Audi Q7 im Fahrbericht:Der Koloss will sozialverträglich werden

Der Audi Q7 im Test

Der Audi Q7 ist wesentlich leichter geworden. Trotzdem wiegt nur die Basisversion unter zwei Tonnen.

(Foto: MARCUS WERNER; Audi)

Der Audi Q7 ist noch immer groß, aber deutlich leichter als zuvor. Das bringt viele Vorteile. Kein SUV ist so handlich, komfortabel und vollgestopft mit Technik. Doch das treibt den Preis in absurde Höhen.

Von Thomas Harloff

Seit fast zehn Jahren ist der Audi Q7 auf dem Markt. Und seitdem steht er exemplarisch für vieles, was falsch läuft im modernen Autobau. Er ist einer dieser Geländewagen, die so gut wie nie abseits befestigter Straßen bewegt werden und immer beliebter werden. Der stattdessen mit seiner schieren Größe von 5,09 Metern und fast zwei Metern Breite Innenstädte verstopft. Und mit Motoren ausgerüstet ist, die bis zu zwölf Zylinder und sechs Liter Hubraum haben. Die deshalb viel Sprit verbrauchen, weil sie ein nicht gerade windschnittiges und bis zu 2,7 Tonnen schweres Auto bewegen müssen. Beliebt war der Q7 deshalb vor allem bei denen, die ihn selbst fuhren. Viele andere hätten gut auf ihn verzichten können.

Audi ging es deshalb beim im Juni anstehenden Modellwechsel vor allem darum, sein großes SUV sozialverträglicher zu machen. Mit dem klaren Auftrag an das Designteam, die Karosserie des neuen Q7 so zu proportionieren, dass er kompakter wirkt als sein Vorgänger.

Auf Fotos sieht der in Bratislava gebaute Audi tatsächlich schlanker aus als zuvor. Erst wer ihn in natura erblickt, merkt, dass er kaum kleiner geworden ist. Mit 5,05 Meter Länge, 1,97 Meter Breite und 1,74 Meter Höhe überragt er selbst die Geschwistermodelle VW Touareg und Porsche Cayenne. Dafür ist er "bis zu 325 Kilogramm leichter geworden", wie die Mitglieder der Audi-Mannschaft bei der Präsentation in der Schweiz immer wieder betonen. Doch angesichts der stattlichen Dimensionen hat die Diät Grenzen. Nur die Basisversion mit fünf Sitzen und Grundausstattung wiegt weniger als zwei Tonnen - wenn kein Fahrer an Bord ist.

Sechs Zylinder, drei Liter Hubraum

Audis Bemühen, den Q7 nicht als automobilen Klimakiller erscheinen zu lassen, drückt sich auch in der Motorenpalette aus. Mehr als sechs Zylinder und drei Liter Hubraum gibt es vorerst nicht. Der 3.0-TDI-Motor leistet 272 PS, der gleichgroße Turbobenziner kommt auf 333 PS. Mit maximalen Drehmomenten von 440 (Benziner) und 600 Newtonmeter (Diesel) ziehen beide Motoren den Q7 souverän nach vorne. Der Benziner schafft den Null-auf-Hundert-Sprint in 6,1 Sekunden und fährt maximal 250 km/h schnell, der Diesel ist mit 6,3 Sekunden und 234 km/h kaum langsamer.

Welchen Motor man wählt, entscheidet der eigene Geschmack oder Geldbeutel. Der Ottomotor dreht ambitionierter, der Diesel bietet dafür mehr Durchzugsstärke im unteren und mittleren Drehzahlbereich und ist potenziell zwei Liter sparsamer (5,7 statt 7,7 Liter Normverbrauch). Stichwort sparsamer: Im Laufe des Jahres reicht Audi eine zweite Variante des 3.0-TDI-Triebwerks mit 218 PS nach. Der Hersteller verspricht bei dieser Modellversion einen Durchschnittsverbrauch von 5,5 Liter - ein Wert, der selbst bei vorbildlicher Fahrweise durch die streng tempolimitierte und -überwachte Schweiz nicht zu erreichen war. Wer sich zügelt, erreicht eine "6" vor dem Komma. Dafür fühlt sich der nominell schwächere Diesel kaum so an. Auch er ist ein standesgemäßer Antrieb für den Q7, befähigt das SUV zu spritzigen Überholmanövern und flotten Autobahnfahrten.

Handlich und komfortabel

Bis hierhin liefert der neue Q7 Erwartbares. Positive Überraschungen gelingen ihm in zwei Bereichen: bei der Handlichkeit und beim Fahrkomfort. Ersteres macht sich auf den engen Serpentinen im schweizerischen Wallis bemerkbar, deren enge Kehren der Fünf-Meter-und-zwei-Tonnen-Koloss ohne große Ausholbewegungen meistert. Mitverantwortlich dafür ist neben der leichtgängigen und exakten Lenkung die in kleinen Winkeln mitlenkende Hinterachse, die 1150 Euro Aufpreis kostet und das Heck vehement in die Kurven drückt. Letzteres zeigt sich vor allem mit der Luftfederung für 2050 Euro - auf Schlaglöchern ebenso wie bei Querfugen oder anderen Gemeinheiten, die eine Straße manchmal zu bieten hat. Das Fahrwerk dämpft alles weg und verschont die Insassen mit Unannehmlichkeiten. Ist der Asphalt eben, verwöhnt der Q7 mit der Ruhe von sehr sanft abrollenden Reifen und kaum vernehmbaren Motor- oder Windgeräuschen.

Erstaunlich ist, dass sich der große Audi sein Komfortniveau nicht durch ein schwammiges Fahrverhalten erkauft. Unabhängig von der gewählten Abstimmung bleibt der Q7 immer stabil, wankt weder in schnellen noch in engen Kurven und liegt unerschütterlich auf der Straße. Will man dem SUV etwas vorwerfen, dann die geringe Spreizung der Fahrmodi. Unterschiede zwischen der Effizienz-, Komfort- und Dynamikeinstellung zeigen sich hauptsächlich beim Drehzahlniveau und dem Ansprechverhalten auf Gaspedalbefehle. Differenzen im Fahrwerk oder in der Lenkung sind kaum spürbar.

Ausblick auf das autonome Fahren

Wichtiger als dem Q7 unterschiedliche Charaktere anzutrainieren, war den Audi-Ingenieuren, ihr Können auf dem Gebiet der elektronischen Fahrassistenten zu zeigen. Serienmäßig ist aber nur das Nötigste an Bord. Wer bereit ist, teils empfindliche Aufpreise zu bezahlen, erhält eine Art Rundumüberwachung, die nicht einmal dann endet, wenn das SUV geparkt ist - was sowohl vor- und rückwärts als auch parallel zur Fahrbahn mit automatischen Lenkbewegungen funktioniert. Will einer der Insassen aussteigen, wenn sich von hinten ein Fahrzeug nähert, blinken an den Türinnenseiten rote Lichter. Außerdem kann der Q7 selbständig Notbremsungen einleiten, wenn beim Ausparken jemand den Weg kreuzt, vor ihm plötzlich ein Hindernis auftaucht oder der Fahrer links abbiegen möchte, obwohl sich Gegenverkehr nähert.

Audi Q7 im Fahrbericht: Beim Q7 gibt es elektrische Unterstützung, so weit das Auge reicht.

Beim Q7 gibt es elektrische Unterstützung, so weit das Auge reicht.

(Foto: Graeme Fordham; Audi)

Einen Ausblick auf das autonome Fahren bietet ein System, das sperrig "prädiktiver Effizienzassistent" heißt. Ist der Abstandsregeltempomat aktiviert, nutzt die Technologie die in den Navigationsdaten hinterlegten Informationen, um möglichst sparsam ans Ziel zu kommen. Liegen eine enge Kurve voraus oder ein tempolimitierter Abschnitt, verzögert das Auto selbstständig, um später auf gerader Strecke oder schnelleren Abschnitten von alleine wieder auf das erlaubte Tempo zu beschleunigen. Ist gleichzeitig der Spurhalteassistent in Betrieb, übernimmt der Q7 die Lenkarbeit, sofern die Strecke nicht zu viele und zu enge Kurven bereithält. Allerdings fordert es den Fahrer nach weniger als einer Minute lautstark dazu auf, das Steuer wieder selbst zu übernehmen. Und völlig fehlerfrei arbeitet das System noch nicht. Aber der Q7 zeigt, dass der Weg zum Autopiloten für übersichtliche Schnellstraßen nicht mehr weit ist.

Es droht der Informationsoverkill

Der neue Audi Q7 ist ein Auto, das auch im Innenraum zeigt, was technisch heute machbar ist. Es gibt auf Wunsch elektrische Unterstützung bei so ziemlich allem, volldigitale Instrumente samt Head-up-Display, weitreichende Konnektivitätslösungen für die Einbindung sowohl von Apple- als auch Android-Geräten oder Soundsysteme mit 3D-Klang. Die Vielzahl der Systeme sorgt jedoch für einen ein Informationsoverkill auf den ersten Kilometern der Fahrt. Wer alles sicher nutzen möchte, sollte sich die korrekte Bedienung eingehend erklären lassen oder viel Zeit für das Studium des Handbuchs einplanen.

Serienmäßig ist jedoch kaum eine der Technologien. Die Preisliste des Q7 ist ein 48 Seiten starkes Booklet, die Aufzählung der Ausstattungsoptionen umfasst allein 34 Seiten. Es ist ein Leichtes, den Grundpreis von 60 900 (272-PS-Diesel) beziehungsweise 62 900 Euro (333-PS-Benziner) an die 100 000-Euro-Grenze zu treiben. Ob das noch sozialverträglich ist?

Die Reisekosten zur Präsentation des Audi Q7 in Verbier wurden teilweise vom Hersteller übernommen.

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