Hamburg-Harvestehude:Gericht stoppt Bau von Flüchtlingsheim in Villenviertel

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Das ehemalige Kreiswehrersatzamt an der Sophienterrasse in Hamburg-Harvestehude. (Foto: Bodo Marks/dpa)
  • Das Verwaltungsgericht Hamburg gibt einem Eilantrag von Anwohnern gegen den Bau eines Flüchtlingsheims in Harvestehude statt.
  • In der Begründung des Gerichts heißt es, die Gegend sei ein "besonders geschütztes Wohngebiet", ein Flüchtlingsheim jedoch keine "reine Wohnnutzung".
  • Das Bezirksamt Eimsbüttel will gegen die Entscheidung Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht einlegen.

Von Hannah Beitzer, Hamburg

Wohin mit den Flüchtlingen? Diese Frage stellen sich viele deutsche Städte derzeit und suchen dringend nach Orten für neue Unterkünfte. So auch Hamburg, ähnlich München eine Stadt mit wenig Platz und teuren Grundstücken. Ein Flüchtlingsheim sollte an der Sophienterrasse im Villenviertel Harvestehude entstehen. Doch das Hamburger Verwaltungsgericht gab nun einem Eilantrag von Anwohnern statt und verfügte einen Baustopp.

Die Kläger, deren Grundstücke im gleichen Baublock wie das geplante Heim liegen, können sich dem Gericht zufolge auf den sogenannten "Gebietserhaltungsanspruch" berufen. Laut Bebauungsplan liege das ehemalige Kreiswehrersatzamt, das bereits seit November umgebaut wird, in einem "besonders geschützten Wohngebiet".

Bezirksamt Eimsbüttel legt Beschwerde ein

"Bei der Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen in der vorgesehenen Art und Weise handelt es sich nicht um eine Wohnnutzung im engeren Sinne, sondern um eine wohnähnliche Nutzung in einer sozialen Einrichtung", schreibt das Verwaltungsgericht in seiner Begründung des Urteils. Die Flüchtlinge seien schließlich nicht freiwillig dort, auch wohnten sie nicht dauerhaft in dem Heim. Außerdem fehle es an Intimität. All das spreche gegen eine Wohnnutzung.

Das Bezirksamt Eimsbüttel will nun vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes einlegen.

Das unterstützt auch die regierende SPD. "Wir müssen in ganz Hamburg die Herausforderung der Unterbringung von Flüchtlingen gemeinsam stemmen. Das gelingt nur, wenn alle Quartiere einen Beitrag leisten - auch und gerade vermeintlich besser gestellte Stadtteile", sagt SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. In vielen Stadtteilen gelinge das bereits, in Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern und den Bürgern vor Ort. "Angesichts der Not vieler Flüchtlinge sollte sich jeder fragen, ob der eigene 'Gebietserhaltungsanspruch', auf den das Verwaltungsgericht in Harvestehude seine Entscheidung gegründet hat, auch mal zurückstehen kann."

"Bitter für die gesamte Stadt"

Die Pläne für das Flüchtlingsheim hatten in Harvestehude für viel Aufregung gesorgt. Anwohner befürchteten Kinderlärm, eine steigende Kriminalität, Parkplatznot und mehr Autoverkehr. Gleichzeitig hatte sich eine Bürgerinitiative gebildet, die Flüchtlinge in Harvestehude willkommen heißt - und bereits Monate vor dem geplanten Einzug Hilfe für sie organisierte.

"Die heutige Entscheidung ist bitter für die gesamte Stadt", kommentiert Katharina Fegebank, die sozialpolitische Sprecherin der Grünen in Hamburg, den Baustopp. Einige Stadtteile hätten in den vergangenen Wochen mehrere hundert Flüchtlinge aufgenommen - ohne Proteste und Anwohnerklagen. "Es kann nicht angehen, dass sich einer von Hamburgs reichsten Stadtteilen aus der Verantwortung klagt."

Die CDU sieht hingegen die Schuld bei der SPD. Der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerschaftsfraktion, Roland Heintze, sagt: "Letztes Jahr wurde von den Anwohnern immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bebauungsplan rund um die Sophienterrasse ein Flüchtlingsheim wahrscheinlich nicht zulässt." Bezirk und Senat hätten immer abgewiegelt. "Jetzt ist das Geld für den Umbau des Hauses erst einmal versenkt", sagt Heintze. "Die ganze Diskussion hätte sich die SPD sparen können, wäre sie weniger arrogant und selbstgefällig aufgetreten."

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