Fracking:Bohrloch in der Tagesordnung

Das Kabinett verschiebt Beschlüsse zum Fracking - mal wieder. Die Unionsfraktion hatte gleich eine ganze Liste mit "Änderungs- und Ergänzungswünschen" zusammengestellt.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Bis vorige Woche war noch alles klar. Das Kanzleramt verschickte seine aktuelle Vorhabenplanung, auch die Beschlüsse über das umstrittene Fracking hatten darin ihren festen Platz: "Kabinett 25.03.2015". Das Kabinett verstrich - nur einen Beschluss zum Fracking fasste es nicht. Er wurde in letzter Minute verschoben. Wie einst unter Schwarz-Gelb.

Die Parallelen sind frappierend. Auch damals verhandelten erst die Koalitionsfraktionen von Union und FDP über das Gesetz, auch damals fanden sie keine Einigkeit. Im Frühjahr 2013, wenige Monate vor der Bundestagswahl, blies die Unions-Fraktion das Vorhaben komplett ab. Die Grundidee ist auch immer noch die gleiche: Die umstrittene Technologie soll endlich geregelt werden - bislang nämlich gibt es kaum Vorgaben dafür. Beim Fracking wird unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemie ins Gestein gepumpt. Es soll helfen, Gas aus porösen Gesteinsschichten zu lösen. Förderfirmen versprechen sich davon zusätzliches Geschäft, doch Anwohner plagen Sorgen wegen der Nebenwirkungen. Erdbeben etwa oder Verunreinigungen des Trinkwassers.

Schon vorigen Sommer hatten Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks (beide SPD) Eckpunkte für ein Gesetz vorgelegt, es sah für die "unkonventionellen" Formen der Gasförderung ein Moratorium vor. Bis 2021 wäre es damit verboten gewesen. Nur das bisher schon übliche Fracking in tiefen, konventionellen Bohrlöchern wäre unter Auflagen weiter möglich gewesen; es wird schon seit Jahrzehnten praktiziert. Später verhandelte die Union eine "Expertenkommission" in den Entwurf. Sie soll auch bei unkonventionellen Vorhaben grünes Licht geben können, wenn eine Mehrheit des achtköpfigen Gremiums zustimmt. Nur sind die Koalitionsfraktionen eben immer noch unzufrieden.

Am Dienstag übermittelte die Unionsfraktion gleich eine ganze Liste mit "Änderungs- und Ergänzungswünschen". Umstritten ist etwa die Frage, wie viele Bohrlöcher eine "Probebohrung" haben darf. Die Union würde gerne acht Löcher festschreiben, der SPD geht das zu weit. Auch die Idee, die Vorgaben für die Gasförderung nach der Tiefe der Bohrungen zu differenzieren, stellt die Union infrage. An insgesamt zehn Punkten im Gesetzesentwurf hätte die Fraktion gerne Änderungen.

Widerstände gibt es nicht nur dort. Anfang der Woche etwa fassten die Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen einen eigenen Beschluss, er fordert die Rückkehr zum ursprünglichen Gabriel-Hendricks-Vorschlag - ohne Expertenkommission. "Die SPD will eine wirkungsvolle Moratoriumslösung ohne die Hintertür einer Expertenkommission", sagt Frank Schwabe, der Chefunterhändler der SPD-Fraktion. "Ein Doppelspiel der Union, bei dem die einen intern das Moratorium durchlöchern und die anderen nach außen den Umweltengel spielen, darf es nicht geben." Der Ton wird rauer.

Kommenden Mittwoch soll das Kabinett nun den Beschluss zum Fracking fassen, mit leichter Verzögerung. Das allerdings war vor einer Woche auch schon so geplant.

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