BVB-Aus gegen Juventus:Ende einer Ära

  • Der Untergang gegen Juventus Turin zeigt: Borussia Dortmund hat in der Champions League nichts mehr verloren.
  • In zwei Partien spielte sich der BVB nicht eine Torchance selbst heraus.
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Von Felix Meininghaus, Dortmund

Der Spott kam auf deutsch und in voller Lautstärke, er traf alle Dortmunder wie ein gezielter Schlag in den Magen: "Auf Wiedersehen", schallte es aus dem Block im Norden des Stadions, wo sich die Fans von Juventus Turin versammelt hatten. Darauf hatte die Südtribüne auf der anderen Seite nichts zu erwidern. Was hätte es auch an Sprechchören geben sollen, wenn die Kräfteverhältnisse so einseitig verteilt sind wie an diesem Abend, an dem sich der BVB bis auf weiteres aus der Champions League verabschiedete?

Dabei hatten sich Dortmunds Treue doch mit einer wunderbaren Choreografie auf diese Champions-League-Nacht eingestimmt und 66 000 Zuschauer im Stadion sowie Millionen an den Fernsehgeräten an den größten Triumph am 28. Mai 1997 erinnert, als der BVB in München den Henkelpott in den Himmel streckte.

Und dann: 0:3 verloren im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Juventus Turin. Allein das Zahlenwerk sprach eine so deutliche Sprache, dass es keine Argumente gab, um das Geschehen in irgendeiner Weise schönzureden. Dortmunds Spielführer Mats Hummels sprach von einer "ganz schwachen Leistung von uns, wir sind völlig verdient rausgeflogen".

Wie man auf europäischem Spitzenniveau agiert, zeigte am vorerst letzten Galaabend im Millionen-Wettbewerb nur Juventus Turin. Eine Klassemannschaft, die ganz viel von dem bot, was Borussia Dortmund noch im Mai 2013 bis ins Finale katapultiert hatte.

Das ist gerade mal 22 Monate her, und doch fühlt es sich an, als sei der BVB im beginnenden Frühjahr Lichtjahre von dem entfernt, was ihn in Europa zu einer Kraft machte, die für Begeisterung und Hochachtung sorgte. Aus und vorbei. Trainer Jürgen Klopp sprach in seiner Analyse von einem "herben Rückschlag. So haben wir keine Berechtigung, in der Champions League mitzuspielen."

Wie recht Klopp mit dieser Einschätzung hat, wird deutlich, wenn man die Ergebnisse von 1:2 und 0:3 näher beleuchtet: Nimmt man die 180 Minuten aus den beiden Partien gegen Juve zusammen, gelang es den Dortmundern nicht, sich auch nur eine hochkarätige Gelegenheit selbst zu erarbeiten. Der Treffer durch Marco Reus im Hinspiel entstand dadurch, dass sein Gegenspieler Giorgio Chiellini ausrutschte.

Der Rest war eine spielerische Armut, die bei einer solch hochkarätigen und mit zig Millionen gepimpten Offensivabteilung nur verwundern kann. Klopp ging mit seinen Spielern schonungslos ins Gericht, als er sagte: "Es ist die älteste aller Fußballregeln: Wer nicht schießt, kann nicht treffen." Hamburg, Köln, Turin - drei Mal in Folge ist es der Borussia nun nicht gelungen, ein Tor zu erzielen. Deutlicher als gegen den italienischen Rekordmeister kann es nicht werden.

Es gibt gar keine Chancen mehr

War früher der allzu verschwenderische Umgang mit besten Möglichkeiten als Dortmunder Manko ausgemacht worden, ist es nun wesentlich schlimmer: Es gibt gar keine Chancen mehr. Klopp hat das erkannt, es wirkte, als sehne er sich förmlich zurück nach dem Luxusproblem vergangener Tage: "Uns ist die Konsequenz abhandengekommen", sagt der Trainer: "Das müssen wir ändern. Sofort!"

Das fehlende Vermögen, die Angriffsbemühungen auf den Punkt zu bringen, ist auch Mittelfeldspieler Kevin Kampl nicht verborgen geblieben. "Bis 20 Meter vor dem Tor spielen wir es ganz ordentlich, aber dann suchen wir keinen Abschluss, der letzte Ball wird nicht kontrolliert genug gespielt." Oder, wie es Manndecker Neven Subotic formulierte: "Wir haben es runtergespielt, ohne durchzubrechen."

Borussia Dortmund, eine Mannschaft, die an ihren inspirierten Abenden mit so viel Wucht agierte, hat ihre Überzeugung verloren. Begeisterung, Leidenschaft und das nimmermüde Jagen des Balles - von dem, was den BVB einmal ausgezeichnet hat, sind nur noch Trümmer übriggeblieben.

Es war eine traurige Abschiedsvorstellung und das Ende einer Ära. Ein Umstand, über den Marco Reus eine Stunde nach dem Untergang gegen Juve "noch gar nicht richtig nachgedacht" hatte. Den Nationalspieler und seine Kollegen trieben andere Dinge um: "Wir sind alle ein bisschen geschockt über die Art und Weise, wie wir ausgeschieden sind."

Mats Hummels war in der Bewältigung der Geschehnisse schon einen Schritt weiter: "Alle, die in den letzten Jahren dabei waren, haben spektakuläre Abende erlebt", sagte der Kapitän, bevor er in der Dortmunder Nacht entschwand: "Schade, dass das jetzt für mindestens anderthalb Jahre vorbei ist."

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