Nahaufnahme:Nachhilfe-Lehrer

Nahaufnahme: "Ich war nicht daran gewöhnt, einen Lehrer zu haben, der sich freut, wenn seine Schüler lernen." Erik Finman

"Ich war nicht daran gewöhnt, einen Lehrer zu haben, der sich freut, wenn seine Schüler lernen." Erik Finman

(Foto: oh)

Erik Finman ist erst 16 Jahre alt. Unmotivierte Lehrer haben ihn so frustriert, dass er mit seinem erfolgreichen Internetdienst das US- Schulsystem herausfordert.

Von Kathrin Werner

Erik Finman war ein ganz normaler Jugendlicher. Er lebte im ländlichen Idaho mitten im amerikanischen Niemandsland. Er hatte eine Zahnspange und struwwelige Haare. Er spielte Computer und war nicht gut in der Schule, seine Noten waren meist C oder D, das entspricht einer Vier oder Fünf. Ein Lehrer hat ihm sogar geraten, die Schule abzubrechen und bei McDonald's zu arbeiten. "Ich hatte Tage, an denen ich zu viel Angst hatte, zur Schule zu gehen", sagt er. "Ich habe vor Angst gezittert." Lange sah es nicht rosig aus um seine Zukunft.

Doch heute ist der 16-Jährige ein Star im Silicon Valley. Er erzählt seine Geschichte in der Huffington Post, in seinem Blog und bei TEDxTeen, dem Teenager-Ableger der berühmten Redner-Konferenz TED. Die Geschichte begann, als er in den Sommerferien einen Physik-Kurs belegte und dort einen Lehrer traf, den er mochte. Plötzlich war er motiviert und im nächsten Jahr Klassenbester. "Ich war nicht daran gewöhnt, einen Lehrer zu haben, der sich freut, wenn seine Schüler lernen." Seither hat er Bildung zu seinem Projekt gemacht.

Der große Durchbruch kam mit Bitcoin, bei Twitter nennt Erik sich "Bitcoin Boy". Sein älterer Bruder Ross hatte sich 40 Bitcoin gekauft und konnte gar nicht aufhören, vor der Familie von der neuen digitalen Währung zu schwärmen. "Die Geschwisterrivalität war groß", schreibt Erik. Um Ross zu übertrumpfen, nahm er sein gesamtes Erspartes, gut 1000 Dollar, und kaufte sich davon 100 Bitcoin. Danach hat er lange nicht mehr über seine Bitcoin nachgedacht, bis er in den Nachrichten von dem Preisanstieg las. Sein digitales Taschengeld war plötzlich 100 000 Dollar wert.

Statt sich Computerspiele oder bergeweise Schokoriegel zu kaufen, investierte Erik sein Geld in sein erstes Unternehmen. "Ich tat, was alle Highschool-Schüler in der Woche der Abschlussprüfungen machen würden", sagt er. "Ich habe einen Dienst gegründet namens Botangle, der die Highschool abschaffen soll." Botangle ist ein Nachhilfeservice im Internet. Über Videochat will Erik Schüler, die kurz vor der Chemie-Klassenarbeit stehen, eine Fremdsprache oder mehr über Computer lernen wollen oder Fragen zu Robotertechnik haben, mit Experten verbinden. Wer etwas Neues lernen will, soll nicht von schlechten Schulen oder unmotivierten Lehrern aufgehalten werden.

Wenige Monate nach dem Start hatte er 20 Leute, die für ihn arbeiteten. Wagniskapitalgeber kamen auf ihn zu. Inzwischen hat Botangle 3641 Mitglieder. Das Geld, das er verdient, steckt er in sein neues Projekt "Intern For A Day", es soll Teenagern die Möglichkeit geben, einen Tag lang ein Praktikum in einem großen Unternehmen zu machen. Erik glaubt eher an Learning by Doing als an klassischen Unterricht.

Bei Twitter war der 16-Jährige zeitweilig eines der Top-Themen. Das Time Magazin hat ihn in die Liste der einflussreichsten Teenager aufgenommen. Er ist ohne seine Familie aus Idaho ins Silicon Valley gezogen und jettet durch Amerika von Konferenz zu Konferenz. Neulich war er bei dem Tech-Treff SXSW in Texas, dann wieder in New York. Für TEDxTeen ist er sogar nach London geflogen, sein Bruder Ross war dabei.

Seine Eltern unterstützen ihn. Dass er die Schule abgebrochen hat, stört sie nicht. Sie helfen ihm bei der Unternehmensgründung, bei Reisebuchungen und all den anderen Dingen, die er als Minderjähriger noch nicht machen kann. Dem New York Magazine erzählte er einmal, dass er gern ein Haus mit Wohnungen für Unter-18-Jährige bauen und Flugbuchungen für sie anbieten will. Mit seinen Eltern hat er einen Deal: Er muss nicht aufs College gehen, wenn er es schafft, bis zu seinem 18. Geburtstag seine erste Million zu verdienen.

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