Karenzzeit für Politiker:Abklingen für den neuen Job

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Sie könnte sich in eine lange Liste von Politikern einreihen, die direkt aus dem Amt in die Wirtschaft gewechselt sind: Katherina Reiche von der CDU (Foto: dpa)
  • Seit mehr als 15 Jahren wird diskutiert, ob Regierungsmitglieder eine Pause einlegen müssen, bevor sie einen Job in der Wirtschaft beginnen. An diesem Mittwoch will die Bundesregierung eine Gesetzesvorlage hierzu beschließen.
  • Künftig sollen dann Bundesminister und parlamentarische Staatssekretäre ein Jahr warten, bevor sie die Seite wechseln.
  • Es wird jedoch keine Zwangspause geben, letztlich soll die Regierung entscheiden, ob im Einzelfall "öffentliche Interessen beeinträchtigt werden".

Von Robert Roßmann, Berlin

Es dürfte nicht viele Gesetze geben, über die so lange diskutiert werden musste, bis sie Wirklichkeit wurden. An diesem Mittwoch will die Bundesregierung die Kabinettsvorlage mit dem etwas sperrigen Aktenzeichen D2-33000/20#1 beschließen. Mehr als 15 Jahre nach dem Beginn der Debatte über Karenzzeiten sollen damit endlich Regeln für den Wechsel von Ministern und Staatssekretären in die Wirtschaft aufgestellt werden. Weder die rot-grüne, noch die schwarz-gelbe Regierung oder Angela Merkels erste große Koalition hatten sich dazu durchringen können. Und Merkels zweite große Koalition brauchte jetzt trotz einer klaren Vorgabe im Koalitionsvertrag 14 Monate, um den Karenzzeiten-Gesetzentwurf ins Kabinett zu bringen. Aber wer bringt sich schon gerne selbst um seine Freiheiten.

Bisher gibt es keine Regeln für Regierungsmitglieder, die in der Wirtschaft wechseln. Ronald Pofalla, Eckart von Klaeden, Dirk Niebel, Philipp Rösler und all die anderen Seitenwechsler der letzten Zeit mussten sich deshalb genauso wenig um Vorschriften scheren wie Gerhard Schröder oder Wolfgang Clement früher. Doch die lange Zeit der Regellosigkeit geht jetzt zu Ende. Künftig soll es mit der Karenzzeit eine Art Abklingzeit zwischen Regierungsamt und neuer Tätigkeit geben. Diese soll in der Regel ein Jahr betragen. In Ausnahmefällen kann auch eine Zwangspause von 18 Monaten verhängt werden.

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Keine Pflicht-Karenzzeit

Mit dem neuen Gesetz solle verhindert werden, "dass durch den Anschein einer voreingenommenen Amtsführung im Hinblick auf spätere Karriereaussichten oder durch die private Verwertung von Amtswissen nach Beendigung des Amtsverhältnisses das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung beeinträchtigt wird", heißt es in dem Entwurf.

Der Gesetzentwurf, den die Regierung am Mittwoch beschließen will, sieht allerdings keine Pflicht-Karenzzeit vor allen neuen Tätigkeiten vor. Die Zwangspause soll nur dann verhängt werden, wenn durch eine schnelle Aufnahme der neuen Beschäftigung "öffentliche Interessen beeinträchtigt werden".

Schlussendlich entscheidet die Regierung

Um das rechtzeitig klären zu können, müssen künftig alle Bundesminister und parlamentarischen Staatssekretäre, die innerhalb von 18 Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Amt einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachgehen wollen, dies vorher "anzeigen". Um Tricksereien zu vermeiden, besteht diese Anzeigepflicht bereits in dem Moment, in dem "eine Beschäftigung in Aussicht gestellt wird" oder ein Regierungsmitglied "mit Vorbereitungen für die Aufnahme einer Beschäftigung" beginnt.

Nach der Anzeige eines möglichen Seitenwechsels soll dann zunächst eine Art Ethik-Kommission über den Fall beraten und der Bundesregierung eine Empfehlung präsentieren. Die Mitglieder dieser Kommission sollen auf Vorschlag der Regierung vom Bundespräsidenten berufen werden. Die eigentliche Entscheidung darüber, ob eine Karenzzeit notwendig ist, trifft dann aber die Regierung, sie ist dabei an den Rat der Kommission nicht gebunden. Ehemalige Regierungsmitglieder, denen eine Karenzzeit auferlegt wird, erhalten zum Ausgleich in dieser Zeit ein Übergangsgeld.

Wie überfällig das neue Gesetz ist, zeigt auch der neueste Fall. Am Montag wurde bekannt, dass die parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium, Katherina Reiche (CDU), Hauptgeschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen werden will.

© SZ vom 03.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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