Probleme mit Sturmgewehr G36:Banker als Waffenexperte

  • Der Commerzbank-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus-Peter Müller wird ein Expertenteam leiten, das die Vorgänge rund um das Sturmgewehr G36 aufklären soll.
  • Die Herstellerfirma des G36, Heckler & Koch, erhebt schwere Vorwürfe gegen das Ministerium.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Commerzbank-Aufsichtsratsvorsitzender wird Expertenteam leiten

Für die Aufklärung der Vorgänge rund um das Sturmgewehr G36 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine weitere namhafte Persönlichkeit gewonnen. Der Commerzbank-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus-Peter Müller wird nach Angaben eines Ministeriumssprechers ein Expertenteam leiten, das in einer Organisationsstudie klären soll, "ob es strukturelle Schwachstellen im Management der Großorganisation Bundeswehr gibt". Müller solle dabei von einem externen Dienstleister unterstützt werden, den man "schnellstmöglich" beauftragen wolle, sagte der Sprecher der SZ. Das Team werde "alle verfügbaren Unterlagen" sichten und Interviews führen. Nach drei Monaten solle es einen Bericht vorlegen.

Müller war früher Chef der Commerzbank und leitete die Regierungskommission "Deutscher Corporate Governance Kodex". Er habe sich, so der Sprecher, "viele Jahre für den Erfahrungsaustausch von Führungskräften zwischen Bundeswehr und Privatwirtschaft eingesetzt".

Kommission untersucht, ob deutschen Soldaten Schaden entstanden ist

Parallel zur Arbeit des Expertenteams soll eine Kommission unter der Leitung des ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei untersuchen, ob durch mögliche Präzisionsprobleme des G36 deutschen Soldaten im Einsatz Schaden entstanden ist. Diesem Gremium soll auch der scheidende Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus angehören.

Von der Leyen hat Probleme bei der Treffsicherheit des G36 eingeräumt

Von der Leyen hatte kürzlich Probleme bei der Treffsicherheit des G36 eingeräumt. Hinweise auf solche Präzisionsprobleme hatten sich bereits in der Amtszeit ihres Vorgängers Thomas de Maizière (CDU) gehäuft. Der Bundesrechnungshof hatte dem Ministerium im vergangenen Jahr vorgeworfen, es habe Testergebnisse ignoriert und relativiert. Die Opposition hält sich einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema offen. Während die Linke ihn bereits fordert, wollen die Grünen ein solches Gremium zumindest nicht ausschließen. Die Bundestagsfraktionen beider Parteien wollen die Aufklärung nicht allein den von der Ministerin eingesetzten Gruppen überlassen.

Heckler & Koch erhebt schwere Vorwürfe gegen das Ministerium

Die Herstellerfirma Heckler & Koch erhob am Freitag schwere Vorwürfe gegen das Ministerium. "Nebulöse Vorwürfe schaden nicht nur dem Ruf unseres Unternehmens, sondern verunsichern vor allem unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und unterminieren die Glaubwürdigkeit unserer Einsatzkräfte gegenüber Deutschlands Alliierten", heißt es in einer von dem Unternehmen veröffentlichten Stellungnahme. Die Firma fordert darin "eine vom Bundesministerium der Verteidigung unabhängige Prüfung und Aufklärung aller Vorgänge bezüglich der G36-Thematik, sowie die kriminaltechnische Überprüfung aller erhobenen Vorwürfe und angeblichen Fachexpertisen durch das Bundeskriminalamt".

Man sehe sich zudem mittlerweile gezwungen, "Amtshaftungsansprüche gegen den Bund wegen der bei Heckler & Koch in den vergangenen Jahren eingetretenen und fortwährenden Rufschädigung und Kreditgefährdung zu prüfen". Zudem droht Heckler & Koch dem Ministerium: Falls nun für die Truppe ein anderes Gewehr beschafft würde, ohne dass eine "Kampfwertsteigerung", also eine Aufrüstung des G36, auch nur geprüft werde, müsse man "von einer strafrechtlichen Untreue zum Nachteil des Bundes" ausgehen - schließlich wäre die Aufrüstung des bestehenden Gewehrs kostengünstiger als die Beschaffung eines neuen. Die Firma würde dies "unmittelbar nach Bekanntwerden bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur Anzeige bringen".

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