Sanierung des Gasteigs:"Ein schwerer Schlag für Bayerns Orchesterkultur"

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  • Die Pläne für den Umbau des Gasteig stoßen vor allem beim Bayerischen Rundfunk auf Kritik. BR-Intendant Ulrich Wilhelm hatte stark für einen Neubau geworben.
  • Der Verein der Konzertsaalfreunde fordert, dass die Entscheidung umgehend revidiert wird.
  • Auch die Meinungen aus der Politik sind zwiespältig: Alexander Reissl, Chef der Münchner SPD-Stadtratsfraktion, spricht von einer "guten Lösung". Sepp Dürr, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, hält die Entscheidung für "mutlos".

Von Christian Krügel, München

Die Gasteig-Pläne des Ministerpräsidenten und des Oberbürgermeisters stoßen auf scharfe Kritik - am schärfsten beim Bayerischen Rundfunk. Intendant Ulrich Wilhelm hatte heftig für einen Neubau für seine Orchester geworben. Jetzt spricht er von einem "schweren Schlag für die weltweit berühmte Orchesterkultur Bayerns" und einer "folgenschweren Entscheidung". Schon heute gebe es in München zu wenig Aufführungskapazitäten für klassische Musik, die Orchester des BR "werden dadurch in ihren Entwicklungsmöglichkeiten genauso geschwächt wie alle anderen Orchester und privaten Veranstalter". Wilhelm klagt: "Ich bin sehr enttäuscht über dieses Ergebnis einer zehnjährigen intensiven Debatte."

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München bekommt keinen neuen Konzertsaal - stattdessen wird die Philharmonie am Gasteig saniert. Das haben OB Reiter und Ministerpräsident Seehofer am Montag bekannt gegeben. Bis der Bau fertig ist, müssen Münchens Musikfreunde allerdings viel Geduld haben.

Besonders groß ist die Verärgerung beim BR über Ministerpräsident Horst Seehofer. Dieser hatte auf die Frage, warum der BR in die Gespräche nicht einbezogen worden sei, gesagt, er könne hier "ja keine UN-Generalversammlung" abhalten. Zudem habe er alles mit BR-Chefdirigent Mariss Jansons und Orchestermanager Nikolaus Pont besprochen. Nach SZ-Informationen hatten die beiden tatsächlich kürzlich fast 90 Minuten mit Seehofer geredet - doch am Ende waren sie im Dissens auseinandergegangen. Jansons wollte die aktuelle Entwicklung am Montag nicht kommentieren. Wie auch die Münchner Philharmoniker: Es sei alles gesagt.

Der Verein der Konzertsaalfreunde fordert, dass die Entscheidung umgehend revidiert wird. "Mit dieser Lösung können wir nicht im geringsten zufrieden sein, weil Herr Seehofer die Ratschläge der Experten in den Wind schlägt und in keiner Weise sein Versprechen hält", sagte Vorsitzender Manfred Wutzlhofer. Eine Kommission des Kunstministeriums hatte einen Neubau im Finanzgarten gefordert, wogegen aber Umweltschützer Bedenken hatten. Wutzlhofer schlägt nun einen städtebaulichen Wettbewerb vor, erst dann solle die Staatsregierung entscheiden.

"Der aktuelle Plan ist eine Verschlechterung des Status quo"

Um die Basis ihrer Arbeit fürchten die unabhängigen Kulturveranstalter in München. Noch vor dem finalen Gespräch im Rathaus hatte ihr Verband am Montagmorgen vehement für eine weitere Bühne geworben. "Der aktuelle Plan ist eine Verschlechterung des Status quo", heißt es in einer Presseerklärung. BR-Orchester und Philharmoniker gemeinsam in einem Saal unterbringen zu wollen, bedeute, freie Veranstalter auch von Jazz- und Popkonzerten vor die Tür zu setzen. Die Reaktionen aus der Politik sind zwiespältig. Alexander Reissl, Chef der Münchner SPD-Stadtratsfraktion, spricht von einer "guten Lösung". Markus Rinderspacher, Chef der SPD-Landtagsfraktion, sieht es ganz anders: "Mit einer Scheinlösung wird nun der infrastrukturelle Engpass für das Musikleben Münchens auf Jahre zementiert." Sepp Dürr, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, spricht von einer "mutlosen und für das Ansehen des Kulturstandorts München schädlichen Entscheidung der CSU-Staatsregierung". Es sei fraglich, ob damit das BR-Symphonieorchester seine Spitzenposition halten könne. Thomas Kreuzer, Chef der CSU-Landtagsfraktion, wollte die Entscheidung noch nicht kommentieren: Seine Fraktion wolle sich erst umfassend informieren lassen.

© SZ vom 03.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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