Neuer Konzertsaal in München:Seehofers Radikallösung für den Gasteig

Eröffnung des Münchner "Kulturzentrums am Gasteig", 1985

Die Philharmonie im Gasteig: Zur Eröffnung 1985 dirigiert Sergiu Celibidache den "Feierlichen Einzug" von Richard Strauss.

(Foto: AP)
  • Am Montag will Horst Seehofer mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter über den geplanten neuen Konzertsaal reden - und dabei offenbar eine radikale Lösung präsentieren.
  • Sie läuft auf Abriss und Neubau einer Philharmonie am Gasteig hinaus.
  • Diese maximale Lösung dürfte auf maximalen Widerstand an vielen Stellen stoßen.

Von Christian Krügel

In der jahrelangen Debatte um einen neuen Münchner Konzertsaal zeichnet sich eine radikale Lösung ab. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung präferiert Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Abriss der Philharmonie am Gasteig und einen kompletten Neubau an selber Stelle - gemeinsam finanziert von Stadt und Freistaat. Die Pläne für ein neues Konzerthaus im Finanzgarten sollen auf Eis gelegt werden. An diesem Montag will Seehofer mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) über dieses Modell und weitere Varianten reden sowie die nächsten Schritte abstimmen.

Im Rathaus rennt der Ministerpräsident damit offene Türen ein: "Wir sind auf alle Vorschläge des Freistaats vorbereitet, auch auf Maximallösungen", sagt Bürgermeister Josef Schmid (CSU), der für Kultur und für den Gasteig zuständig ist. Allerdings dürfte das Projekt, inklusive Sanierung des restlichen Kulturzentrums, mehr als 400 Millionen Euro kosten.

Seit 2013 ist der Bau eines neuen Saales Regierungsziel

Seit mehr als zehn Jahren gibt es Pläne, ein weiteres Konzerthaus in München zu bauen. Das sollten vor allem die Orchester des Bayerischen Rundfunks (BR) nutzen, die sich derzeit die Philharmonie im Gasteig mit den Münchner Philharmonikern teilen müssen. Da dort auch Umkleide- und Proberäume bei Weitem nicht ausreichen und die Akustik sehr schwierig ist, hatte Ministerpräsident Seehofer 2013 den Bau eines neuen Saales zu einem Regierungsziel erhoben. Nach langen Standortdebatten empfahl eine Expertengruppe des Kunstministeriums im November den Bau eines Konzerthauses im Finanzgarten an der Von-der-Tann-Straße.

Doch Seehofer selbst findet derzeit an einer ganz anderen Idee Gefallen: an einer Zusammenarbeit von Stadt und Freistaat am Gasteig. Im Herbst hatte er dies dem OB vorgeschlagen. "Seehofer will unbedingt die Kooperation mit der Stadt", heißt es aus dem Umfeld der Staatskanzlei. Und er selbst hatte mehrmals betont, dass er nur mit ein paar Reparaturen an der sanierungsbedürftigen Philharmonie nicht zufrieden sei - ein Neubau sei eben ein Neubau.

Kultur-Bürgermeister Josef Schmid findet die Idee reizvoll

Deshalb gilt die radikalste Lösung als die wahrscheinlichste: Der Freistaat beteiligt sich an den Kosten für Abriss und Neubau einer Philharmonie am Gasteig und saniert zugleich den Herkulessaal der Residenz. Im Gegenzug verpflichtet sich die Stadt, dass ihre Münchner Philharmoniker Belegungsrechte in der neuen Gasteig-Philharmonie an die BR-Orchester abtreten und regelmäßig in den Herkulessaal ausweichen.

Von welchen Seiten Widerstand gegen die Pläne kommen dürfte

Weder Seehofer noch Reiter wollen sich vor dem Gespräch am Montag zu den Plänen äußern. Kultur-Bürgermeister Josef Schmid kann der radikalen Lösung aber viel abgewinnen, führe sie doch dazu, "dass wir am Gasteig eine spitzenmäßige Super-Philharmonie" bekämen. Das zuständige Wirtschaftsreferat habe bereits vor Weihnachten eine Beschlussvorlage für den Stadtrat erarbeitet. Darin werden alle Stufen einer Gasteig-Sanierung inklusive Kosten aufgelistet - so auch die Seehofersche Maximallösung.

Demnach würde das Kulturzentrum saniert und die dortige Stadtbibliothek erweitert, der Gebäudeteil der Philharmonie aber entweder völlig entkernt oder aber gleich ganz abgerissen. Damit wäre Platz für einen komplett neuen Saal inklusive Proberäumen. Horst Seehofer hatte von 200 Millionen Euro gesprochen, die der Freistaat für ein Konzerthaus-Projekt zu geben bereit wäre. Sollte es dabei bleiben, seien auch Gesamtkosten von mehr als 400 Millionen Euro durchaus zu stemmen, glaubt Schmid. Er warte auf eine Entscheidung von OB und Ministerpräsident, dann könnte sich der Stadtrat bald mit dem Thema befassen.

Die Bauzeit dürfte drei bis fünf Jahre betragen

Knifflig könnte noch die rechtliche Konstruktion der Lösung werden. Das Gasteig-Kulturzentrum gehört der Stadt nämlich gar nicht. Es ist nur geleast, die Stadt schuldet der Firma AKL in Grünwald noch Raten in Höhe von 55 Millionen Euro und etwa 15 Millionen Euro Restzahlung. Die Summe müsste wohl auf einen Schlag bezahlt und der Leasingvertrag aufgelöst werden, damit sich der Freistaat an dem Projekt beteiligen kann.

Die maximale Lösung dürfte zudem maximalen Widerstand auslösen. Etwa beim BR und den vielen freien Konzertveranstaltern: Mehrere Gutachten waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Interessen der großen Orchester nicht in einer Philharmonie berücksichtigt werden könnten und ein weiterer Saal deshalb sinnvoll sei. Zudem ist völlig unklar, wo klassische Musik gespielt werden kann, solange die Philharmonie abgerissen und wieder aufgebaut wird.

Experten rechnen mit einer Bauzeit von drei bis fünf Jahren. Zudem dürfte es unter den mehr als 18 000 Abonnenten der Philharmoniker Unmut geben: Nach einem Neubau, wie er sich nun abzeichnet, müssten Konzertreihen in den deutlich kleineren Herkulessaal verlegt werden, etliche Abos könnten nicht mehr bedient werden.

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