Dominique Strauss-Kahn:Unter der Gürtellinie

Dominique Strauss-Kahn: Kein Zuhälter: Dominique Strauss-Kahn, 66, ist nach Auffassung des Gerichts undschuldig.

Kein Zuhälter: Dominique Strauss-Kahn, 66, ist nach Auffassung des Gerichts undschuldig.

(Foto: Gonzalo Fuentes/Reuters)

Dominique Strauss-Kahn wird vom Vorwurf der Zuhälterei freigesprochen. Der Schaden für die anderen Prozessbeteiligten aber ist immens.

Von Leo Klimm, Paris

Es ist Freitagmittag, als Bertrand Lemaire in Lille ein Urteil spricht, auf das ganz Frankreich wartet - obwohl es absehbar ist, was der Richter sagen wird: Dominique Strauss-Kahn ist unschuldig. Der gefallene Star der Sozialisten ist kein Zuhälter, vielmehr habe er, sagt Richter Lemaire in Juristensprache, "nur von den Modalitäten sexueller Dienstleistungen in einer Gruppe profitiert, die andere zur Verfügung stellten".

Der vermeintliche Sexverbrecher Strauss-Kahn kommt also wieder davon. So, wie er davonkam, als er 2011 von einem Zimmermädchen der Vergewaltigung bezichtigt wurde. Das kostete "DSK" zwar den Chefposten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und zerstörte den Traum vom französischen Präsidentenamt, blieb rechtlich aber ohne Folgen. Genau wie andere Vorwürfe sexueller Gewalt, oder wie weit zurückliegende Finanzskandale, in die er einst verwickelt war.

Zwar bedeutet der Freispruch in Lille keine volle Rehabilitation für ihn, ein politisches Comeback gilt in Frankreich weiter als ausgeschlossen. Dennoch tragen andere an dem Prozess Beteiligte - die 13 Mitangeklagten und zwei als Nebenklägerinnen aufgetretene Ex-Prostituierte - aus dem Verfahren wohl einen größeren Schaden davon: Für viele bedeutete die Verwicklung in einen Skandal mit DSK-Beteiligung das Ende der Privatheit, der Ehe oder den beruflichen Absturz. Verurteilungen spricht Richter Lemaire nur wenige aus, alle auf Bewährung.

Ermittler hatten Strauss-Kahn beschuldigt, bis zum Sturz 2011 Kopf einer Zuhälterbande gewesen zu sein, die Orgien mit Prostituierten organisierte. Doch ihm war nicht nachzuweisen, dass er wusste, es mit bezahlten Sexarbeiterinnen zu tun zu haben. Die von zwei Liller Unternehmern arrangierten Orgien seien für ihn, den einst so gestressten IWF-Chef, "Momente der Entspannung" gewesen, gab Strauss-Kahn an und sagte: "Bezahlten Sex verabscheue ich aber."

Für die so verabscheuten Frauen war der öffentliche Prozess sichtlich eine härtere Prüfung als für ihn. Sie hatten sich von Prostitutionsgegnern zur Aussage überreden lassen. Was sie teuer bezahlten: "Mounia", die unter Tränen von "animalischem Analsex" berichtete, muss jetzt mit der Scham vor ihrer aus dem Maghreb stammenden Familie leben. "Jade", deren richtiger Name samt Adresse in der Zeitung stand, sah sich gezwungen, ihre Kinder aus der Schule zu nehmen, um sie an einen geheimen Ort zu bringen. Sie nutzte ihre Auftritte aber auch, um Strauss-Kahn bloßzustellen - etwa mit detaillierten Schilderungen seiner Genitalverletzungen.

Der Zufall will es nun so, dass Frankreichs Nationalversammlung gerade ein Gesetz berät, das Freier bestrafen soll. Die Prostitutionsgegner deuten das als Nebeneffekt des Prozesses. Strauss-Kahn selbst hielt sich am Freitag zurück. Nur diesen einen Satz rang er sich ab: "Was für eine Zerstörung!"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: