Reparationen Deutschlands für Zweiten Weltkrieg:Summe der Schande

40. Todestag Konrad Adenauer

Erster deutscher Bundeskanzler: Konrad Adenauer (CDU)

(Foto: dpa)
  • Die Bundesrepublik zahlte bislang 71 Milliarden Euro für von den Nazis begangenes Unrecht - pauschal an Staaten, aber auch an einzelne Opfer.
  • Die Griechen hatten gleich nach dem Krieg umgerechnet 14 Milliarden Euro gefordert - Deutschland zahlte nur 115 Millionen D-Mark Opferentschädigung.
  • Nirgendwo außerhalb Osteuropas war die deutsche Besatzung so brutal wie in Griechenland, wo damals Hunderttausende Einheimische ums Leben kamen.

Von Joachim Käppner

115 Millionen Mark - das klingt nach viel Geld. Und da es vor einem guten halben Jahrhundert gezahlt wurde, entspricht es heute einer weit höheren Summe, bald einer halben Milliarde Euro. Gezahlt wurde sie, nachdem die Bundesrepublik Deutschland 1960 ein Entschädigungsabkommen mit Griechenland geschlossen hatte. Gedacht waren die 115 Millionen D-Mark für Opfer der NS-Herrschaft.

Von diesen gab es aber viele, sehr viele. Nirgendwo außerhalb Osteuropas war die deutsche Besatzung so brutal. Das Land, das im 19. Jahrhundert den Befreiungskampf der Griechen in philhellenischem Überschwang gefeiert hatte, brachte 1941 bis 1944 den Horror über Griechenland. 80 000 Menschen starben durch "Partisanenbekämpfung", eine Viertelmillion Griechen erlagen Hunger und Erschöpfung, Zehntausende griechische Juden kamen in den Vernichtungslagern um.

Verglichen damit sind 115 Millionen D-Mark Opferentschädigung kein großer Betrag. Die Griechen hatten gleich nach dem Krieg umgerechnet 14 Milliarden Euro gefordert, zum Ausgleich der ungeheuren Schäden durch die Besatzungsherrschaft.

Nach deutscher Rechnung hat die Bundesrepublik bislang insgesamt etwa 71 Milliarden Euro im Zusammenhang mit Entschädigungsleistungen für Naziunrecht gezahlt, knapp 47 Milliarden davon, fast zwei Drittel, nach dem BEG, dem Bundesentschädigungsgesetz von 1956. Dies galt im Wesentlichen aber nur für deutsche NS-Opfer, nicht für ausländische.

Globalabkommen sollte alles ein für allemal regeln

Damals herrschte Kalter Krieg. Die westlichen Siegermächte wollten eine starke Bundesrepublik und hatten, anders als es 1919 der Fall war, gar nicht erst versucht, die deutsche Seite für alle während des Krieges verursachten Schäden haftbar zu machen. Bundeskanzler Konrad Adenauer setzte innenpolitisch aber ein Sonderabkommen mit Israel durch, unterzeichnet 1952 in Luxemburg.

Darin sagte Deutschland wegen des Holocaust drei Milliarden D-Mark als "globale Erstattung der entstandenen Eingliederungskosten für entwurzelte und mittellose jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und den ehemals unter deutscher Herrschaft stehenden Gebieten" zu. Hinzu kamen 450 Millionen D-Mark an die Jewish Claims Conference zur Unterstützung jüdischer Opfer der NS-Verfolgung außerhalb Israels. Später wurde das durch Härtefallregelungen und weitere Sonderleistungen für jüdische Opfer ergänzt.

Die Einigung mit Athen von 1960 war Teil jener "Globalabkommen" zur Wiedergutmachung, die Bonn mit mehreren westeuropäischen Staaten schloss. Wie das Geld an die NS-Opfer ausgezahlt wurde, war Sache der jeweiligen Regierung. Nach der Wiedervereinigung 1990 kamen entsprechende Entschädigungen für die osteuropäischen Staaten hinzu, vor allem für Russland und Polen.

Russland, Weißrussland und die Ukraine erhielten 511,3 Millionen Euro, Polen 255,6. Insgesamt wurden über die Globalverträge etwa anderthalb Milliarden Euro gezahlt, wesentlich weniger als über das BEG für deutsche NS-Opfer. Endgültige Regelungen sollte ein Friedensvertrag bringen, zu dem es aber nicht kam. Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag zur deutschen Einheit sind aus deutscher Sicht völkerrechtlich alle weiteren Ansprüche erloschen.

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