen aus Polen gehört", erklärte er, "die gesagt haben, ihr gehört nicht zur WM."

Die deutschen Handballer waren ja eigentlich im vorigen Sommer in der WM-Qualifikation an Polen gescheitert, durch zwei knappe Niederlagen (24:25 und 28:29); zu dem Turnier am Persischen Golf durften sie nur dank einer Wildcard des Weltverbandes IHF. Es hat schon einmal so eine Konstellation gegeben, wo ein deutsches Handball-Team zu WM-Beginn auf Polen getroffen ist, nachdem es zuvor in der Qualifikation an diesem Gegner gescheitert war. 2005 war das, bei den Frauen. In St. Petersburg gewann damals für Taiwan nachgerückte DHB-Auswahl 33:21, die Qualifikation hatte sie deutlich verloren. Manche sahen das als gutes Omen für das Wiedersehen der Männer, andere glaubten eher an die Fußball-Weltmeister des FC Bayern als Glücksbringer.

Manuel Neuer, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller und einige andere nutzten am Ende des Trainingslagers in Doha ihre Freizeit vor der Abreise zu einem Testspiel nach Saudi-Arabien, um den Handballern live die Daumen zu drücken. Vor einigen Tagen hatten die Handballer bereits eine Videobotschaft mit Glück-Wünschen von den Kickern bekommen. "Wir freuen uns auf den Besuch", sagte Teammanager Oliver Roggisch vor der Partie: "Das ist ein zusätzlicher Ansporn. Wir wollen den Fußball-Weltmeistern ein gutes Handball-Erlebnis verschaffen." Das gelang ihnen. "Das war schon klasse", fand Thomas Müller: "Nur Robert Lewandowski konnte auf der Tribüne nicht so mitfeiern." Manuel Neuer sagte: "Hoffentlich machen die Jungs so weiter. Für uns war's ein tolles Erlebnis."

Sigurdsson entscheidende Einwechslung

Der neue Bundestrainer Dagur Sigurdsson ist freilich keiner, der an Omen und Glücksbringer glaubt. Für den Isländer, der sein Amt im September als Nachfolger des, nun ja, glücklosen Martin Heuberger angetreten hat, ist Glück nur das Zusammentreffen von Vorbereitung und Gelegenheit. "In der Vorbereitung haben wir gut gearbeitet", bilanzierte er, am Freitag nutzten seine Spieler dann die Gelegenheit zur Revanche gegen Polen.

Vor der Partie hatte Sigurdsson Torwart Alexander Wolff und Linksaußen Matthias Musche als letzte Spieler aus dem Aufgebot gestrichen, dafür Erik Schmidt (2,04 Meter) und Jens Schöngarth (2,03) behalten - ein deutliches Zeichen, wie er dem wurfgewaltigen Gegner beikommen wollte: mit einer schwer zu überspringenden Abwehrmauer. Ein Plan, der aufging. Gensheimer sprach jedenfalls ausdrücklich vom "guten Abwehrblock mit Torwart Carsten Lichtlein dahinter" als Basis des Erfolgs.

Dabei schien es zunächst so, als würde es so weitergehen, wie es im Juni aufgehört hatte. Aus dem Rückraum knallten die Polen den Deutschen die Bälle wuchtig ins Netz, allen voran der ehemalige Bundesliga-Profi Krzysztof Lijewski (sieben Tore). Erst nach fast zehn Minuten gelang es Torwart Silvio Heinevetter, einen Wurf abzuwehren; nach weiteren zehn Minuten, beim Stand von 10:10, reagierte Trainer Sigurdsson und schickte Lichtlein ins Tor. Damit nahm die Partie eine Wendung. Die Polen trafen weniger, die Deutschen hingegen weiterhin, vor allem Linkshänder Steffen Weinhold, der mit neun Treffern erfolgreichste Schütze der Partie.

Zur Pause führten die deutschen Handballer 17:13, "aber wir wussten, dass das nicht so weitergeht", gab der viermalige Torschütze Patrick Groetzki zu und erinnerte an die verlorenen Qualifikationsspiele gegen Polen: Auch damals hatten sie zur Halbzeit geführt, mit drei bzw. vier Toren.

Zu Beginn des zweiten Durchgangs kamen die Polen tatsächlich wieder heran, "da haben wir unseren Vorsprung schnell und leichtfertig hergegeben", sagte Kapitän Gensheimer selbstkritisch. Er selbst war bei doppelter Überzahl zweimal an Polens Keeper Piotr Wyszomirski gescheitert, erst bei einem Siebenmeter, dann frei von Außen. Anschließend gestattete die ansonsten solide Abwehr leichte Gegenstoßtore - plötzlich stand es 20:20 (42.). Erst in den letzten fünf Minuten sicherten sich die Deutschen den Erfolg. "Es war wichtig, dass wir da ruhig geblieben sind", fand Steffen Weinhold. "Wir haben gut zusammengehalten in den schwierigen Phasen", lobte Sigurdsson seine Mannschaft.

Der Isländer war gedanklich schon beim Spiel am Sonntag (17 Uhr/Sky) gegen Russland, das am Freitag 27:17 gegen Saudi-Arabien gewann. Es ist die nächste Gelegenheit, das Glück zu erzwingen.

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