Mietwohnungen in München:Wer bestellt, muss bezahlen

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In München ist nahezu jede Wohnung umkämpft. Wer als Vermieter künftig einen Makler beauftragt, muss diesen auch bezahlen. (Foto: imago/Westend61)
  • Am 1. Juni tritt ein Gesetz in Kraft, welches vorschreibt, dass nicht mehr der Mieter die Provision an den Wohnungsvermittler bezahlen muss, sondern der Auftraggeber.
  • Maklerverbände liefen bis zuletzt Sturm gegen das Gesetz. Branchenexperten schätzen, dass dieses Gesetz manchen Maklern die Existenz kosten wird.
  • In München gibt es Maklerfirmen, die alternative Konzepte anbieten, um zwischen Mieter und Vermieter zu vermitteln.

Von Katja Riedel, München

Für Rudolf Dahn ist die Sache mit dem "Bestellerprinzip" auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wer einen Makler ins Spiel bringe, der solle ihn auch bezahlen, und das sei eben meist der Vermieter, sagt er. Dahn ist nicht etwa Mieterschützer. Wohnungen und Häuser zu vermieten und zu verkaufen, ist vielmehr sein Geschäft: das von Gerschlauer Immobilien, einer der größeren Maklerfirmen in München. Und dort bemüht man sich erkennbar, diesen Montag und seine Folgen mit Gelassenheit zu sehen.

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Nicht jeder sieht jenes Gesetzespaket, das nach langen Diskussionen nun zum 1. Juni in Kraft tritt, ebenso entspannt. Es sieht nämlich mit der Mietpreisbremse nicht nur Höchstgrenzen für Mieten in Ballungsräumen wie München vor, sondern auch eine fundamentale Änderung: Nicht mehr der Mieter muss die Provision an den Wohnungsvermittler bezahlen, sondern der Auftraggeber. Bis zuletzt sind Maklerverbände wie der IVD Deutschland gegen das Gesetz Sturm gelaufen. Sie sehen darin massive Eingriffe in die Vertragsfreiheit. Zwei Makler und ein Mieter haben deshalb auch vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde erhoben. Doch ein Antrag, das Gesetz auszusetzen, bis über die Klage entschieden ist, lehnte das Gericht vor wenigen Tagen ab: Es sei den Klägern nicht gelungen, einen "hinreichend schweren Nachteil" darzulegen, hieß es.

Das neue Gesetz könnte manchen Makler die Existenz kosten

Branchenexperten erwarten, dass es sehr wohl Makler geben wird, die das neue Gesetz und dessen Folgen die Existenz kosten wird. Makler Dahn schätzt, dass die Vermieter jetzt erst mal versuchen werden, auf eigene Faust zu vermieten, um Kosten zu vermeiden. Gerade Einzelunternehmern und kleinen Firmen, die sich vor allem auf Vermietungen, weniger auf Verkäufe spezialisiert haben, drohen hohe Umsatzeinbrüche. Dahn rechnet zwar auch damit, dass viele Vermieter zurückkehren werden, weil das Vermieten aufwendiger sei, als mancher glaubt. Das könne aber ein, zwei Jahre dauern - "ein Kleiner ist dann vielleicht schon weg", sagt Dahn.

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Große Maklerfirmen machen ihr Geld vor allem mit Verkäufen, und die sind nicht betroffen. So auch Aigner Immobilien. Dort sind es gerade einmal fünf Prozent des Umsatzes, die aus dem Vermietungsgeschäft stammen, 250 Wohnungen im Jahr vermietet das Unternehmen. "Damit sind wir wahrscheinlich dennoch einer der Größten in München", glaubt Geschäftsführer Thomas Aigner. Er geht von Montag an in die Offensive und nutzt die Gesetzesänderung, um sein Geschäftskonzept zu überdenken: mit einem Stufenmodell.

Wer die Wohnung selbst übergibt, zahlt nichts

Aigner hat eine Matchingseite im Internet geschaltet, unter mietwohnungsboerse.de können Vermieter und Wohnungssuchende kostenlos zusammenfinden. Jeder Vermieter kann dann so viel Dienstleistung dazu buchen, wie er möchte. Es gibt fünf Pakete, sie kosten zwischen einer halben und zwei Monatsmieten. Und wer ganz ohne weitere Hilfe des Unternehmens selbst den Vertrag abschließen und die Wohnung übergeben will, muss gar nichts zahlen. Aigner will so seine Stammkunden halten, neue hinzu gewinnen - und setzt darauf, dass die Vermieter die Arbeit, die eine Vermietung macht, nach eigenen Versuchen doch wieder zu schätzen wissen.

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Ab dem 1. Juni gilt in Deutschland das Bestellerprinzip: Eine mögliche Maklergebühr zahlt nicht mehr der Mieter, sondern der Auftraggeber. Gefährdet diese Änderung Makler-Existenzen oder schafft sie ein Stück Gerechtigkeit?

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Drei bis vier Wochen sei man mit einer einzigen Vermietung immer wieder beschäftigt: mit der ersten Besichtigung, mit Fotos, der Annonce, Hunderten Anrufen von Interessenten, Besichtigungen, Bonitätsprüfungen, bis hin zu Vertrag und Schlüsselübergabe. Sein neues Konzept wird Aigner zunächst in München testen, mit ihm will er der Konkurrenz großer Internetportale wie Immoscout oder Immowelt etwas entgegensetzen. Wenn die Idee funktioniere, wolle er sie auf ganz Deutschland ausdehnen, sagt er.

Kleinere Firmen wollen Zahlungen dennoch auf den Mieter abwälzen

Nicht jeder Münchner Makler begegnet dem 1. Juni allerdings mit derselben Gelassenheit wie Gerschlauer und Aigner. Wer sich auf den Internetseiten kleinerer Münchner Maklerfirmen umsieht, findet auch Beschreibungen, wie Vermieter die Zahlungen dennoch auf den Mieter abwälzen könnten. Zum Beispiel, indem sich ein Interessent selbst als Besteller verpflichten muss, bevor er ein Exposé bekommt.

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Mietervereinsvorsitzende Beatrix Zurek glaubt, dass seriöse Makler sich an die neuen Vorgaben halten werden, die aus ihrer Sicht "längst überfällig" sind. Sie glaubt aber auch, dass gerade auf knappen Märkten wie in München und anderen Großstädten schwarze Schafe versuchen werden, die Kosten trotzdem auf die Mieter abzuwälzen. Zurek geht davon aus, dass sich Menschen, die eine Bleibe brauchen und die finanziellen Möglichkeiten haben, auf solche Deals einlassen werden. Sie könnten anbieten, die Provision selbst zu übernehmen, wenn sie dafür die Wohnung sicher bekommen.

Oder sie könnten sich auf die Nötigung eines Maklers einlassen, der eine Adresse nur gegen Unterschrift herausgeben möchte. "In solchen Fällen könnte mancher dann versuchen, im Nachhinein sein Geld zurückzuklagen", glaubt Zurek. Dies sei dann vor allem ein Problem für diejenigen, die sich die Provision nicht leisten können. "Bei vielen Objekten mit hohen Mietpreisen ist es aber dann ein Kampf der Reichen unter sich", sagt Zurek.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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