Urteil in Karlsruhe:BGH besteht auf Schadensersatz für illegalen Musiktausch

Bundesgerichtshof

Schaden durch Musik-Tauschbörsen erneut auf Prüfstand des BGH.

(Foto: Uli Deck/dpa)
  • Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in drei Fällen entschieden, dass Eltern für den illegalen Musiktausch ihrer Kinder haften müssen.
  • Grundsätzlich müssen Eltern nicht für ihre Kinder haften, wenn sie sie über die Risiken von Tauschbörsen aufgeklärt und die Nutzung verboten haben.

Verhandlung über illegalen Musiktausch im Internet

Eltern haften nicht automatisch, wenn ihre Kinder von dem PC der Familie aus online illegal Musiktitel getauscht haben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Richter bestätigten damit ihre bisherige Rechtsprechung. Im konkreten Fall jedoch wiesen die Richter Revisionen von drei Familien ab, die von Plattenfirmen verklagt worden waren. Sie müssen jetzt Schadenersatz und Abmahnkosten in jeweils vierstelliger Höhe zahlen.

Die Beklagten hatten unter anderem eine strengere Beweislast für die Musikindustrie gefordert und hatten das Verfahren zur Feststellung ihrer jeweiligen IP-Adressen als fehlerhaft bezeichnet. Die Firmen Warner Music, Sony Music, Universal Music und EMI hatten Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing geltend gemacht. Die Beklagten sollen etliche Musiktitel zum Herunterladen verfügbar gemacht haben.

"Eltern haften damit für ihre Kinder bei Urheberrechtsverletzungen über das Internet, wenn sie nicht beweisen können, ihre Kinder hinreichend aufgeklärt zu haben. Eine allgemeine Belehrung genügt nicht, sondern sie muss sich auf die Illegalität von Tauschbörsen beziehen. Zugleich muss den Sprösslingen die Teilnahme an solchen Angeboten ausdrücklich untersagt werden", sagte der Medienanwalt Johannes von Rüden zu dem Urteil.

Beklagte fordern Gutachten

In einem Fall waren von dem Computer einer Frau mehr als 400 Musiktitel zum Herunterladen angeboten worden. Bei der Polizei räumte ihre 14-jährige Tochter die Tat ein und sagte: "Mir war nicht so recht bewusst, dass ich die Audio-Dateien auf diese Art und Weise nicht herunterladen darf." Die Vorinstanz glaubte der Mutter deshalb nicht, dass sie ihr Kind ausreichend belehrt hatte.

In zwei weiteren Fällen behaupteten beklagte Väter, dass Internetprovider die IP-Adresse, die Auskunft über einen Computeranschluss zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt, falsch ermittelt hätten und ein Unbekannter ihren Computeranschluss missbraucht habe. Ihre Anwälte forderten deshalb unter anderem Gutachten zur Genauigkeit solcher Adressermittlungsprogramme als Voraussetzung für Abmahnungen.

So gab ein Vater an, dass er mit der Familie im Mallorca-Urlaub war, als von seinem Computer mehr als 2200 Musikdateien zum Download angeboten wurden. Vor Reiseantritt habe er sogar Rechner und Router vom Strom getrennt. Nach den "detailarmen" und teils widersprüchlichen Angaben der Kinder, "irgendwo in Spanien" gewesen zu sein, hatte das Oberlandesgericht Köln erhebliche Zweifel an der angeblichen Reise mit dem Auto und verurteilte den Vater.

Im dritten Fall steht der Vorinstanz zufolge fest, dass der Rechner des Vaters zum Zeitpunkt der unrechtmäßigen Downloads einschaltet und mit dem Internet verbunden war. Der Beklagte behauptet allerdings, dass seine Ehefrau keine Administratorenrechte zum Aufspielen von Programmen hatte und seinem 17-jährigen Sohn das Passwort für den Computer-Zugang nicht bekannt war.

Zwei BGH-Urteile regeln Haftung von Eltern

Über die Haftung für minderjährige Kinder hatte der BGH bereits 2012 entschieden. Demnach haften Eltern grundsätzlich nicht, wenn Kinder im Internet illegal Musik tauschen. Dies gilt allerdings nur unter Bedingungen: Eltern müssen ihre Kinder zuvor belehrt haben, dass die Teilnahme an sogenannten Tauschbörsen rechtswidrig ist, und sie dürfen keinen konkreten Verdacht haben, dass ihr Kind das Verbot ignoriert.

Die Richter hatten das so begründet, dass Eltern ihren Kindern nicht "grundsätzlich misstrauen" müssen und nicht verpflichtet seien, sie beim Surfen im Internet zu überwachen oder den Rechner regelmäßig zu überprüfen. Seit 2014 gilt dies auch für volljährige Kinder, die noch bei den Eltern leben.

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