70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs:Gauck dankt britischen Befreiern von Bergen-Belsen

Germany Commemorates Bergen-Belsen Concentration Camp Liberation 70th Anniversary

Ein Mann ist auf dem Weg zur Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen. Sein Weg führt vorbei an einem Massengrab. Mehr als 52 000 Häftlinge wurden während des Zweiten Weltkriegs in dem Lager ermordet.

(Foto: Getty Images)
  • Bei der zentralen Gedenkfeier zur Erinnerung an die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen spricht Bundespräsident Gauck dem britischen Militär seinen Dank aus.
  • Zudem ruft Gauck dazu auf, sich aktiv mit Menschenrechtsverletzungen in aller Welt auseinanderzusetzen. Deutschland sei Teil einer "Verantwortungsgemeinschaft".
  • Niedersachens Ministerpräsident Weil warnt vor dem Vergessen der NS-Verbrechen.

Befreier seien "Botschafter einer demokratischen Kultur"

Bundespräsident Joachim Gauck hat dem britischen Militär für die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen vor 70 Jahren gedankt. "Die britischen Soldaten waren Botschafter einer demokratischen Kultur, die nicht auf Rache am Feind bedacht war, sondern dem Recht und der Menschenwürde auch in Deutschland wieder zu neuer Geltung verhelfen sollte", sagte Gauck bei der zentralen Gedenkfeier zur Erinnerung an die Befreiung des Lagers.

Die Deutschen hätten zwischen 1933 und 1945 in ganz Europa eine "unermessliche Schuld" auf sich geladen, so Gauck. Orte wie Bergen-Belsen, Buchenwald oder Dachau seien Symbole dieses Abgrundes. "Sie stehen für die unermessliche politische, moralische, kulturelle und humanitäre Katastrophe, in die das "Dritte Reich" der Deutschen das Land und die Menschen in ihm geführt hatte."

Gauck fordert Einsatz bei allen Verbrechen gegen Menschenrechte

Der Bundespräsident rief zudem zu einer aktiven Auseinandersetzung mit Menschenrechtsverletzungen in aller Welt auf. "Wir müssen den Blick auf Geschehendes richten. Das ist unsere Lehre aus der Vergangenheit", sagte er. Deutschland sei Teil einer "Verantwortungsgemeinschaft", die sich dazu bekenne, die Würde des Menschen zu verteidigen.

Einen direkten Bezug zu aktuellen Krisen stellte Gauck bei der Gedenkfeier in Niedersachsen aber nicht her. Vor wenigen Tagen hatte er mit klaren Worten zum Völkermord an den Armeniern heftige Reaktionen der Türkei ausgelöst. Gauck sagte: "Wo wir nur können, werden wir Unrecht ein Ende setzen." Und er betonte: "Wenn uns die Mittel fehlen, um einzuschreiten, wenn wir machtlos sind, können wir immer noch mehr tun, als ohnmächtig wegzusehen. Wir können und müssen dann Zeugen sein und müssen Zeugnis ablegen. Das kann jeder von uns."

Stephan Weil: Morde der Nationalsozialisten verjähren nie

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatte zuvor vor dem Vergessen der Verbrechen der Nationalsozialisten gewarnt. "Mord verjährt nicht, Massenmord und Völkermord erst recht nicht", sagte der SPD-Politiker. Gerade in Deutschland müsse mit aller Entschlossenheit gegen jedes Anzeichen von Rassismus, Ausländerfeindlichkeit oder Rechtsextremismus vorgegangen werden.

"Wenn sich Flüchtlinge vor Brandanschlägen fürchten, wenn Juden in Deutschland wieder Unsicherheit verspüren, wenn Menschen wegen ihres Glaubens ausgegrenzt werden - dann dürfen wir das nicht akzeptieren und zur Tagesordnung übergehen", sagte Weil.

Ronald Lauder warnt vor Antisemitismus

Bei der Gedenkveranstaltung hat der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, ein Wiederaufleben des Antisemitismus beklagt. "Im Jahr 2015 sehen wir den Antisemitismus auf dem Vormarsch in Europa", sagte er. "Heute, 70 Jahre nachdem dieses Lager befreit wurde, hören wir dieselben antisemitischen Lügen."

Ein jüdischer Junge, der die Kippa trage, könne nicht durch Paris, London oder Kopenhagen laufen, ohne um sein Leben zu fürchten. Neonazi-Gruppen gewännen Parlamentssitze in Ungarn und Griechenland, und der Iran drohe regelmäßig mit der Auslöschung Israels.

An dem Gedenken nahmen auch zahlreiche KZ-Überlebende teil. Lauer richtete sich mit folgenden Worten an sie: "Wenn Sie diesen Ort heute ein letztes Mal verlassen, bedenken Sie: Es gibt eine jüngere Generation von Juden, die sich verpflichtet hat sicherzustellen, dass das jüdische Volk nie mehr Opfer eines solchen Bösen wird."

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