FDP in Hamburg:Sehnsucht nach Sonnenstrahlen

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Katja Suding, Spitzenkandidatin der Hamburger FDP, gibt im Stadtteil Groß Flottbek in Hamburg ihre Stimme für die Bürgerschaftswahl ab (Foto: dpa)

Für die FDP hat die Wahl in Hamburg überragende Bedeutung: Die Partei will zeigen, dass man sie nicht abschreiben darf - und setzt derzeit gerne auch auf junge Quereinsteigerinnen wie Katja Suding.

Von Stefan Braun und Thomas Hahn

Die FDP hat zum Finale so ziemlich alles versucht, was man versuchen kann, um bis zur letzten Minute beim Wähler zu punkten. Sie hat am Freitagabend noch mal ihre beste Mannschaft aufgeboten im Hamburger Wahlkampf. Genauer gesagt: ihr bestes Duo. Der Bundesvorsitzende Christian Lindner bekam den nächsten von gefühlt hundert Einsätzen als Wachredner der Liberalen. Und Wolfgang Kubicki, der bundesweit bekannte Oppositionsführer aus Schleswig-Holstein, spielte die hängende Spitze mit einem kabarettreifen Grundsatzvortrag gegen das politische Establishment. Ein Establishment, das Kubicki als humorfreie Moral-Lobby geißelt. Lindner und Kubicki, jung und älter, Anführer und Unterhalter - die FDP versucht, was ihr möglich ist zum Wahlkampfabschluss.

Auffallend nur, dass die örtliche Spitzenkandidatin Katja Suding zwar auch ihren Auftritt hatte und ihre Aufzählung von "guten Gründen, FDP zu wählen" auch freundlich beklatscht wurde. Dennoch wirkte sie eher wie das Vorprogramm für die anderen beiden. Und so wurde einem bei der Veranstaltung auf dem eleganten Panoramadeck eines Innenstadt-Hotels noch mal vor Augen geführt, dass es bei dieser Wahl für die FDP um viel mehr geht als nur um ein gutes Ergebnis in Hamburg.

Sollte ihr an diesem Sonntag tatsächlich gelingen, was ihr zuletzt von so gut wie allen Umfrageinstituten vorausgesagt wurde, dann könnte man sagen, dass auf die gesamte Partei, die seit zwei Jahren nur gebeutelt, besiegt und als sterbende Spezies belächelt wurde, plötzlich zum ersten Mal wieder ein Sonnenstrahl fallen könnte. Einer, der in den Reihen der Liberalen wie ein Heizstrahler etwas Wärme verbreiten könnte nach einem sehr langen Winter. Hatte es im gesamten vergangenen Jahr nur herbe Niederlagen und weitere Häme gegeben, so könnte Hamburg für die Liberalen zur Hoffnung aufs politische Comeback werden.

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Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl kommt die FDP unter ihrer Spitzenkandidatin Katja Suding laut erster Prognosen auf 7 Prozent der Stimmen. Zuvor bezeichnete Parteichef Christian Lindner Hamburg bereits als Schlüsselwahl. Ist mit diesem Erfolg also die Trendwende geschafft?

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Es geht an Alster und Elbe für die FDP also nicht nur um ein paar Bürgerschaftssitze. Es geht darum, den Anhängern, der Öffentlichkeit und vor allem sich selbst zu beweisen, dass mit der Partei noch nicht alles vorbei ist. Es geht um die Zukunft und deshalb auch um neue Gesichter, die dem wirtschaftsliberalen Geist der abgestürzten FDP neue Frische verleihen.

Spitzenkandidatin Katja Suding taugt nicht besonders zur Stimmungskanone

Dabei setzt die Partei derzeit nicht nur auf Lindner und ein bisschen weniger auf Kubicki. Sie setzt gerne auch auf junge Quereinsteigerinnen. Für die Wahlen in Bremen im Mai hat die FDP die 29 Jahre alte Parteilose Lencke Steiner als Spitzenkandidatin gewinnen können. Sie ist nicht nur Gesellschafterin in einem Verpackungsunternehmen, sondern auch Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbandes "Die jungen Unternehmer". Steiner soll in Bremen gelingen, was Katja Suding, 39, schon vor vier Jahren in Hamburg geschafft hat: die FDP zurück ins Stadtstaat-Parlament bringen.

Die PR-Expertin Suding ist damals selbst ziemlich aus dem Stand vom recht unbekannten Wesen ins Rampenlicht gerückt und schaffte es mit ihrem durchaus einnehmenden Plakatgesicht, die Liberalen aus dem außerparlamentarischen Niemandsland in die Bürgerschaft zu führen. 6,7 Prozent waren damals ein Wert, der den Aufstieg der unerfahrenen Suding auch in der Bundespartei rechtfertigte. Was allerdings auch der Tatsache geschuldet war, dass der damalige Bundeschef Guido Westerwelle ihre Karriere nicht nur verfolgt, sondern früh befördert hatte.

Dabei taugt Suding nicht besonders gut als Stimmungskanone. Bei Veranstaltungen wie am Freitagabend, auf denen Suding neben Rhetorikgrößen wie Lindner und Kubicki auftreten muss, fällt das besonders auf. Sie sagt selbst, dass sie nicht so gern vor großen Menschenmengen redet - was im hart umkämpften Politmilieu eigentlich eine ziemlich ehrliche und mutige Aussage ist. Sie ist eine eher kühle Person. Was sie fühlt, weiß man eigentlich nie so genau. Selbst wenn die Leute sie bei Wahlkampfveranstaltungen mit Applaus überschütten, wirkt sie seltsam hölzern. Knappe Verbeugungen, mechanisches Winken. Sie besitzt derart wenig Talent für Show und Schaumschlägerei, dass es fast absurd anmutete, als sie mit ihrer Bremer Kollegin Steiner und der FDP-Generalsekretärin Nicola Beer auf einem Plakat als "Engel für Lindner" posierte.

Geschadet aber hat ihr das offenbar wenig. Und durchsetzen kann sie sich trotzdem. Noch im Dezember stand die ganze Landespartei in Hamburg vor einem umfassenden Zerwürfnis. Sozialliberal gesinnte Kräfte verließen die Partei, unter anderem die frühere Parteivorsitzende Sylvia Canel, deren emotionales Wesen mit Sudings nüchternem Naturell nicht zusammenpasste. Canel ging, gründete eine Konkurrenzpartei - und schaffte damit in der größten Krise neue Probleme. Immerhin: Mittlerweile herrscht Suding in der Hamburger FDP unangreifbar. Und Canels "Neue Liberale" konnten im Wahlkampf dann doch kaum eine Rolle spielen.

Das wird auch Parteichef Lindner beruhigt haben. In den letzten Tagen hat er sich zwar schon wieder kraftstrotzend gegeben. In Wahrheit aber dürfte er gerade einfach heilfroh sein.

© SZ vom 16.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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