Berlin:Testfall im Umgang mit Fundamentalisten

Salafisten-Moschee erneut im Fokus

Vielfalt in Gefahr: In der Al-Nur-Moschee im Berliner Bezirk Neukölln sind immer wieder Hassprediger aufgetreten.

(Foto: Paul Zinken/dpa)
  • Der Berliner Bezirk Neukölln will den islamischen Verein verbieten lassen, der die Al-Nur Moschee betreibt.
  • Die Moschee war zuletzt durch die Auftritte fundamentalistischer Prediger aufgefallen.
  • Es könne nicht sein, dass ein Moscheeverein "immer wieder gewaltverherrlichende, menschen- und frauenverachtende Äußerungen in seinen Predigten propagiert und in die Öffentlichkeit trägt", sagte Neuköllns designierte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey.

Von Jens Schneider

Es soll das Zeichen sein, dass eine Grenze überschritten ist. "Hier muss der Staat reagieren", sagt die Sozialdemokratin Franziska Giffey. Die designierte Nachfolgerin von Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky im Berliner Bezirk Neukölln fordert einen klaren Schnitt, sie ist damit nicht allein.

Seit langem schon fällt die Al-Nur Moschee in Neukölln immer wieder durch Auftritte von fundamentalistischen Predigern auf. Zuletzt hatte im Januar der Auftritt eines ägyptischen Imams heftige Proteste und bundesweit Schlagzeilen ausgelöst. Der Imam soll als Gastprediger in der Neuköllner Moschee gepredigt haben, dass eine Frau sich dem Sex mit ihrem Mann niemals verweigern dürfe. Auch sei es ihr nicht erlaubt, das Haus ohne Erlaubnis des Mannes zu verlassen oder einen Beruf auszuüben.

Es dürfte ein Testfall für den Umgang mit fundamentalistischen Gemeinden sein

Als die Predigt bekannt wurde, reagierten viele Berliner Politiker entsetzt. Nun will der Bezirk Neukölln den Verein "Islamische Gemeinschaft Berlin" verbieten lassen, der diese Moschee betreibt. Die Angelegenheit dürfte ein Testfall für den Umgang mit solchen fundamentalistischen Gemeinden werden. Die Bezirksverordnetenversammlung von Neukölln hat jetzt beschlossen, dass die umstrittene Moschee über diesen Verbotsantrag geschlossen werden soll. Die CDU hatte den Antrag eingebracht, er wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Tatsächlich entscheiden muss über das Vereinsverbot allerdings die Senatsverwaltung. Die rechtlichen Hürden dafür sind hoch, da Religionsfreiheit und die Meinungsfreiheit vom Grundgesetz zunächst ausdrücklich geschützt sind. Zugleich soll nach dem Willen des Bezirks die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins geprüft werden.

Immer wieder sind Prediger durch antisemitische Aussagen aufgefallen

Die Moschee wird seit langem vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie wird offenbar als ein Zentrum fundamentalistischer und gewaltbereiter Salafisten eingeschätzt. Immer wieder ist sie auch durch antisemitische Aussagen von Predigern aufgefallen. Im letzten Sommer soll dort ein Prediger für die "Tötung aller Juden" gebetet haben.

Es habe wiederholt Vorfälle gegeben, jetzt sei "das Fass voll", sagte der Fraktionschef der CDU im Bezirk Neukölln, Gerrit Kringel. Die designierte Bezirksbürgermeisterin Giffey sprach von einer Angelegenheit, "bei der es um die Gefährdung des sozialen Friedens in unserem von Vielfalt geprägten Bezirk geht". Es könne nicht sein, dass ein Moscheeverein "immer wieder gewaltverherrlichende, menschen- und frauenverachtende Äußerungen in seinen Predigten propagiert und in die Öffentlichkeit trägt".

Der Moschee-Verein hat sich von dem Prediger distanziert

Grundsätzlich sei jede religiöse Vereinigung, die sich auf dem Boden des Grundgesetzes und der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewege, herzlich willkommen. "Aber wo dieser Grundsatz verletzt wird, muss die Gesellschaft entschlossen etwas entgegensetzen."

Der Moschee-Verein hatte sich zuletzt von den Aussagen des Predigers, der die bedingungslose sexuelle Unterordnung von Frauen gefordert hatte, distanziert und zudem erklärt, dass der Prediger nicht mehr auftreten dürfe. Angesichts der Reihe von Vorfällen beruhigte das die Verbotsbefürworter jedoch nicht. Der Berliner Innensenator Frank Henkel hatte Ende Januar die "frauenverachtende Hasspredigt" als abstoßend bezeichnet. Seine Verwaltung begrüßte den Antrag aus Neukölln. Die Verwaltung hat offenbar bereits begonnen, die Möglichkeit eines Verbots des Vereins zu prüfen.

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