Franken-Tatort:Das Geheimnis der Jutetasche

Premiere ARD-Franken-´Tatort"

Mode-Understatement? Eine Reminiszenz an das Herrenhandtäschchen von Erwin Pelzig? Kommissar-Darsteller Matthias Egersdörfer (ganz links) trägt bei der Premiere des Franken-'Tatorts' einen Jutebeutel mit komischem Inhalt mit sich herum.

(Foto: dpa)

Was ist das bloß, das Kabarettist und Kommissar-Darsteller Matthias Egersdörfer bei der Tatort-Premiere mit sich auf dem roten Teppich herumträgt? Fränkisches Mode-Understatement? Nein, ein Markus-Söder-Notfall-Accessoire.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Nürnberg hat also den roten Teppich für das "Tatort"-Team ausgerollt und Matthias Egersdörfer, der Leiter der Spurensicherung, hat keine Lust. Hat keine Lust, irgendwelche ranwanzenden Fragen zu beantworten. Hat keine Lust, in eines der etwa 89 Mikrofone des Bayerischen Rundfunks zu quasseln. Hat keine Lust, den lustigen Frankenfolkloristen zu geben. Nur merkt das kaum einer. Weil es ja unheimlich witzig gemeint sein muss, wenn einer auf die einfallsreiche Frage antwortet, wie er sich denn gefühlt habe, als plötzlich die Leute vom Fernsehen angerufen haben: "Das war mir wurscht."

Egersdörfer ist es offenkundig auch einigermaßen wurscht, dass alle auf seinen Jutebeutel starren, als er den roten Teppich am Vorpremieren-Kino betritt. Besser: betreten muss. Und nein, das ist keine Reminiszenz an das Herrenhandtäschchen des Kabarettkollegen Frank-Markus Barwasser, der ja ursprünglich den Spurensucher im Film geben sollte, dann aber absprang (aus Termingründen, wie es hieß). In der Tasche ist ein Requisit, das Egersdörfer für den Notfall dabei hat. Sollte ihn einer zwingen, auf einem gemeinsamen Foto mit Markus Söder in die Kamera schauen zu müssen, hält er dafür eine eher grob gepixelte Egersdörfer-Maske bereit. Den Bart glaubt man trotzdem zu erkennen und das erfolglose Bemühen um gute Laune. Ein Witz, ein schöner Witz? Man darf ruhig davon ausgehen: Nein, das ist kein Witz. Egersdörfer will nicht mit Söder auf ein Foto. Damit ist es ihm sogar verdammt ernst.

"Berlinale-Feeling"

Und natürlich ist Söder da, als der Bayerische Rundfunk den Teppich für den ersten Dadord der Weltgeschichte ausrollt. Söder sagt in die Kamera, dass er schon vor zehn Jahren einen Tatort aus Franken angemahnt und damals furchtbare Prügel dafür bezogen habe. Und er blickt auf die Schlange vor Nürnbergs "Cinecittà", hebt den Daumen und sagt: "Berlinale-Feeling". Für genau diese Momente hat Egersdörfer mutmaßlich seine Maske dabei.

Wer Egersdörfer beobachtet, wie er darum bemüht ist, nicht zu lächeln in dieser Ansammlung von fränkischem Bussi-Bussi, bekommt eine Ahnung davon, warum der BR stets gezögert hat, in Franken zu drehen. Die Egersdörfers dieser Welt sind dort womöglich etwas verbreiteter als im Süden des Freistaats. Wäre Barwasser zwangsverpflichtet worden, an der Seite von CSU-Ministern und BR-Oberen den Roten-Teppich-Grinser zu geben - die Bilder wären wohl mindestens so spaßbefreit ausgefallen. Und wahrscheinlich hätten auch Barwasser viele unterstellt, das sei eine Pose. Muss sich da wirklich einer fast übergeben, weil er diesen Teppich-Schmarrn mitmachen muss? Aber ja doch.

"Der Tatort ist nicht so wichtig"

Noch so eine fränkische Unwägbarkeit für Fernsehmenschen: Nürnbergs Oberbürgermeister. Ulrich Maly ist zu einem moderierten Gesprächskreis vor dem Tatort-Teppich geladen worden. Er habe sich schon seit Sonntagfrüh überlegt, ob er die Veranstaltung "ernst nehmen" solle, sagt Maly. Er sei sich da nicht sicher. Erste Frage: Wie oft der denn angesprochen worden sei so als Städtetagspräsident, weil ja jetzt auch mal Nürnberg dran ist? Maly antwortet: Er sei prädestiniert, "Enttäuschung zu verbreiten". Weil: Nein, das habe niemanden interessiert. Keinen einzigen. Nächste Antwort Malys, diesmal geht es um die Bedeutung des Tatorts für die Stadt: "Der Tatort ist nicht so wichtig." Wichtig wäre es vielmehr, würde die "kulturelle Zwangsbajuwarisierung", ausgehend vom Bayerischen Rundfunk, allmählich beendet. Dessen Perspektive ende an der Donau. Verbessere sich das jetzt mit dem Tatort "von 90 auf 89 Prozent", dann begrüße er das.

Maly geht anschließend nicht auf den roten Teppich: "Ich bin Volk, da schaut man Tatort um 20.15 Uhr, nicht vorher." Gut findet er den Film trotzdem. Genauso übrigens wie Egersdörfer. Der hätte sich zwar optimalerweise "einen Buhsturm oder brennende SUVs" gewünscht nach der Premiere. Einfach, damit was geboten ist. Aber ohne war es schon auch in Ordnung.

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