Küchenzeilen: Waffling:Rohe Waffelgewalt

Foodblog Kathrin Hollmer

Bacon und Hühnchen auf dem Waffeleisen.

(Foto: Illustration: Yinfinity)

Alles, was aus einem Waffeleisen kommt, schmeckt nach gemütlichen Sonntagen. Food-Blogger packen darum auch Fleisch und Gemüse aufs Eisen. Ein Test.

Von Kathrin Hollmer

Ein Stück rohe Hühnerbrust auf ein Waffeleisen zu packen, kostet Überwindung. Es fühlt sich an, wie ein Schnitzel in den Toaster zu schieben oder in der Teekanne Spinat zu blanchieren. Falsch einfach. Ein Waffeleisen ist fluffigen, süßen Teig gewohnt. Kein Fleisch, gewürzt mit Salz und Pfeffer, dessen Fasern in die Rillen kriechen und womöglich alle künftigen Waffeln nach Hühnchen schmecken lassen.

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Im SZ-Kochblog "Küchenzeilen" testet die Autorin Kochtrends und Küchenphänomene, die sie im Netz findet. Hin und wieder erhält sie dabei Hilfe von ihrer Oma, von der sie mehr übers Kochen gelernt hat, als das Internet hergibt.

Auf Twitter, Instagram und Pinterest ist es zu einer Art Sport geworden, alles, was man essen kann, aufs Waffeleisen zu packen: Kekse, Brownies oder Donuts, sogar Gemüse, Tofu, Hühnchen und, ja: Tintenfisch. "Waffling" nennt sich der Trend. Ausgelöst hat ihn der Blogger Daniel Shumski. Auf seinem Blog "Will it waffle" sammelt er Rezepte, die inzwischen auch als Buch erschienen sind.

Unter dem Hashtag #willitwaffle auf Twitter und Instagram findet man Tausende Waffling-Fotos, -Videos und -Rezepte. Food-Blogger bereiten damit Omeletts, Burger-Patties und Quesadillas zu. Sie wärmen darin zusammengefaltete Pizzastücke auf und zweckentfremden das Eisen als Sandwichtoaster. Nicht immer sind die Rezepte ernst gemeint: In manchen Videos quetschen Blogger Fast Food wie Hamburger und Chicken Nuggets hinein, experimentieren mit einem Löffel Nutella oder häufen Macaroni und Käse aufs Waffeleisen, was jeweils eine ungenießbare Sauerei ergibt.

"Wir wollen alle gerne Foodies sein, aber mit möglichst wenig Aufwand. Da ist 'Waffling' perfekt: Es geht schnell und einfach und bringt trotzdem etwas Neues, Unerwartetes in unser Kochen", erklärt der Blogger Daniel Shumski den Trend. "Hühnchen und Tintenfisch schmecken plötzlich anders, nur weil sie im Waffeleisen gebraten werden."

Fleisch mit dem Waffeleisen zu braten als "unerwartet" zu bezeichnen, ist allerdings eine Riesenuntertreibung. Die meisten dürften das ziemlich gewöhnungsbedürftig finden. Oma hat da weniger Berührungsängste. "Wir haben in den Achtzigern schon Fleischpflanzerl im Waffeleisen gebacken", sagt sie. "Und Reiberdatschi." Auf diese Weise wollte man damals Fett sparen: Ein Waffeleisen hat einen ähnlichen Antihaft-Effekt wie eine beschichtete Pfanne. Ein paar Tropfen Öl, die man in die Vertiefungen pinselt, reichen, damit das Fleisch nicht festklebt. Heute ist der Gesundheitsaspekt nicht mehr entscheidend. Es geht mehr um das Gefühl, das Waffeln auslösen.

Knusprig, glänzend und goldbraun

"Die charakteristische Form, die Geometrie des Essens, lässt uns an Waffeln denken, auch wenn wir gerade Huhn essen", sagt Daniel Shumski. Alles, was aus dem Waffeleisen kommt, ist knusprig und warm, glänzend und goldbraun. Und da ist das Aroma. Waffeln verströmen einen Duft nach glücklichen Sonntagen. Deshalb gibt es auch so viele Waffel-Shops an Bahnhöfen und anderen Orten mit erhöhtem Heimwehaufkommen.

Außerdem scheint die Idee, das Waffeleisen endlich öfter zu benutzen, vielen zu gefallen. Ungefähr 363 Tage im Jahr stehen sie im Schrank, nur Fonduetöpfe und Raclette-Grills werden noch seltener benutzt. Aber sich davon trennen? Ist auch keine Option.

Um den Waffling-Trend zu testen, entscheide ich mich für einen grünen Salat mit "Waffled Chicken" (Rezept siehe unten). Die Hühnerbrust liegt inzwischen auf dem Waffeleisen. Kurzes Zögern, dann schließt sich der Deckel. Es zischt, und statt zuckrigem Waffelduft verbreiten sich Grillaromen. Nach vier Minuten ist das Fleisch laut Rezept durch. Es klebt nicht am Gerät fest, dafür haben die Rillen im Eisen, ähnlich wie in einer Grillpfanne, dunkle Streifen auf dem Hühnchen hinterlassen. Es riecht nicht nur gegrillt, es sieht auch so aus und schmeckt sogar danach: saftig, mit angenehmen Röstaromen. Danach lege ich eine Scheibe Bacon aufs Eisen. Und verstehe, warum Speck unter Waffling-Fans so beliebt ist. Er brutzelt verführerisch.

Auch wenn das Saubermachen ziemlich lange dauert, das "Wafflen" macht Spaß. Am besten funktioniert es bei flachen Gebäckstücken wie Zimtschnecken oder Donuts, bei denen der Zucker karamellisiert. Und natürlich bei allem, was mit Käse gefüllt ist, zum Beispiel Sandwiches. Wobei: Den Käse könnte man auch mit einem Sandwichtoaster (noch ein Ding mehr in der Küche!) oder in der Pfanne zum Schmelzen bringen.

Bleibt die Frage, ob man das Fleischaroma wieder aus dem Waffeleisen bekommt. Die klassischen Waffeln, die wir später backen, schmecken zum Glück kein bisschen nach Huhn. Jedenfalls, solange man nicht daran denkt.

Rezept für grünen Salat mit Hühnchen aus dem Waffeleisen

(für zwei Personen) (Quelle: Will It Waffle)

Zutaten:

  • Etwas Öl oder Butter
  • 1 Hühnerbrust (ohne Haut, etwa 250 Gramm)
  • Salz, Pfeffer
  • 1 kleiner grüner Salatkopf (geschnitten, gewaschen und getrocknet)
  • Eine Handvoll Cherrytomaten (gut 100 Gramm)
  • 1 kleine Salatgurke
  • Für das Dressing: 4 Esslöffel Olivenöl, 1 Esslöffel Zitronensaft, 1 Esslöffel Tahini, etwas Salz

Zubereitung:

1. Das Waffeleisen auf mittlerer Stufe vorheizen und mit etwas Öl oder Butter einpinseln.

2. Die Hühnerbrust in einen Gefrierbeutel geben und auf einem flachen Untergrund mit einem Küchenbrett oder einer schweren Pfanne flach drücken, bis das Fleisch etwa zwei Zentimeter dünn ist. Danach das Hühnchen aus dem Beutel nehmen, mit Salz und Pfeffer würzen und auf das heiße Waffeleisen setzen. Das Gerät schließen und das Fleisch darin etwa vier Minuten garen (am besten aufschneiden, um zu prüfen, ob das Fleisch durch ist, oder mit einem Fleischthermometer messen). Das Fleisch herausnehmen, auf ein Schneidebrett legen und abkühlen lassen.

3. In der Zwischenzeit das Gemüse waschen, die Gurke in Scheiben schneiden oder hobeln, die Cherrytomaten halbieren, beides zusammen mit dem Salat in eine große Schüssel geben.

4. Das Fleisch klein schneiden und zum Salat geben.

5. Die Dressing-Zutaten sehr gut mischen, zum Salat geben und vermengen.

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