Krimi zur Griechenland-Krise:Alte Schulden

Petros Markaris: "Zurück auf Start"

Petros Markaris: Zurück auf Start. Ein Fall für Kostas Charitos. A. d. Griech. von M. Prinzinger. Diogenes Verlag, Zürich 2015. 368 S., 23,90 Euro.

(Foto: Diogenes)

Petros Markaris schickt in "Zurück auf Start" seinen Kommissar Kostas Charitos durch den Alltag der aktuellen griechischen Krise. Die Zeitbomben der jüngeren Geschichte gehören dazu. Sie sind noch scharf. Und auf die Polizei ist kein Verlass.

Von Harald Eggebrecht

Wer sich in Athen auskennt, für den muss es ein zusätzliches Vergnügen sein, mit Kommissar Kostas Charitos durch die Stadt zu streifen. Das heißt, die Mühen des öffentlichen Nahverkehrs zu überstehen, weil in der griechischen Krise auch einem höheren Polizeibeamten das Spritgeld für den eigenen Seat fehlt. Weicht er davon ab, pocht Kostas' Frau Adriani unbeirrbar auf Sparsamkeit. Dabei ist Kostas unterwegs wegen eines Überfalls der rechtsradikalen "Goldenen Morgenröte" auf seine Tochter Katerina, eine Anwältin von Migranten. Dann findet man den deutschgriechischen Geschäftsmann Makridis erhängt. Und der Leiter eines Nachhilfeinstituts, Nikitopoulos, sitzt erschossen in seinem Bürostuhl. Eine mysteriöse Gruppe namens "Griechen der fünfziger Jahre", meldet sich: Makridis sei ermordet worden.

Petros Markaris' Kommissar erzählt selbst, so ist man ganz nah im Alltag mit allem Ärger, allen Sorgen des Krisenlandes. Unprätentiös, nahezu trocken und frei von irgendwelchen Weichzeichnern und Sentimentalitäten begleiten wir Kostas Charitos bei seinen Ermittlungen, die en passant die zunehmende Gefährlichkeit verdeutlichen in dieser sich atmosphärisch wie tatsächlich verdüsternden Metropole, in der nachts die Straßenbeleuchtung verringert wird. Markaris macht ohne Aufhebens in den Aktionen und Nachdenkereien seines Kommissars die fatale politische und wirtschaftliche Lage klar, in der die Menschen mit einer Mischung aus Galgenhumor und nackter Verzweiflung unterzugehen drohen. Dass die Polizei von "Faschos" unterwandert ist, dass die Behörden sich und andere selbst behindern, dass die Zweifel wachsen, ob nicht alles sowieso zusammenbricht - das alles wirkt in die Recherchen hinein. Am Ende findet der Kommissar heraus, dass seine Untersuchungen zurückführen in die jüngere griechische Geschichte, in die Nachwirkungen des Bürgerkriegs zwischen Linken und Rechten. Und er findet heraus, welche beziehungsreiche Rolle griechische Gastarbeiter in Deutschland und albanische Einwanderer in Griechenland spielen. Markaris schildert die griechische Aktualität als spannende Tragikomödie.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: