Syrien:Armee schlägt IS-Kämpfer bei Palmyra zurück

Syrien: Kämpfe um die Antikenstadt Palmyra: Die Oasenstadt ist berühmt wegen ihrer zahlreichen Ruinen aus antiker Zeit. Sie wurden 2013 von der Unesco auf die Liste bedrohter Weltkulturstätten gesetzt

Kämpfe um die Antikenstadt Palmyra: Die Oasenstadt ist berühmt wegen ihrer zahlreichen Ruinen aus antiker Zeit. Sie wurden 2013 von der Unesco auf die Liste bedrohter Weltkulturstätten gesetzt

(Foto: AFP)
  • Kämpfe nahe der antiken Oasenstadt Palmyra.
  • Die Oase in der zentralsyrischen Wüste zählt seit 1980 zum Weltkulturerbe.
  • Syrische Armee schlägt IS-Kämpfer nahe den Ausgrabungen zurück.
  • Unterdessen wurden sechs wegen Anschlägen verurteilte Islamisten in Ägypten gehenkt.

Eins der Highlights früherer Besuche Syriens war Palmyra: Baal-Tempel, Triumphbogen, von Kolonnaden gesäumte Straßen und weitere imposante Bauten griechisch-römischer und persischer Baukunst machten die ehemalige Handelsmetropole der legendären Königin Zenobia vor dem syrischen Bürgerkrieg zum beliebten Touristenziel. Dieser kulturelle Brennpunkt für den gesamten Orient ist auch nach Einschätzung von Archäologen und Kulturwissenschaftlern wahrlich etwas ganz Besonderes.

Die Ruinen der Oase gehören seit 1980 offiziell zum Unesco-Weltkulturerbe. Laut der UN-Kulturorganisation ist sie eine Stätte von "überragendem universellem Wert" und eine der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten.

Jetzt wird sie von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bedroht. Laut Berichten der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden am Sonntag bei schweren Gefechten Dutzende Kämpfer getötet. Bei den Kämpfen starben mindestens 47 Regierungssoldaten und 29 IS-Milizionäre, wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. Zuletzt waren die IS-Verbände am Samstag in den Norden der modernen Stadt vorgedrungen, wo ihnen die Regimetruppen Widerstand leisteten.

Laut der Beobachtungsstelle, deren Erkenntnisse aus einem Informantennetzwerk vor Ort stammen und unabhängig kaum überprüfbar sind, hatten IS-Kämpfer am Samstag das nördliche Stadtgebiet von Palmyra in der Provinz Homs unter ihre Kontrolle gebracht. Provinzgouverneur Tala Barasi sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Behörden befürchteten eine Massenflucht aus der Stadt und seien bemüht, die Zivilbevölkerung zu schützen und zu versorgen.

Nach Angaben der syrischen Opposition sind die IS-Kämpfer inzwischen wieder aus den nördlichen Bezirken der historischen Stadt abgezogen, die sie erst am Vortag eingenommen hatten. Der Provinzgouverneur sprach am Sonntag von einer "gescheiterten" Offensive des IS. Bei den Kämpfen seien "mehr als 130 Dschihadisten" getötet worden.

Das heiße nicht, dass wir jetzt "jetzt sorglos sein könnten"

Allerdings halten sie weiter eine Ortschaft nördlich von Palmyra. Nach Angaben der Regierung in Damaskus kontrolliert die Armee wieder das gesamte Stadtgebiet. Die Ruinen im Südwesten der Stadt seien unbeschädigt, sagte der für die antiken Stätten zuständige Regierungsvertreter Maarmun Abdulkarin. Er sprach von "guten Nachrichten", allerdings heiße aber das "nicht, dass wir jetzt sorglos sein könnten".

Durch ihre Lage an einer der wichtigsten Handelsrouten zwischen dem Römischen Reich, Persien, Indien und China gewann Palmyra in den ersten Jahrhunderten nach Christus stetig an Bedeutung. Nach ihrer Blütezeit wurde die Stadt im Jahr 272 von den Römern zerstört. Die archäologischen Überreste waren bereits 2012 und 2013 bei Kämpfen beschädigt worden. 2013 wurden Palmyra von der Unesco auf die Liste bedrohter Weltkulturstätten gesetzt.

Heute leben vor allem sunnitische Muslime in einer gleichnamigen, neben den Ruinen gelegenen Stadt. Am Mittwoch hatte der IS seine Offensive auf Palmyra begonnen, in deren Verlauf laut der Beobachtungsstelle auch mindestens 49 Zivilisten, darunter mehrere Kinder, hingerichtet wurden.

Im Nordirak hatten IS-Anhänger im Frühjahr schon einmalige Kulturstätten zerstört, darunter die Ruinen der Jahrtausende alte Stadt Nimrud, Hatra und die Grabungsstätte Ninive. Im Museum von Mossul zertrümmerten sie wertvolle Statuen aus assyrischer Zeit.

Zuvor hatten die USA bei einer seltenen Kommandoaktion auf syrischem Boden den Ölmann der IS erschossen. Bislang bekämpfen die USA die Extremisten gemeinsam mit arabischen Verbündeten vor allem aus der Luft. US-Verteidigungsminister Ashton Carter sprach nach dem Einsatz von einem "bedeutenden Schlag" gegen den IS.

Sechs wegen Anschlägen verurteilte IS-Leute in Ägypten gehenkt

Unterdessen haben die ägyptischen Justizbehörden am Sonntag sechs verurteilte Islamisten hingerichtet. Die von einem Militärgericht wegen Anschlägen auf Soldaten zum Tode verurteilten Männer seien in einem Gefängnis in der Hauptstadt Kairo gehenkt worden, teilte die Polizei mit. Den Ermittlern zufolge gehörten sie der vornehmlich auf der Sinai-Halbinsel aktiven Gruppe Ansar Beit al-Makdis an, die im November der IS die Treue geschworen hatte.

Die sechs Männer waren wegen Anschlägen nach dem Sturz des früheren islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli 2013 zum Tode verurteilt worden. Bei der Festnahme eines Teils der Gruppe waren im März 2014 neben sechs Islamisten auch zwei ägyptische Sicherheitskräfte getötet worden. Im März bestätigte ein Militärgericht die Urteile endgültig. Menschenrechtsorganisationen übten scharfe Kritik daran. Sie verwiesen darauf, dass zwei der Männer zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Taten in Haft gesessen hätten.

Mursi selbst wurde am Samstag zum Tode verurteilt, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. In dem Massenprozess um Gefängnisausbrüche während der Revolte gegen Mursis Vorgänger Husni Mubarak im Jahr 2011 wurde zudem gegen mehr als hundert weitere Angeklagte die Todesstrafe verhängt. Nach Mursis Absetzung kam der heutige Staatschef Abdel Fattah al-Sisi an die Macht. Seitdem wurden mehr als 1400 Mursi-Anhänger getötet und mehr als 15 000 weitere inhaftiert.

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