Prognose des IWF:Billiges Öl, billiger Euro, mehr Wachstum

Inauguration Of Emirates National Oil Co. Plant

Volles Lager: Ölfässer in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

(Foto: Gabriela Maj/Bloomberg)
  • Die Ökonomen des IWF gehen von einem Wirtschaftsaufschwung in der Euro-Zone aus.
  • Grund sind niedrige Energiepreise und ein im Vergleich zum US-Dollar sehr schwacher Euro.
  • Länder wie Russland sieht der Währungsfonds dagegen vor schwierigen wirtschaftlichen Zeiten. Hintergrund sind etwa die Sanktionen gegen das Land nach der Annexion der Krim.

Analyse von Nikolaus Piper

Der Preissturz beim Erdöl und Euro hilft dem Aufschwung in Europa stärker als erwartet. In seinem neuesten Weltwirtschaftsausblick (WEO) hebt der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognose für die Euro-Zone um 0,3 Punkte auf 1,5 Prozent an. Die Furcht vor einer neuen Rezession ist damit erst einmal verschwunden. Nach den Zahlen des IWF wird Öl im Jahresdurchschnitt 2015 mit 58,14 Dollar pro Fass um fast 40 Prozent billiger sein als im Durchschnitt des Jahres 2014 (95,25 Dollar). Der Kurs des Euro ist seit Jahresbeginn von 1,21 Dollar auf 1,06 Dollar eingebrochen. Gebessert hat sich die Lage in den starken ebenso wie in den schwachen Euro-Ländern. Am stärksten wächst die Wirtschaft Irlands mit 3,9 Prozent, in Deutschland sind es 1,5 Prozent. Selbst für Griechenland bleiben die IWF-Experten bei ihrer Prognose von 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum, obwohl immer noch nicht klar ist, wie lange das Land zahlungsfähig bleiben wird. Trotz der verbesserten Aussichten wächst Europa im historischen Vergleich immer noch sehr langsam. Das anämische Wachstum hat, wie in anderen Industrieländern auch, seine Ursachen in der alternden Bevölkerung, im Mangel an Investitionen und der unzureichenden Produktivität von Arbeit und Kapital. "Die Erwartung, dass das Wachstumspotenzial in Zukunft langsamer wächst, schwächt heute die Investitionen", schreibt der IWF.

Eine spannende Frage wird sein, wie die Europäische Zentralbank (EZB) mit den besseren Zahlen umgeht. Einerseits könnte es ihr jetzt leichter fallen, den umstrittenen Kauf von Wertpapieren in Milliardenhöhe einzuschränken, schließlich scheint die Konjunktur die Gefahrenzone verlassen zu haben. Andererseits liegt die prognostizierte Inflationsrate von 0,1 Prozent weit unter der offiziellen Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent. Außerdem würde ein Kurswechsel in Frankfurt auch wieder den Euro verteuern. Der IWF drängt Europäer und Amerikaner seit langem, nicht zu früh mit der lockeren Geldpolitik aufzuhören und so die Konjunktur abzuwürgen.

Der EZB-Rat tagt an diesem Mittwoch. Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben großen Industrieländer (G7) kommen am Freitag am Rande der IWF-Frühjahrstagung in Washington zusammen. Die größten Risiken für die Weltwirtschaft kommen derzeit von einigen Schwellenländern, die bis vor Kurzem noch als neue ökonomische Kraftzentren angesehen wurden. Am schlimmsten ist es um Russlands Wirtschaft bestellt. Dort wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 3,8 Prozent schrumpfen. Ursache sind der niedrige Ölpreis und, in der Sprache des Fonds, "geopolitische Risiken", also der Krieg in der Ukraine und die westlichen Sanktionen. Auch für Brasilien sagt der Fonds einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraus. Besonders beachtet wird in diesem Jahr die Entwicklung in China. Dort wächst die Wirtschaft zwar immer noch um 6,8 Prozent, also schneller als fast überall sonst. Doch nach chinesischen Maßstäben und Erwartungen ist das wenig. Das Land hatte sich in den vergangenen Jahren an zweistellige Wachstumsraten gewöhnt. Zuletzt hatte China die Märkte mit sehr schlechten Handelszahlen schockiert. Allein die Exporte nach Europa gingen im ersten Quartal um 19 Prozent zurück. Der steigende Dollar bringt viele asiatische Länder in Bedrängnis. Deren Firmen hatten sich massiv in den USA verschuldet, um die niedrigen Zinsen zu nutzen. Jetzt stecken sie in der Wechselkursfalle: Entweder sie geraten unter Aufwertungsdruck oder sie lassen den Kurs ihrer eigenen Währungen sinken und gefährden so die Finanzstabilität, wie der IWF schreibt. Neue Erkenntnisse zur Konjunktur sind von der Gemeinschaftsdiagnose der großen deutschen Forschungsinstitute zu erwarten, die am kommenden Donnerstag in Berlin vorgestellt wird.

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