Boko Haram in Nigeria:Körper als Schlachtfelder

Frauen und Mädchen, die aus der Gewalt von Boko Haram befreit wurden. (Foto: dpa)

Etwa 700 Frauen und Mädchen sind aus den Fängen der Terrormiliz Boko Haram befreit worden. Doch der Triumph der nigerianischen Armee trügt. Viele sind schwanger. In den Seelen und Körpern der Opfer wütet der Krieg weiter.

Kommentar von Tobias Zick

Frei sind sie nun, doch vom Glück der Freiheit zu schwärmen, danach dürfte ihnen kaum zumute sein; in ihrer Psyche bleiben sie Gefangene dessen, was sie durchgemacht haben. Die Frauen und Mädchen, die jetzt der nigerianischen Terrormiliz Boko Haram entkommen sind, haben die Hölle gesehen.

Etwa 700 sollen es sein, die das Militär aus den Fängen der Islamisten gerettet haben will, und was sie berichten, zeugt von unsäglichem Leid. Sie haben zugesehen, wie die Terroristen ihre Männer und Söhne hinrichteten, wie Leidensgenossinnen gesteinigt wurden. Sie sind als Sklavinnen verkauft, zwangsverheiratet und vergewaltigt worden, viele sind jetzt schwanger von ihren Peinigern. Ihre Körper wurden zu Schlachtfeldern gemacht.

Nigeria
:Mehr als 200 befreite Boko-Haram-Geiseln sind schwanger

Die nigerianische Armee hat seit vergangener Woche Hunderte Frauen und Mädchen aus der Gewalt der Terroristengruppe Boko Haram befreit. Viele von ihnen waren zwangsverheiratet worden, sehr viele von ihnen sind schwanger.

Sexuelle Gewalt als Waffe ist bis heute eines der perfidesten Mittel der Kriegsführung; man kennt es aus Bosnien, Ruanda, Sierra Leone, dem Ostkongo, Syrien - und nun aus Nigeria. Nach Schätzungen sollen sich noch mindestens 1300 weitere Frauen und Mädchen in der Gewalt von Boko Haram befinden, und was sie in diesem Moment durchmachen, davon geben die Berichte der Befreiten eine Ahnung.

Die Gefahr ist groß, dass die nigerianische Regierung in ihrem Triumph über die militärischen Teilerfolge gegen die Terrormiliz das vernachlässigt, was die befreiten Geiseln dringend brauchen: dauerhaften Beistand. Denn in ihren Seelen und Körpern wütet der Krieg weiter.

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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