E-Mail-Affäre:Clinton entschuldigt sich für "Bequemlichkeit"

  • Hillary Clinton äußert sich erstmals öffentlich zur Nutzung ihrer privaten E-Mail-Adresse für Dienstzwecke.
  • Die ehemalige Außenministerin betont, kein geheimes Material dort verschickt zu haben. 30 000 private E-Mails habe sie gelöscht und nicht an das Ministerium gegeben.
  • Die Republikaner kritisieren die mögliche Präsidentschaftskandatin und sehen "mehr Fragen als Antworten".

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Die Clintons waren immer gut darin, wie Normalbürger zu wirken. Wie rechtfertigt Hillary Clinton also die Nutzung ihres privaten E-Mail-Kontos für dienstliche Angelegenheiten während ihrer Zeit als US-Außenministerin? "Ich sah es als Sache der Bequemlichkeit."

Diesen Satz kennt jeder Büroangestellte, der schon einmal versehentlich per USB-Stick einen Virus in die Firma geschleust hat oder seinem Team auf Firmenkosten Überstunden-Sushi bestellt hat und sich nun vor dem Chef rechtfertigen muss. Nun ist Hillary Clinton allerdings keine Angestellte, der Ärger oder Abmahnung drohen, sondern die ehemalige amerikanische Oberdiplomatin und mögliche künftige US-Präsidentin.

Die Frage nach dem Umgang von Washingtoner Offiziellen mit ihren dienstlichen E-Mails ist spannend genug - in den Bush-Jahren gingen schätzungsweise 22 Millionen E-Mails verloren, weil Mitarbeiter die Domain gwb43.com (kurz für "George W. Bush, 43. Präsident") verwendet hatten. Der Clinton-Faktor macht die Sache allerdings auch zu einer Episode des politischen Vorwahlkampf-Zirkus, in dem zwischen Skandal und Pseudo-Skandal schwer zu unterscheiden ist.

"Ich habe mich an jede Regel gehalten"

Nachdem die Politikerin bereits vergangene Woche mitteilen ließ, die E-Mails öffentlich machen zu wollen, berief sie am Dienstag kurzfristig eine Pressekonferenz nach einem Auftritt vor den Vereinten Nationen in New York ein. Die amerikanischen TV-Sender dokumentierten den Krisen-Termin, der offenbar intern nicht unumstritten war, gewohnt aufgeregt.

Bei der Bequemlichkeits-Begründung blieb es dabei natürlich nicht. Es wäre besser gewesen, wenn sie getrennte E-Mail-Konten und wie üblich zwei Mobiltelefone verwendet hätte, gab Clinton zu, um dann einzuschränken: Ein Großteil der E-Mails sei an Regierungsmitglieder gegangen, also ohnehin gespeichert und archiviert worden. "Ich habe mich an jede Regel gehalten, die existierte" In der Tat wurde die verpflichtende Archivierung dienstlicher E-Mails von privaten Konten erst nach Clintons Amtszeit eingeführt, ebenso die Richtlinien, nach denen private E-Mail-Konten nur im Notfall zu verwenden seien.

Doch wenn die Präsidentschaftskandidatin in spe sich auch angesichts bohrender Nachfragen souverän und ruhig gab, die Debatte dürfte mit dem Auftritt gerade erst Fahrt aufnehmen. So gab Clinton an, etwa 30 000 dienstliche E-Mails an das Außenministerium gegeben, jedoch etwa 30 000 private Mails gelöscht zu haben, die sich um Angelegenheiten wie ihr Yoga-Programm oder die Hochzeit ihrer Tochter Chelsea drehten. "Niemand möchte, dass seine privaten E-Mails öffentlich werden, und ich denke, dass die Menschen das verstehen und die Privatsphäre respektieren." Zudem erklärte sie, keinerlei "unter Geheimhaltung stehendes Material" über das E-Mail-Konto verschickt zu haben.

Angriffsfläche für die Republikaner

Ob die Entscheidung darüber, was löschenswert ist und/oder der Geheimhaltung unterliegt, wirklich im Ermessen Clintons, ihres Teams und ihrer Anwälte liegt, ist in den Augen von Kritikern zumindest diskutabel. Die Republikaner erklärten sofort, die Pressekonferenz habe mehr Fragen als Antworten aufgeworfen - ein Echo von konservativer Seite, das die demokratische Favoritin im Wahlkampf begleiten dürfte. Dass das Weiße Haus unter Obama strenge digitale Archivierungsrichtlinien für Mitarbeiter einführte, dürfte ihr dabei nicht gerade helfen.

Die digitale Archivierung von Regierungsmails ist bereits seit Mitte der Neunziger ein Thema - es war Bill Clinton, der als Präsident die Einführung eines entsprechenden Sicherungssystems für das Weiße Haus veranlasste.

Anders als seine Ehefrau ist das ehemalige US-Staatsoberhaupt jedoch kein Fan digitaler Post: Er selber habe erst zwei E-Mails in seinem ganzen Leben persönlich verschickt, teilte ein Sprecher auf Anfrage des Wall Street Journal mit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: