Befürworter der Doppik:Sinn und Unsinn

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Unterschleißheims früherer Stadtkämmerer Thomas Stockerl erklärt, welche Vorteile sich seine Stadt durch den doppischen Haushalt erhofft - und will dabei gleich ein paar Vorurteile ausräumen

Interview von Alexandra Vettori

Die Stadt Unterschleißheim hat in diesem Jahr erstmals einen doppischen Haushalt erstellt - gleichzeitig zu einem kameralen. Thomas Stockerl, Referent des Bürgermeisters und früherer Stadtkämmerer, erklärt, welche Vorteile sich Unterschleißheim aus der Einführung des neuen buchhalterischen Systems erhofft.

SZ: Warum hat sich Unterschleißheim entschieden, auf Doppik umzusteigen?

Thomas Stockerl: Die Stadt Unterschleißheim ist eine innovative Kommune. Dazu gehören auch moderne Organisationsstrukturen innerhalb der Stadtverwaltung. Ein zeitgemäßes Haushalts- und Rechnungswesen für eine Kommunalverwaltung in unserer Größenordnung ist hierfür sicherlich ein wichtiges und tragendes Element, zumal ja die doppische Buchführung seit vielen Jahren bereits in ihren selbständigen Unternehmen Stadtwerke und GTU Geothermie AG Einzug gehalten hat.

Was erhoffen Sie sich von diesem neuen System?

Wir versprechen uns für die Kernverwaltung eine noch größere Aussagekraft und damit deutliche Erkenntnisgewinne für unser Finanzwesen und unsere Vermögenslage.

Was sind die entscheidenden Unterschiede zwischen Kameralistik und Doppik?

Die Doppik geht in ihrer Funktion über die Kameralistik weit hinaus. Ein kamerales Buchungssystem sagt mir nur, wo die rein monetären Zahlungsströme aus Einnahmen herkommen und wo sie als Ausgaben hingehen, also für was ich Geld ausgebe. Das doppische Rechnungswesen zeigt zudem auf, wie sich gleichzeitig die städtische Vermögenstruktur verändert, wo und wie das Vermögen durch Anschaffung oder Erneuerung anwächst und wie es im Laufe der Zeit weniger wert wird. Dies wird dadurch möglich, weil die Doppik nicht nur den Geldzu- und -abfluss, sondern auch den vermögenswirksamen Ressourcenverbrauch darstellt.

Ein volles Gemeindesäckel wünschen sich alle Kommunen. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Hat das konkrete Auswirkungen auf die Politik?

Es wird erkennbar, wie sich zum Beispiel das städtische Anlagenvermögen aus Maschinen, Fuhrpark und Gebäude abnutzt. So kann die Stadt wesentlich besser und früher beurteilen, wann Unterhaltungs- und Ersatzinvestitionen angezeigt sind. Stichwort Abschreibungen also. Darüber hinaus werden in der Doppik auch langfristig zu erwartende Aufwendungen und Verpflichtungen durch Rückstellungen abgebildet, sodass man dies schon frühzeitig wissen und sich darauf einstellen kann.

Als einer der Vorteile der Doppik wird stets genannt, dass künftige Kosten wie Pensionszahlungen oder Sanierung an kommunalen Gebäude auftauchen.

Eindeutig ja. Vor allem, wenn es um zukünftige Investitionen geht.

Als einen Nachteil des doppischen Haushalts empfinden viele, dass die Haushalte in Bezug auf künftige Kosten noch schwieriger auszugleichen sind und ein finanzieller Mehrbedarf entsteht.

Die Doppik fordert ebenso wie die Kameralistik einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben respektive Ertrag und Aufwand. Doppisch gelten auch die nichtmonetären, also die nichtliquiden Abschreibungen auf das Anlagevermögen als Aufwand, die durch Erträge erwirtschaftet werden müssen. Es müssen also um diesen gesamten Abschreibungsbetrag mehr Einnahmen (Erträge) zur Verfügung stehen, um den gesetzlich geforderten Ausgleich zu gewährleisten. Es können aber auch Ergebnisrücklagen aus Vorjahren dafür verwendet werden, wenn solche vorhanden sind. Das erschwert den Haushaltsausgleich gegenüber der Kameralistik, ist aber dem Sinn nach auch logisch, weil damit letztlich der Substanzerhalt des sich abnutzenden Vermögens sichergestellt werden soll.

Auch befürchten Kritiker dadurch steigende Kreis- und Bezirksumlagen. Wie sehen Sie das?

Ich kann nicht erkennen, was der doppische Haushalt mit der Kreis- und Bezirksumlage zu tun haben sollte. Die Befürchtung von Steigerungen aus diesem Grund teile ich nicht.

Als Nachteil werden auch stets die Kosten und der Aufwand genannt. Wie hoch sind die Kosten in Unterschleißheim, und musste auch neues Personal dafür eingestellt werden

Der Aufwand für die Implementierung des doppischen Haushalts- und Rechnungswesens war und ist gewiss sehr hoch. Das betrifft sowohl die Kosten für externe Dienstleister als auch die Arbeitsbelastung für die damit betrauten Mitarbeiter. Drei Kolleginnen haben für das Projekt Doppik bisher etwa 500 Überstunden im Rathaus geleistet, wobei im betreffenden Sachgebiet derzeit sogar eine bestehende Stelle nicht besetzt ist. Man muss ihnen für ihre tolle Arbeit an dieser Stelle großen Dank zollen. Eine eigene Personalstelle wurde nämlich für die Einführung der Doppik nicht geschaffen.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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