Matthias Platzeck:Ein Mann, den alle mögen

Bahn schlägt Platzeck als Vermittler in GDL-Tarifstreit vor

Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), hier auf einem Bild aus dem Jahr 2009 im Mosolf Fahrzeuglogistikzentrum Etzin (Havelland).

(Foto: dpa)
  • Matthias Platzeck könnte Schlichter in der Auseinandersetzung zwischen GDL und Bahn werden.
  • Platzeck ist kein ausgewiesener Verkehrsexperte. Er hat aber viel Erfahrung darin, Kontrahenten zusammenzubringen.

Von Susanne Höll

In früheren Jahren war Matthias Platzeck nicht sonderlich oft mit der Bahn unterwegs. Ministerpräsidenten, insbesondere die von Flächenländern wie Brandenburg, fahren meistens Auto, mit dem Zug geht's auf dem Land zu langsam voran. Aber nun ist Platzeck nicht mehr Ministerpräsident und soll - jedenfalls wenn es nach der Deutschen Bahn geht - als Vermittler versuchen, den leidigen Tarifkonflikt mit der Gewerkschaft der Lokführer beizulegen.

Dazu muss man nicht unbedingt ein ausgewiesener Verkehrsexperte sein. Als solchen würde sich der inzwischen 61-Jährige selbst sicher nicht bezeichnen. Nicht nur, aber auch wegen des Debakels um den Flughafen Berlin-Brandenburg. Der Sozialdemokrat saß dort Jahre im Aufsichtsrat, war 2013 sogar sechs Monate Chef des Gremiums. Dann erlitt er einen Schlaganfall, legte alle Ämter nieder und ist nun Polit-Pensionär mit ehrenamtlichen Nebenjobs.

Moderatoren müssen dafür sorgen, dass die zerstrittenen, manchmal nahezu verfeindeten Kontrahenten mit ihren jeweiligen Interessen, Eigenheiten und Eitelkeiten wieder ins Gespräch kommen. Vertrauensbildende Maßnahmen nennt man das im Diplomaten-Jargon. Darauf versteht sich Platzeck prächtig.

Der Arztsohn aus Potsdam war und ist außerordentlich beliebt. Nicht nur in seiner Heimat, sondern auch in der Bundes-SPD, in der man verdiente Spitzengenossen oft erst nach deren Tod wertschätzt. Auch Konservative mögen ihn, Kanzlerin Angela Merkel etwa. Platzeck hat die Gabe, unterschiedlichsten Menschen das Gefühl zu vermitteln, dass sie mit und bei ihm gut aufgehoben sind. Ansonsten wäre er wohl nicht Ministerpräsident erst einer rot-schwarzen und dann rot-roten Landesregierung gewesen.

Als sich die Bundes-SPD 2012 in der Kanzlerkandidatenfrage ziemlich verheddert hatte, beratschlagten die drei maßgeblichen Herren - Parteichef Sigmar Gabriel, der heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück - gern mit Platzeck. Weil der eine ziemlich ehrliche Haut ist und diskret obendrein.

Seiner Popularität hat er es zu verdanken, dass man ihm gelegentliche Patzer und politischen Unfug schnell verzeiht. So wie die zumindest missverständliche Formulierung zur Zukunft der Ukraine Ende 2014. Damals hatte er gefordert, die Annexion der Krim durch Russland nachträglich völkerrechtlich zu legalisieren, was als Parteinahme für Moskau interpretiert worden war. Oder der seltsame Vergleich, mit dem er 2009 Skepsis gegen eine Koalition mit der stasiverstrickten Linkspartei entkräften wollte. Es gehe um Versöhnung, so wie sie der damalige SPD-Chef Kurt Schumacher nach 1945 mit Ex-Mitgliedern der Waffen-SS gesucht habe, argumentierte Platzeck seinerzeit.

Versöhnung täte auch der Bahn wohl, Millionen gequälte Fahrgäste würden Platzeck einen Einsatz danken. Vorausgesetzt natürlich, dass man ihn überhaupt vermitteln lässt.

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