Reaktionen auf McKinsey-Studie:Von Zukunftsangst keine Spur

Lesezeit: 3 min

  • Bayern sei nur mittelmäßig auf die Zukunft vorbereitet, meint eine Studie von McKinsey.
  • Finanzminister Söder und Wirtschaftsministerin Aigner reagieren gelassen: "Das sind Dauerthemen im Kabinett".
  • Die Landtags-Opposition sieht sich in ihren Warnungen dagegen bestätigt.

Von Frank Müller, München

Verschläft Bayern fällige Reformen oder tut es schon längst das Notwendige? Die Studie, mit der die Unternehmensberatung McKinsey den Freistaat nur mittelmäßig vorbereitet auf kommende Herausforderungen sieht, hat am Donnerstag ein lebhaftes und sehr gemischtes Echo in der Landespolitik ausgelöst. Die Opposition, bislang nicht immer an der Seite von McKinsey, sieht sich in Kritik an der Staatsregierung bestätigt. Die wiederum fühlt sich zum Teil falsch dargestellt und missverstanden.

Aufmerksamkeit fand die McKinsey-Analyse, über die die SZ am Donnerstag berichtete, in bayerischen Ministerien und in der CSU-Landesleitung zur Genüge. Die Studie bescheinigt dem Freistaat, dass er auf die großen kommenden Umbrüche durch die Digitalisierung der Gesellschaft, durch neue Formen der Arbeit und globale Krisen nur unzureichend vorbereitet ist.

1 / 6
(Foto: ipad)

Quelle: McKinsey&Company; SZ-Grafik: Hosse

2 / 6
(Foto: ipad)

Quelle: McKinsey&Company; SZ-Grafik: Hosse

3 / 6
(Foto: N/A)

Quelle: McKinsey&Company; SZ-Grafik: Hosse

4 / 6
(Foto: ipad)

Quelle: McKinsey&Company; SZ-Grafik: Hosse

5 / 6
(Foto: ipad)

Quelle: McKinsey&Company; SZ-Grafik: Hosse

6 / 6
(Foto: ipad)

Quelle: McKinsey&Company; SZ-Grafik: Hosse

Dazu klopft McKinsey den Freistaat auf verschiedene Kriterien wie Internetausbau, Bildungsgerechtigkeit und Gründergeist in Unternehmen ab und kommt zu dem Ergebnis: Bayern ist bei der Vorbereitung auf große Umbrüche keinesfalls Weltspitze, wie sonst oft behauptet. Bayerns Erfolgsmodell sei "in Gefahr", lautete das Fazit. Ohne Reformen seien bis zu 40 Prozent der Jobs im Freistaat gefährdet.

Wie die CSU auf die Studie reagiert

Der Befund bringt gerade die Regierungspartei in eine pikante Lage. Denn ihr wird einerseits indirekt bescheinigt, den Freistaat nicht krisenfest positioniert zu haben. Andererseits hatte die CSU selbst sich bereits im Januar erster Ergebnisse aus der Studie bedient. Der neue Chef der CSU-Grundsatzkommission, Markus Blume, bezog sich in Wildbad Kreuth zum Start der Arbeit an einem neuen Parteiprogramm ausdrücklich auf die Analyse. Diese zeige, dass die Politik nicht einfach weitermachen könne wie bisher. Am Donnerstag sagte Blume, er begrüße solche Debatten. Über Detailergebnisse könne man allerdings streiten.

Das fanden auch Regierungsmitglieder. Am Rande des Landtagsplenums äußerten sich Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Finanzminister Markus Söder distanziert. "Wir haben was zu tun, aber das haben wir vorher auch schon gewusst", sagte Aigner. Anders, als von McKinsey behauptet, stehe es um die Gründerszene in Bayern und speziell in München nicht schlecht, sagte sie.

Studie
:McKinsey sorgt sich um Bayerns Zukunft

Die Unternehmensberater von McKinsey haben untersucht, wie gut Bayern für gesellschaftliche Umbrüche gewappnet ist. Das Fazit: Der Freistaat kann mit vielen Regionen nicht mithalten, 40 Prozent der Jobs sind bedroht.

Von Frank Müller

Diese werde auch stark vom Wirtschaftsministerium unterstützt. Wenig anfangen konnte Aigner auch mit dem McKinsey-Befund, in Bayern gebe es ganz besonders große Unterschiede zwischen Groß- und Niedrigverdienern, was schlecht für die soziale Balance sei. "Ich empfinde das nicht so", sagte Aigner. Auch sie sei aber dafür, über den Horizont hinauszudenken.

Söder zweifelt an den Studienergebnissen

Finanzminister Söder zog die Zahlen von McKinsey zur angeblich schlechten Internetversorgung in Zweifel. Bayern habe gerade in den letzten Monaten große Fortschritte bei der Anbindung des flachen Landes erzielt, sagte Söder, der als Heimatminister für den Onlineausbau zuständig ist. Dass der Freistaat Zukunftsfragen ignoriere, glaube er nicht. "Das sind Dauerthemen, die stehen jede Woche auf der Tagesordnung des Kabinetts." Dennoch wolle er Impulse aufnehmen, sagte er. "Ich werde mir die Studie in Ruhe anschauen."

Gelassen reagierte auch die Wirtschaft. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands VBW sagte, Bayern stehe vor Herausforderungen, verfüge "aber im nationalen wie im internationalen Vergleich über eine hervorragende Standortqualität". Die Wirtschaft im Freistaat sei schon jetzt überdurchschnittlich internationalisiert".

Wie die Opposition zu den McKinsey-Ergebnissen steht

SPD und Grüne fühlten sich dagegen durch McKinsey klar bestätigt. "Die Studie legt den Finger in jene offene Wunde, vor der wir als SPD seit Jahren warnen", sagte SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen. Wichtige wirtschafts- und sozialpolitische Fragen seien ungeklärt, sagte sie. "Die Jubel-PR der Staatskanzlei und die Selbstbeweihräucherungs-Statistiken der CSU vernebeln den Verantwortlichen das Hirn für die sozialen Realitäten."

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann meinte, McKinsey propagiere "letztlich ein neues, grünes Denken". Punkte wie ein durchlässigere Bildungssystem, ökologischere Landwirtschaft und moderne Integrationspolitik hätten die Grünen vielfach angemahnt, sagte Hartmann. "Da gibt es von uns zahlreiche parlamentarische Vorstöße, die bislang am Reformunwillen und dem erzkonservativen Beharren der Landtags-CSU gescheitert sind."

Dabei hatten es die McKinsey-Autoren Johannes Elsner und Martin Stuchtey ausdrücklich vermeiden wollen, in Tagespolitik hineingezogen zu werden. "Wir erheben keinen politischen Deutungsanspruch", sagt Stuchtey. Eine Debatte wolle man aber durchaus führen. In der Studie wird auch besorgt darauf hingewiesen, dass Bayern schon jetzt große Zukunftsprojekte kaum noch durchsetzen könne. "Exemplarisch stehen hierfür das Scheitern der dritten Startbahn am Flughafen München (gemeint ist der Münchner Bürgerentscheid dazu) und der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018." Die Autoren verweisen auch auf den von Regierungschef Horst Seehofer selbst befeuerten Protest gegen neue Stromtrassen.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: