Feinstaub:Europäischen Metropolen droht schlimmere Luftverschmutzung

Feinstaub: Prognostizierte Feinstaubwerte in europäischen Städten im Jahr 2030 - die Werte in den rot markierten Gemeinden überschreiten die zumutbare Grenze dem Modell zufolge

Prognostizierte Feinstaubwerte in europäischen Städten im Jahr 2030 - die Werte in den rot markierten Gemeinden überschreiten die zumutbare Grenze dem Modell zufolge

(Foto: Kiesewetter, et. al., 2015)
  • Forscher prophezeien den Europäern eine anhaltend hohe Feinstaubbelastung. In Metropolen könnte die Luft noch schmutziger werden.
  • Stuttgart, Berlin, München oder Bremen seien "Hotspots" der Feinstaubbelastung in Deutschland.
  • Die Forscher mahnen dringend Reformen an.

Die Feinstaubbelastung wird in Europa bei den gegenwärtigen Bedingungen in vielen Regionen ungesund hoch bleiben. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Wien. Besonders Osteuropa und Großstädte wie Warschau, Paris und Mailand dürften in den kommenden Jahren verstärkt unter Feinstaub leiden, schätzen die Forscher in einer Analyse.

Gegenwärtig verlangt die EU, dass der sogenannte PM10-Wert für Feinstaub an einzelnen Messstellen nicht öfter als 35 Mal im Jahr über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen darf. Denn diese Staubpartikel können wegen ihrer geringen Größe von unter 10 Mikrometern leicht in die Lunge eindringen und im Körper Krankheiten wie Krebs auslösen. Vier von fünf Europäern sind derzeit wohl regelmäßig PM10-Werten ausgesetzt, die über den gesundheitlichen Empfehlungen der WHO liegen. Einige hunderttausende Europäer sterben wegen der Luftverschmutzung vorzeitig jedes Jahr, schätzt die Europäische Umweltagentur EEA.

In Deutschland könnten Metropolen wie Berlin und München "Hotspots" der Luftverschmutzung bleiben

Die Forscher mahnen nun dringend Reformen an: Die Kontrolle der Fahrzeugemissionen sei an vielen Stellen nicht ausreichend, um die gegenwärtigen EU-Grenzwerte einzuhalten, schreiben sie im Fachmagazin Atmospheric Chemistry and Physics. "Weitere Emissionskontrollen sind dringend nötig, um sichere Werte der Luftqualität zu erreichen", schreibt der Leiter der Studie Gregor Kiesewetter in einer Mitteilung der IIASA. "Die derzeitigen Gesetze reichen dazu nicht aus."

Anhand von Modellrechnungen und Luftverschmutzungsdaten von 1850 über den Kontinent verteilten Messstationen wagen die Wissenschaftler eine Prognose. Bleiben die gesetzlichen Rahmenbedingungen unverändert, werde sich die Luftqualität in Europa bis zum Jahr 2030 wohl insgesamt verbessern. Jedoch machen die Forscher einzelne "Hotspots" aus, in denen das Problem bestehen bliebe oder sich sogar verschlimmern könnte. Dazu zählen auch deutsche Städte wie Stuttgart, Berlin, München oder Bremen. In den Großstädten ist das Problem oft hausgemacht, der Kraftverkehr erzeugt einen großen Anteil des Feinstaubs.

EU-weites Vorgehen nötig

In Osteuropa kommt hinzu, dass viele Menschen mit alten Kohleöfen heizen, die vergleichsweise hohe Emissionen abgeben. Hier heben die Forscher Südpolen, Tschechien, die Slowakei und Bulgarien hervor. Städte wie Wien leiden dagegen eher unter ihren Nachbarn - hier stamme der Großteil des Feinstaubs aus der Umgebung oder sogar außerhalb Österreichs. Diese grenzüberschreitenden Phänomene erforderten ein EU-weit abgestimmtes Vorgehen, mahnen die Wissenschaftler.

In einer zweiten Prognose überlegen sie, was passieren würde, wenn die besten Technologien zur Emissionsminderung künftig bei allen Schadstoffquellen eingesetzt würden, also bei Kraftwerken, Fahrzeugen, in der Landwirtschaft und in Haushalten. Ergebnis: In diesem Fall könnten bei 99 Prozent der Messstationen die Grenzwerte eingehalten werden. Dieses Szenario "wäre jedoch mit sehr hohen Kosten verbunden", notieren die Forscher.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: