Kanzlerin Merkel in der BND-Affäre:Schweigen und strahlen

Kanzlerin Angela Merkel

Bislang hat Bundeskanzlerin Angela Merkel noch jeden ihrer Vizes überstrahlt.

(Foto: REUTERS)

Angela Merkel hatte als Kanzlerin bislang fünf Stellvertreter. Jeder hat sich irgendwann von ihr entfremdet. Bei Gabriel aber kann es der Kanzlerin einmal nicht egal sein - die BND-Affäre ist direkt im Kanzleramt eingeschlagen.

Kommentar von Nico Fried

Es war nicht unbedingt zu erwarten, dass der Regierungssprecher einige fast beschwörende Bemerkungen über das Bündnis machen würde. Doch dann hob Steffen Seibert nach der Kabinettssitzung doch hervor, dass es sich um eine Gemeinschaft handele, in der im Falle eines Angriffs von außen jeder für den anderen einstehe. Freilich sprach er nicht über die schwarz-rote Koalition, sondern über die Nato, der Deutschland auf den Tag genau vor 60 Jahren beigetreten ist.

Die Koalition erscheint derzeit eher bedingt abwehrbereit. Sigmar Gabriel hat mit seiner Klarstellung, wer die Verantwortung für den Bundesnachrichtendienst trägt, die Stimmung erhitzt. Wie es so seine Art ist, legte der SPD-Chef die Regeln für den ordentlichen Umgang in einer Koalition recht frei aus. Und wie es Angela Merkels Art ist, schweigt sie nun öffentlich über Gabriels Verhalten hinweg, getreu der Erfahrung, dass ihr Licht in umso hellerem Glanz erstrahlt, je höher sie über jeglichen Streitereien zu stehen scheint.

Jeder ihrer Stellvertreter hat sich von Angela Merkel entfremdet

Das Verhältnis der Kanzlerin zu ihren Stellvertretern ist der entscheidende Nukleus in allen drei Koalitionen gewesen, die Merkel bislang geführt hat, zumal, wenn die Vizekanzler auch Parteivorsitzende waren. Und mit jedem Vizekanzler setzte früher oder später eine Entfremdung ein. Franz Müntefering fühlte sich von Merkel hintergegangen, weil sie in der Union Bestrebungen keinen Riegel vorschob, rot-grüne Reformen zurückzudrehen.

Mit Frank-Walter Steinmeier gab es in der Außenpolitik sowieso dauernd Differenzen, vorneweg in der Russland-Politik. An Guido Westerwelle irritierte Merkel alsbald, dass ein politisches Talent wie er nie in ganzer Länge den Schritt vom Oppositions- zum Regierungspolitiker schaffte. Und das Verhältnis zu Philipp Rösler war nicht erschüttert, weil er Joachim Gauck als Bundespräsidenten gegen Merkel durchsetzte, sondern erst als er diesen Triumph zu genüsslich auskostete.

SPD-Chef Gabriel könnte es leicht auch selbst erwischen

Diese Konflikte hatten eines gemeinsam: Sie waren nicht dazu angetan, Merkels Kanzlerschaft zu gefährden, geschweige denn ihre Popularität. Darin liegt aber auch ein bedeutender Unterschied zur BND-Affäre, die nicht irgendwo im weiten Feld der Innenpolitik eingeschlagen hat, sondern direkt im Kanzleramt. Sie lenkt den Blick außerdem darauf, dass der Umgang mit den Aktivitäten der NSA und das Bemühen um mehr Kooperation und Transparenz der US-Regierung gegenüber Deutschland gewiss nicht zu den Erfolgsgeschichten dieser Kanzlerin gehört.

Wer SPD-Chef Gabriel nun vorhält, er habe Merkel eine Falle gestellt, übersieht im Übrigen, dass es auch ihn selbst erwischen kann. Die Kanzlerin hätte natürlich ein Problem, wenn herauskäme, dass die Wirtschaftsspionage doch größere Ausmaße hatte als bisher bekannt. Wenn es aber nicht so kommt, ist ihre Glaubwürdigkeit sogar gestärkt. So gesehen hat Gabriel seiner Kanzlerin sogar einen Gefallen getan. Oder glaubt tatsächlich irgendjemand, Angela Merkel hätte nicht die Wahrheit gesagt?

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