Autonomes Fahren:Das Roboterauto muss noch lernen

Autonome Testfahrt auf der A9 mit Audi

Ein Schritt nach dem anderen: Die Versuchsfahrten verliefen problemlos, wenn ideale Bedingungen herrschten.

(Foto: WGO)
  • Bis es wirklich autonom fahrende Autos auf deutschen Straßen gibt, wird es mindestens noch zehn Jahre dauern.
  • Die Entwicklung dahin läuft schrittweise ab. Assistenzsysteme werden immer weiter ausgebaut, um den Fahrer zu entlasten.
  • In vorbereiteten Arealen sollen die autonomen Fahrzeuge kontinuierlich an den echten Verkehr herangeführt werden.

Dass das automatisierte Fahren kommt, gilt als sicher. Unsicher ist, wann es soweit sein wird. Trotzdem richten sich die Autobauer bereits jetzt immer stärker auf dieses Thema aus. Getrieben vom Eifer, möglichst als Technik-Vorreiter dazustehen, werfen sie ihre PR-Maschinerie an und setzen dabei manchmal auf prominente Hilfe. So chauffierte Audi kürzlich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt publikumswirksam in einem autonom fahrenden A7 über die Autobahn. Das Interesse der Medien war dem Hersteller gewiss.

So soll der Eindruck entstehen, dass das autonome Fahren in Kürze Realität sein wird. Bis man aber in der Stadt guten Gewissens die Hände vom Lenkrad nehmen kann, dürften noch mindestens zehn Jahre vergehen. "Ich glaube nicht, dass es von heute auf morgen möglich sein wird, jedes Szenario in der Stadt darzustellen", sagt Thomas Müller, hochrangiger Entwickler bei Audi, im kleinen Kreis. Der nächste Schritt beim deutschen Autobauer: Den A8 wird es 2017 mit Stau- und Parkpiloten geben, die den Fahrer entlasten. Dann ist Parken per Knopfdruck in Garagen möglich. Etwa drei Jahre später soll das Valet-Parking in speziell ausgerüsteten Parkhäusern realisierbar sein.

Das ZFAS steuert das autonome Fahren

Der Stau-Pilot aus Ingolstadt wird das autonome Fahren im Stop-and-go-Verkehr bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h ermöglichen. Wichtige Elemente für diesen Lenkroboter sind das Zentrale Fahrassistenzsteuergerät (ZFAS), das in etwa die Größe eines iPad Minis hat, und ein Laserscanner in der Frontschürze, der pro Sekunde fast 100 000 Infrarot-Lichtimpulse in einem Winkel von 145 Grad aussendet und so andere Autos sowie Leitplanken erfasst. Wenn das Haupt-Hirn einmal ausfallen sollte, müssen die anderen Systeme gemeinsam in die Bresche springen. So kann selbst die elektronische Steuerung des ESP ein paar Aufgaben des Hauptmoduls übernehmen.

Die Weiterentwicklung der Roboter-Autos bedeutet aber nicht das Ende der Fahrerassistenzsysteme. Deren Weiterentwicklung ist vielmehr die Basis für das autonome Fahren, jede Neuerung ist eine weitere Etappe dorthin. So wird die Elektronik die Autofahrer künftig beim Einfahren in eine Kreuzung ebenso unterstützen wie beim Linksabbiegen. Auch die Überwachung der Fahrradwege oder die Hilfe beim Aussteigen des Beifahrers stehen auf der Agenda. Etwa fünf Jahre nach dem Stau-Piloten werden die Fahrzeuge im fließenden Autobahnverkehr ohne menschlichen Einsatz vorankommen. In Prototypen ist das heute schon möglich.

Bei einer Testfahrt auf der A9, die als Teststrecke für das autonome Fahren dienen soll, zeigt sich aber auch, dass noch nicht alles glatt läuft. Beschleunigen, Spurwechsel und Einscheren klappten bis zu Tempo 130 km/h schon gut. Doch ab und zu reagierte die Technik auch falsch. Ein aufgeklebtes 60-km/h-Schild auf dem Heck eines Lkws erkannte es als Geschwindigkeitsanzeige, einen einscherenden Lastwagen bemerkte der Testwagen erst spät und die breiter werdenden Begrenzungslinien einer Tankstellenausfahrt verwirrten das System vollends.

Die Elektronik soll lernen

Das zeigt, dass es bis zum wirklich autonomen Fahren noch ein langer Weg ist. Um sich sicher im Verkehr bewegen zu können, werden sich die Autos im Verkehr gegenseitig unterstützen und voneinander lernen müssen. Die Elektronik soll Erfahrungen sammeln, daraus lernen und sie anderen Fahrzeugen mitteilen. Das beinhaltet auch, menschliche Verhaltensweisen zuverlässig vorherzusagen - eine gewaltige Aufgabe für die neue Technologie.

Bis die Fahrzeuge miteinander kommunizieren können, soll das autonome Fahren in speziell vorbereiteten Arealen erfolgen, in denen perfekte Bedingungen herrschen und die Infrastruktur das Auto mit Daten unterstützt. Später muss es auch dann zuverlässig agieren, wenn zum Beispiel Fahrbahnmarkierungen fehlen. Dann muss sich die Technik an anderen Verkehrsteilnehmern orientieren.

Ein Auto, bei dem die Insassen keinen Einfluss auf den Autopiloten haben, soll es aber nicht geben. Der Mensch wird auch in Zukunft jederzeit das Steuer in die Hand nehmen können, um die Hoheit über sein Gefährt zu erlangen. Da sind sich alle drei deutschen Konkurrenten, Mercedes, BMW und Audi einig.

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