Streit um Griechenland-Hilfen:Bundesregierung lässt Tsipras auflaufen

Streit um Griechenland-Hilfen: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras bei seiner Pressekonferenz in Nikosia

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras bei seiner Pressekonferenz in Nikosia

(Foto: AFP)
  • Die Bundesregierung will die griechischen Reformfortschritte weiterhin von der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF kontrollieren lassen. Damit geht Berlin auf Konfrontationskurs mit Griechenlands neuem Regierungschef Alexis Tsipras.
  • Der hatte zuvor angedeutet, dass er sich keine finanziellen Hilfen aus Moskau besorgen will. Das sollte die Euro-Partner beruhigen und den zuletzt versöhnlicheren Kurs des linken Politikers fortsetzen.
  • US-Präsident Obama signalisierte derweil Verständnis für die Positionen der griechischen Regierung. Das Land brauche eine Wachstumsstrategie, um seine Schuldenlast zu reduzieren.

Berlin besteht auf Troika

Auf Griechenlands neuen Premier Alexis Tsipras kommen offenbar ungemütliche Verhandlungen in Berlin und Brüssel zu: Deutschland hält nämlich - trotz der schroffen Absage der neuen Athener Regierung - an der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds fest, um die Hilfsprogramme für angeschlagene Euro-Länder zu kontrollieren.

Es gebe "keinen Anlass, von diesem bewährten Mechanismus abzuweichen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz. Es seien auch keine Anhaltspunkte bekannt, die EU-Kommission könne davon Abstand nehmen. Das Finanzministerium betonte, Kontrollen wie die der Troika seien etwa im Vertrag zum Schutzschirm ESM verankert. Dies sei nicht einseitig zu ändern.

Absage an Hilfe aus Russland

Derweil rätseln die Euro-Länder weiter über den Kurs der neuen Regierung in Athen. Denn nach drastischen Parolen gegen den Sparkurs schlägt Premier Tsipras nach der Wahl nun deutlich diplomatischere Töne an: Bei einem Besuch in der zyprischen Hauptstadt Nikosia deutete der Syriza-Chef an, keine finanzielle Hilfe bei der russischen Regierung zu suchen. "Wir sind in Verhandlungen mit den Partnern, die uns Geld geliehen haben. Es gibt keine anderen Pläne", sagte Tsipras der griechischen Zeitung Kathimerini zufolge. Die Nachrichtenagentur dpa zitierte Tsipras mit den Worten: "Es gibt im Moment keinen solchen Gedanken." Griechenlands "einziges und ausschließliches Ziel" sei, die Verhandlungen mit seinen Partnern in der EU erfolgreich abzuschließen, sagte der Premier.

Zuletzt hatte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis angekündigt, die Zusammenarbeit mit der Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission zu beenden. In vielen europäischen Hauptstädten herrscht nun Sorge, aus welchen Quellen sich Griechenland künftig finanzieren will.

Tsipras' Bekenntnis zur Euro-Zone

Tsipras betonte, dass er um die Stabilität des südöstlichen Europas fürchte, wenn Griechenland oder Zypern sich aus dem Euro verabschieden würden. Das wäre ein schwerer Schlag für Europa, erklärte er. "Die Euro-Zone ohne Zypern und Griechenland würde eine Amputation des Südostens Europas bedeuten." Die beiden EU-Staaten seien ein Stabilitätsfaktor im östlichen Mittelmeer - trotz der aktuellen Finanzprobleme.

Finanzminister erklärt Stopp der Privatisierungen

Finanzminister Varoufakis verteidigte in Paris die Pläne der neuen Regierung, geplante Privatisierungen von Staatseigentum auf Eis zu legen. Es sei nicht sehr schlau, das Tafelsilber des Staates zu verscherbeln, sagte Varoufakis der Zeitung Le Monde. In einer deflationären Phase sei es klüger, das Staatseigentum weiter zu entwickeln und seinen Wert zu steigern.

Die neu gewählte Regierung unter Tsipras hatte nach ihrem Amtsantritt in der vergangenen Woche angekündigt, die Privatisierung des Hafens von Piräus bei Athen zu stoppen. Varoufakis machte in dem Interview aber auch deutlich, dass bereits abgeschlossene Privatisierungen nicht rückgängig gemacht würden. Investitionen wie die des chinesischen Staatsunternehmens Cosco seien "sehr positiv für Griechenland", sagte er.

Obama zeigt Verständnis für griechischen Kurs

US-Präsident Barack Obama zeigte in einem Interview Verständnis für das Abweichen der neuen griechischen Regierung vom strengen Sparkurs. "Sie können Länder, die sich inmitten einer Depression befinden, nicht immer weiter ausquetschen", sagte Obama dem Sender CNN. Bei einer Wirtschaft, die sich "im freien Fall" befinde, brauche es vor allem eine Wachstumsstrategie. Nur so könne ein Land seine Schuldenlast reduzieren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: